Das Leben besteht aus Sachen herumschleppen. Ist doch wahr! Was ich schon in meinem Leben herumgeschleppt habe! Spielzeug, Schultaschen, Frauen, Wurstsemmeln, Bierkisten, Doppler, Drogen, Zigaretten, Einkäufe. So viele Einkäufe! Versuch mal ganz bewusst, eine Woche lang NICHTS herumzuschleppen. Das geht gar nicht! Ständig heißt es: bring mir dieses, kauf mir jenes, komm mal her… man schleppt sich selbst ja auch durch die Landschaft! Sie reden dauernd von Evolution. Aber hier hat sie vollkommen versagt! Zwei dünne, schlauchförmige Arme, ein hilfloser Korpus auf zwei viel zu schwachen Beinen. Was soll das? Wie soll man damit der Schwerkraft trotzen? Wäre da eine Entwicklung Richtung Pegasus nicht sinnvoller gewesen? Ein Lasttier mit Flügeln!
Dann wieder denk‘ ich mir, dass allein sein auch nicht immer der Hammer ist. Drum war ich gestern bei Freunden… hätte es mir sparen können… naja, weiß nicht wieso, aber sie haben dauernd Unfug geredet. Irgendwas von Dalai Lama, Buddha und so spirituelles Zeug. Hab nur das Gesicht verzogen, geraucht und mich intensiv um den Weißwein gekümmert – dazwischen manchmal gegrunzt. Diese Scheinheiligen, mit ihrem Grinsen und ihrem sich alles zurecht reden! Sie haben mich gefragt: „Willst du denn gar nicht wissen, wer oder was du wirklich bist, Matla?“ „Ich bin ein Mensch… mit dem Namen Matla. Mehr bin ich nicht. Mehr war ich nie und werd‘ ich nie sein. Und wenns aus ist, ist es aus. Das ist gut so… das ist einfach… und sehr beruhigend.“ Dann haben sie darüber gesprochen und mir ist es auf die Nerven gegangen. Hab gesagt, ich geh‘ aufs Clo, hab mir leise eine Flasche Rot genommen und dann raus. Bin mit der Flasche ein paar Runden in der U3 gefahren… bis ich mir dachte: Das ist genauso sinnlos wie Reinkarnation.
Ich aas: 1 Dose Sardinen (mit ein paar Extraflocken Chili)
Ich lag bäuchlings am Sofa, schnarchte, der Speichel rann mir aus dem Mund… als die Nachbarin hereinkam. Sie kickte ein paar leere Bierdosen weg und sah mich an… ich merke so etwas… ist so eine Art Radar bei mir. „Hnnnn…“ „Matla!“ „Wnnn?“ Nach einer Weile saß ich, kratzte mir die Eier und das Kinn, zupfte das schütter werdende Haar aus dem Gesicht. Sie redete auf mich ein… irgendwas von Beziehungen. Ich verstand das nicht und legte mich wieder hin. Wie üblich gab sie keine Ruhe. Obwohl sie weiß, dass mich das aufregt. Ich war schon immer misogam. Wozu? Man weiß doch schon lange, dass Ehe und Monogamie für die meisten Menschen einfach nicht funktionieren. Das Konzept, sein Leben lang mit dem gleichen Menschen zusammen zu sein, ist ein Irrtum. Dabei auch noch eine Wirtschaftsgemeinschaft zu gründen… ein fataler Fehler. Ewige Abhängigkeit, Ärger, Düsternis, finstre Morgen, sinnloses Gequatsche, leere Abende, Gewohnheit. Jeder der Partner sehnt sich nach Dingen, die der andere nicht mehr bieten kann. Solange die Vorteile überwiegen… klebriges Dasein. „Warum sind wir dann noch zusammen, Matla?“ „Sind wir das?“ „Es sind Jahrzehnte!“ „Weil du nur ein paar Türen weiter wohnst. Du ziehst ja nicht weg. Wenn’s ein paar Meter mehr wären, würden wir uns schon längst nicht mehr sehen.“ Die Tür knallt. Sie geht. Morgen kommt sie trotzdem wieder. Oder ich zu ihr.
Ja, Johannes. Ich hatte das Rattenloch hinter mir gelassen. Nur Idioten arbeiten! Aber die letzten Monate hat sich etwas geändert. Mein Leben lang habe ich am Monatsende stets die letzten Schillinge und dann Euros für Bier und Tschick ausgegeben. Und das tat ich mit einer sehr befriedigenden Genugtuung – und auch mit einem gewissen Stolz. Aber jetzt ist alles so teuer, dass ich manchmal die letzten Münzen fürs Monat anstarre und nicht weiß, ob ich die nächsten Tage essen, rauchen oder saufen soll. Am ehesten könnte ich noch am Essen einsparen, aber das hat auch Grenzen! Es ist zum Heulen… und so kam es, dass Matla doch wieder im Rattenloch war.
