Künstler unserer Zeit II

Ich war auf einer künsterischen Veranstaltung. Das Thema war irgendwie ‚Religion in unserer Zeit‘ oder sowas. S a g e n h a f t sag ich dir!
Es fand in einem großen, weißen Raum statt, halliger Sound, wie in einer Kirche. Eine Frau und ein Mann als Soldaten verkleidet brachten den gefesselten Jesus herein, er sah schlecht aus, dreckig, geschunden, hatte nur einen Fetzen um die Hüfte gewickelt. Sie schleppten ihn zu einem riesigen Kreuz an der Frontwand und banden ihn daran fest. Als Jesus gekreuzigt war, begann er:
„Amen, ich sage euch…“ Lärm! Szenen aus einem Krieg wurden plötzlich über Jesus und sein Kreuz projiziert, die Schüsse, Kampfgeschrei, war ohrenbetäubend! Jesus sprach weiter, doch man konnte nichts verstehen. Das als Soldaten verkleidete Paar bespritzte sich im Vordergrund mit Blut.
Dann: der Krieg war vorbei und wurde durch Werbung ersetzt. Die Lautsprecher übersteuerten beinahe. Die Soldaten spazierten wie Laufstegmodels auf und ab, so dämlich wie das eben aussieht.
Und schließlich kam das Finale: ein Porno! Auf dem Gesicht von Jesus zuckte eine feuchte Muschi hin und her und er sprach darauf ein. Das Soldatenpaar begann, vor dem gekreuzigten Jesus herumzuknutschen, zogen sich fast zur Gänze aus und verrieben sich gegenseitig die roten Farbe auf ihren Körpern. Das idiotische Gestöhne des Pornofilmes verursachte ein leichtes unangenehmes Pochen in meinen Schläfen.
Na jedenfalls, ich weiß nicht, ob es dazugehörte, aber Jesus wurde plötzlich nervös. Obwohl er bis jetzt die ganze Zeit nach oben gestarrt hatte, begann er nun auf die geilen, sich in einer Blutlache windenden Soldaten zu schielen. Jesus bekam einen Mordsständer, der Fetzen, den er umgebunden hatte, hing nur noch wie auf einem Handtuchhalter an seinem Schwanz. Als die Soldatenfrau das bemerkte, schoss sie nach hinten und drehte Filmprojektor und Licht ab. Absolute Stille im Raum! Jesus wurde im schwachen Schein der Kerzen demontiert und weggeführt. Es war wohl nur mein leises, unterdrücktes Lachen zu hören.

Sehr belustigt aas ich:
1 Riesenpaprika in einem Weckerl

Künstler unserer Zeit

Die geradzu extatische Verehrung, die man mir entgegenbringt, die sakrale Verzückung, der religiöse Wahnsinn, der um meine durchaus heilige Person aufgebaut wird, geht weiter.
Nachdem man meine Wandlung vom Bringer der Extrawurstsemmel zum  astralen Gott des Krapfens erkannt hat, tauchen bereits erste Ikonen auf. Meister Gimp, der erste meiner Jünger, der iBaptist, ist der angesagteste bildende Künstler unserer Zeit: Matla, der Krapfenheilige. Sehr treffend, Alter! Ein Platz an meiner Seite ist dir gewiss. Wenn du eingehst, auf Erden, wirst du danach in mein Krapfenreich einfahren. Auch du sollst verzehret werden.

Ich aas – aber schon am Freitag – meine heilige Kür:
1 Käsestangerl
1 Krapfen

Kra-kra-kra

Wenn man die richtigen Leute kennt auf  dieser Welt, kann man diese Welt bewegen.
Seit Montag gab es keine Krapfen mehr in meiner Ankerfiliale neben der Anstalt. „San aus“ oder „Na, gibts net“ hieß es. Das bedeutet Apokalypse für mich. Ich rief eine alte Freundin an, von der ich wußte, dass sie Einfluss hatte. Ich heulte ihr was am Telefon vor und bat um dringende Hilfe. „Und sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund!“, flehte ich sie an.
Gestern besuchte ich erneut die Ankerfiliale meines Vertrauens.
„Kra-kra-kra-kra… äh… Kra-äh-kra-krapfen bittebitte.“ Zitternd erhoffte ich auf eine zufriedenstellende Antwort und konnte es beinahe nicht glauben, als ich vernahm:
„Owa sicha, Klana. De schmeckanda, gö?“
Ein Tag ohne Krapfen ist nur ein halber Tag.

Ich aas frohen Gemüts:
1 Kra-kra-krapfen

Der Propellerheilige

Wir waren am Wochenende zum Essen eingeladen. Ich mag sowas normalerweise nicht, Nahrungsaufnahme ist mir zu lästig als darum Rituale zu veranstalten. Doch die Nachbarin und ich hatten das Paar schon lange nicht mehr gesehen, also nahmen wir an.

Ich weiß nicht, wie viele verschiedene Arten von Lebensmittel sie uns in weißgott wie vielen Varianten vorgesetzt haben. Ich jedoch konnte mich gar nicht so richtig aufs Essen konzentrieren. Irgendetwas lenkte mich ab. In deren Haus stand nämlich allerhand Gerümpel herum, sie nannten es „Antiquitäten“. Und dann wurde mir klar, was mich die ganze Zeit irritierte. Am Schrank mir gegenüber stand eine vergammelte, hölzerne Heiligenfigur. Solche, wie man sie normalerweise nur in Kirchen findet. Über seinen Kopf hatte der alte Knochen so etwas wie einen goldenen Propeller montiert, sollte wohl den Heiligenschein symbolisieren. Ich sagte: „Ich mag den Propellerheiligen da drüben nicht. Er starrt mir aufs Essen.“
Der Herr des Hauses zu seiner Frau: „Siehst du? Ich hab dir schon so oft gesagt, dass wir den auf den Müll schmeißen sollen.“
Die Frau: „Nein, der bleibt. Ich mag ihn.“
Ich: „Ich mag sein Grinsen nicht. Und seine roten Wangen.“
Nachbarin: „Er sieht wie ein Perversling aus, wie ein Jungfrauenschänder!“
Ich: „Sieh nur, der hat sogar einen Harten unter seiner Kutte.“
Frau: „Aber nein, das sind nur die Falten, Matla!“
Nachbarin: „Jaja, darum trägt er ja die Kutte.“
Der Hausherr steht auf, holt den Propellerheiligen, stellt in mitten auf den Tisch und sagt:
„So was machen wir ihm?“
Ich: „Wir könnten ihm eine Silvesterrakete in den Arsch stecken und davonschießen.“
Frau: „Ihr seids ein Haufen Idioten!“
Nachbarin: „Stellt ihn in eure Sauna.“
Herr des Hauses: „Oder wir probieren die Mikrowelle!“
Und so ging es dann lange dahin. Als wir betrunken waren, trieben wir noch immer allerhand Scherze und folterten ihn.
Am nächsten Tag mussten wir den Propellerheiligen suchen gehen, er war spurlos verschwunden.

Ich aas im Stüberl und dachte an den lüsternen Propellerheiligen, den jemand achtlos im Komposthaufen vergraben hatte:
1 Suppe, welche nach pürierten Krapfen schmeckte
1 Schnitzerl, welches sich nicht fotografieren lassen wollte

Wiener Geburtstag

Und am zehnten Tag erhob sich Matla, der Göttersohn, aus dem verderbten Sumpf der Liegehaftigkeit.
(Aus dem Buch der 13 Pusteln)

Bin angenehm verkatert. Gestern war nämlich der Geburtstag der Nachbarin und ich wollte sie überraschen. So wie sie mich immer überrascht, wenn sie als Geschenk verkleidet auf meinem Bett liegt.
Aber das ist gar nicht so einfach! Was schenkt man einer Frau, die ohnehin schon zu viel Klumpert in ihrer Wohnung herumstehen hat?
Blumen? Geht nicht. Ich hasse Blumen. Und ich kann doch nichts verschenken, was ich hasse oder? So nach dem Motto: „Hier hast du Blumen. Sie widern mich an, aber versuche du dich daran zu erfreuen. Auch wenn ich es nicht nachvollziehen kann.“
Dann dachte ich an eine Flasche Lysoform. Das verwendet die Nachbarin immer in Massen, wenn sie meine Wohnung aufräumt. Hätte zumindest praktischen Wert.
Zuletzt löste sich das Geschenkeproblem von selbst. Während ich noch im Stiegenhaus herumstand und überlegte, was ich machen sollte, rannten ein paar Typen vorbei, die mich fragten, ob ich Lust hätte, mit ihnen ein Bier zu kippen.
„Si, claro! Gehen wir zur Nachbarin rauf.“ Wir holten ein paar Flaschen Bier und Wein, Tabak, Wuzelpapier und schon sangen wir der Nachbarin ein Geburtstagsständchen. Sie freute sich riesig! Einer hatte sogar einen beschissenen Blumenstrauß von der Hundewiese mitgebracht.
Später kamen noch mehr Leute vorbei. Was für ein Tumult. Ja, so ist das Wien. Wir hassen uns, aber wenn es was zu saufen gibt, sind wir die besten Freunde.