Daher war die Geschichte von gestern eher anders. Als der Herr der Kugelschreiber aufgetaucht ist, bin ich hechelnd um ihn herum scharwenzelt und habe an seinem Arsch gerochen – so wie es Katzen tun – um seine Stimmung zu eruieren und möglichst unterwürfig – so wie es Katzen überhaupt nicht tun – seine Aufmerksamkeit bekommen zu können.
Ich aas: 1 Semmel mit Käseleberkäse und Pfefferoni
Heute war nach langer Zeit wieder der Herr der Kugelschreiber im Rattenloch. Die grindigen „Kollegen“ sind ihm gleich in den Arsch gekrochen, keine Ahnung wozu. Irgendwann hat er mir eine Schachtel hingeknallt: „Bau die zsamm! Bis morgen brauch‘ ich davon 100 Stück.“ „Kann deine Scheißkugelschreiber nicht der Trottel da drüben zusammendrehen?“ Die „Kollegen“ sahen zu uns herüber. „Welchen Trottel meinst du?“ Da hatte er recht. Könnte jeder sein. „Oder eine Maschine? Gibt es keine Roboter, die Kugelschreiber zusammenbauen?“ „Matla, dann hast du keinen Job mehr.“ Anstatt mich in sinnlosen Diskussion zu verzetteln, stellte ich mir vor, wie ich in die Schachtel griff, zwei Kugelschreiberunterteile hervorholte und sie ihm in seine verkackten Glupschaugen steckte. „Matla? Also geht das bis morgen?“ Ich riss mir die Schachtel unter den Arm und verabschiedete mich. „Leck mich.“
Die holde Nachbarin sucht das verbitterte Herz, Keine schwere Queste, doch voll Sehnsucht und Schmerz! Ist sie nahe, vernehm‘ den Husten, der rasselt laut, Ist sie fern, achte auf Spuren, das Trottoir versaut! Eitrig, grün, rot, sind die Auswürfe, der Lunge befreit, Vermengt mit Materialien, das zeigt traurig die Zeit.
Zu mühsam der Rhythmus mit Reim, darauf geschissen!
Jetzo steht sie im sonnigen Park, lachend, trinkend. Bei den anderen Helden! Ach wie haben sie die Lösungen, Die guten, die einfachen, für die ganze, ganze Welt! Gestikulieren tut sie, ja, das kann sie, also würde sie dabei alle Probleme derschlagen, mit ihrer Hand, der kasweißen!
Übel, übel! Ich aas: 1 Semmel mit mancher Ingredienz (und ohne Intelligenz – haha)
Meinen Roman „Mein verschissenes Leben“ werde ich wohl nie fertig bekommen. Es geht ohnehin bloß um eine unzusammenhängende Aneinanderreihung von banalen Lächerlichkeiten und absurden Idiotien, derer ich schon längst überdrüssig bin. Dennoch habe ich heute mal mit meinem zweiten Roman begonnen. Er wird den Titel „Dein verschissenes Leben“ tragen. Allerdings bin ich schon am ersten Satz verzweifelt. Ich konnte mich nicht entscheiden, ob ich über eine französische Muschi, die wie ein Schokocroissant schmeckt oder über einen italienischen Beidl, der wie eine zu lang gekochte Spiralnudel aussieht, schreiben soll. Muss noch darüber nachdenken.
Ins Hirn geschissen haben sie ihnen! Die Bäckerei ist geschlossen! Zu! Ende! Wegen Personalmangel. Ja sind die deppat? Wo krieg‘ ich jetzt meine EKG her? Woher mein warmes Bier? Den Liptauer? Sollen sie doch diese ganzen unnötigen Blogkommentatoren zwangseinweisen! Zwangsverpflichten für Arbeit in den Bäckerein! In den Wurstsemmelfabriken dieser Welt!
Aber ruhig Blut. Noch kann ich selbst denken und bin Herr meiner beiden Sinne! Wenn Not am Manne ist, habe ich mich immer noch selbst aus der Kacke gezogen. An den Haaren ohne Klopapier. Und so auch jetzt. Ich bereite mir einfach dieses kulinarische Highlight zu, das Muttern mir schon als Kind liebevoll zum Abendessen vorgesetzt hat, wenn ich artig war: selbst gemachten Liptauer. Sieht das nicht köstlichst aus?
Man nehme: Topfen, Senf, Salz, Pfeffer, Paprikapulver und werfe alles aufs Brot (Reihenfolge wurscht) . Fertig.