Ich aas:
1 Ankerstangerl

Lebensrezepte

Gestern am Abend bin ich mit einer Packung Rotwein zur Nachbarin rauf, um ihr meinen Respekt zu erweisen. Sie hockte natürlich vorm Fernseher, im Bademantel, mit dem vollen Aschenbecher zwischen den Beinen.
Wider Erwarten war das Programm gar nicht mal so unamüsant. Es spielte gerade eine Dokumentation über einen Briten, der aus einem Flugzeug in die unwirtlichsten Gegenden dieser Erde springt, um dort Insekten und anderes grausiges Zeugs zu fressen. Das Lustige dabei ist sein Gesicht, das er aufsetzt, schon bevor er sich das zappelnde Getier oder das rohe Fleisch in den Mund steckt. Ich hab mich halb tot gelacht, während er sich riesige Dschungelkäfer, Sumpfschlangen, Waldfrösche, Wüsteneidechsen, blutgefüllte Eiterspinnen, einen vier Stunden alten Steppenzebrakadaver, rohes Berberkamelfleisch, Schafsaugen und Ziegenhoden reinzog. Es ist schön, wenn man solch ein klares Ziel im Leben hat.
Ich hab mir dann mit der Nachbarin auch ein Serienkonzept ausgedacht. Wir könnten gemeinsam mit dem Zug durch die Welt fahren und uns in den übelsten Bars besaufen, vom ORF finanziert. Ein Kameramann müsste uns begleiten und die Show filmen, die wir mit dem anderen Abschaum abziehen, die Schlägerein, die Streiterein, weltbewegende Lebensgeschichten, tränenreiche Freundschaftsbekundungen im Vollrausch, die vollgekotzten Scheißhäuser, in denen die Pisse knöchelhoch steht…. mein Gott, ich muss los.

Ich aas im Stüberl mit der scharfen ungarischen Kellnerin:
1 Grillhuhnsuppe
1 Schnitzel

Keine Ahnung vom Gustokack

Gestern richtete die Kollegin, vor der alle Angst haben, ihr Wort an mich:
„Nehmen Sie stets das Gleiche zu sich, Herr Matla?“
Ich stand gerade an der Kaffeemaschine und ließ mir einen vierfachen Espresso herunter – für den Krapfen -, während sie auf der kleinen Kochplatte etwas aufwärmte, das wie  Hundekacke im Winter dahindampfte. Gleichzeitig wusch sie gerade etwas Gras ab, wahrscheinlich Salat, und wartete auch noch auf eine Antwort von mir. Ich lachte nur kurz, schüttelte mitleidig den Kopf und verließ sie mit den Worten:
„Du hast ja keine Ahnung.“

Ich, der ich der Kollege bin, den keiner mag, aas:
1 Gustostangerl vom Anker
1 Krapfen vom Anker

Das Ende von Gurkerl und Senf

Gestern am Abend war der Waffenhändler meines Vertrauens bei mir. Er zeigte mir seine Frühjahrskollektion, etwas verspätet, aber doch. Er fragte mich:
„Warum wirst du überwacht, Matla?“
„Hängt wohl mit E.I.N.L.A.U.F. zusammen.“
„Jaja, Matla. Die Spatzen pfeifen es inzwischen von den Dächern… wir hätten niemals gedacht, dass du dich für so etwas hergibst.“
„Die im Rechenzentrum haben gesagt, dass mein Menschenhass groß genug ist und dass ich meine Fähigkeiten schon damals in Algerien unter Beweis gestellt habe.“
„Also willst du es wirklich durchziehen?“ Mein Waffenhändler kann es nicht glauben.
„Hm… andererseits…“, sagte ich, „wenn ich nicht rechtzeitig jedem österreichischem Bürger ein Rohr in den Arsch geschoben habe, muss der Staat eine Riesenstrafe an die EU-Schattenregierung bezahlen… das ist auch verlockend.“
„Warum nennt ihr das immer: ‚jemandem ein Rohr in den Arsch schieben‘?“
„Hehe. Witzig, was? So und nun verkauf mir ein paar deiner besten Waffen. Ich weiß nicht, was passiert, wenn sie spitzkriegen, dass ich den Staat UND seine Bürger zerstören will.“

Ich aas:
1 Leberkäsesemmel mit Gurkerl und Senf

Wie es ruhig ist

Ein mieser Tag. Ich bin nach Hause gekommen und hatte eine Scheißlaune. Die Nachbarin stand im Stiegenhaus und tratschte mit einer alten Schachtel. Sie grüßten mich, ich verzog im Vorbeigehen nur das Gesicht. In der Wohnung riss ich das erste Bier auf, als ob es eine Handgranate wäre. Und tatsächlich hatte ich Lust, die Dose durchs Fenster zu werfen. Es läutet, ich mach‘ auf, es ist die Nachbarin.
„Na, was haben wir denn, Matla?“
Grunz.
„Und warum hast du Blut unter der Nase?“, fragt sie.
„Diese Hure von Straßenbahn ist schuld. Bin gegen eine Stange gelaufen.“
„Matla, Matla, Matla…. äh, warum siehst du mich so seltsam an?“
„Ich schau nur was. Dreh dich mal um.“ Sie dreht sich um.
Ich sage: „Will nur sehen, ob du ein totes Tier in den Haaren hast. Du riechst nach Tod und Verwesung.“
Und weg ist sie. Endlich Ruhe und Bier.

Ich aas:
1 Käsekornspitz
1 Krapfen von Anker