Traf gerade den Nachbarn, als ich in die Bäckerei latschte. Er war schon leicht angeheitert. „Brandinesa?“, frage ich. Er rülpst und: „Jep.“ „Hearst, wegen Ostern. Wollen wir die Tiere tauschen? Du bekommst die Katzen von der Nachbarin, dafür ich dein Zwergkaninchen?“ Er überlegt eine Weile – der Alkohol. „Aber ist sie damit einverstanden?“, fragt er. „Ja“, sag’ ich, „es ist nämlich so: Ich nehm ihr die Entscheidung ab. Ich bin sicher, sie will es ohnehin auch, traut sich aber nicht, es zu sagen.“ „Bist du wirklich, wirklich ganz sicher, Matla? Du kennst sie ja. Sie reißt mir den Arsch bis ins Gnack auf!“ Ich kratze mich am Kopf: „Ja, ziemlich sicher. Ich meine, die Zeiten sind hart, alles wird teurer.“ „Hm“, sagt er nach einer Pause, „ok, aber kann ich mir das Fell behalten? Es ist so flauschig!“ „Klar, Oida! Auch die Knochen kannst du behalten.“
Ich aas meine Henkersmahlzeit, denn sie wird mich umbringen: 1 EKG
Ich hatte einen Traum. Ich stehe auf einem Weg neben einem dürren Baum. Es ist heiß. Der Schweiß brennt in meinen Augen und ich versuche instinktiv, mich besser unter das bisschen Schatten des Baumes zu flüchten. Es funktioniert nicht, ich komme nicht von der Stelle. Da erkenne ich, dass ich einen Karren hinter mir her ziehe… aber noch schlimmer! Meine Hände sind an den Griffen des Karren festgenagelt! Ich stoße ein kurzes, erstauntes Oh aus. „Was ist, Dummkopf?“, höre ich plötzlich eine krächzende Stimme. Ich zucke zusammen… denn ein Zwerg hockt auf meiner rechten Schulter! Zuerst will ich ihn wie ein Insekt von meiner Schulter fegen, aber meine Hände waren ja festgenagelt, dann beginne ich irre tänzelnd mich zu rütteln und zu schütteln. Der Zwerg jauchzt nur entzückt wie ein Rodeoreiter! „Matla, du bist ein Trottel!“, ruft er begeistert. Ich gebe auf und frage keuchend: „Was soll das? Wo bin ich?“ „Wo du bist? Das ist dein Weg. DEIN Weg!“ Ich sehe mir den Weg an und verziehe das Gesicht. Gerade, vollkommen gerade, mit tiefen Spurrinnen! Dann blicke ich nach hinten – was mich etwas Mühe wegen der angenagelten Hände kostet – und sehe denselben Weg. Vollkommen gerade, mit tiefen Spurrinnen. Schwer da rauszukommen. „Siehe“, spricht der Zwerg, „das ist dein Weg. Er war es schon immer. Seit du denken kannst, gehst du ihn. Angenagelt an diesen Karren, mit dem du die Dinge schleppst, von denen du glaubst, dass sie wichtig sind, weil dir das jemand gesagt hast, als du zu denken begannst… und nun, sieh dich um und schau die Sonne!“ Heiß, ich erkenne nichts, nichts Konkretes, die Luft flimmert, undeutliche Leere. Wo ist die Sonne? Aber ich weiß, wenn ich mir Mühe gebe und mich konzentriere, kann ich die Sonne finden. Ich kneife die Augen zusammen und ahne bereits langsam, wo die Sonne steht. Doch da beginnt der Zwerg auf meiner Schulter, unruhig hin und her zu rutschen. „Hör auf“, sagt er bestimmend, „lass es! Die Sonne würde dich ohnehin nur blenden! Willst du erblinden?“ Jetzt lacht der Zwerg böse und fährt fort: „Der sterbende Baum neben dir heißt Augenblick. Geh den Weg weiter. Bleib in der Spur, die andere für dich gemacht haben! Das ist wichtig… und du kommst eines Tages wieder genau über den Weg hinter dir hier her zurück!“ Jetzt hatte ich ihn, diesen Zwerg! „Ha!“, rufe ich. „Die Zeit ist ein Kreis, jaja, ich weiß. Aber zu Friedrich hast du gesagt, dass alles Gerade lügt und die Wahrheit krumm ist. Warum also ist der Weg gerade?“ Da beißt mir der Zwerg ins Ohr! „Friedrich ist tot und Gott lebt, du Idiot!“, kreischt der Zwerg, springt mir von der Schulter und beginnt, sich in die staubige Erde zu graben. „Warte“, rufe ich ihm hinterher, „wie heißt du?“ „Ich heiße Beleidigte Leberwurst!“ Und weg war er, der Zwerg. Verschwunden in einer Wolke aus Dreck. Dann ging alles schnell. Ich riss mir die Hände vom Schubkarren, eine blutige Angelegenheit, Haut und Fleischfetzen blieben an den Nägeln hängen… aber ich war frei! Vor Schmerz taumelnd lief ich quer feldein, weg von diesem langweiligen, sinnlosen Weg, auf dem sich nichts niemals änderte und alles immer zum selben führte! Dann war ich ein Löwe und fraß mich selbst auf, bis ich zu einem Baby wurde und neue Hoffnung keimte.
Ich aas bei der Nachbarin: Reste, die wie eine Art Chili aussehen