Das Geschenk vom Punschstandl

Die Nachbarin hat mich am Samstag auf die Weihnachtseinkaufsstraße mitgeschleppt. Zuerst lief alles glatt, aber dann – wie es kommen musste – wie es immer kam – begann ich zu sudern und herumzujammern und sie jagte mich zum Teufel:
„Weißt was, Matla? Geh du in die Richtung irgenwas kaufen und ich in die andere. Und dann treffen wir uns irgendwo, irgendwann. Gut?“
„Deine Entscheidung.“ Und weg war ich. Und froh war ich.
Einige Zeit beschäftigte ich mich an den Punschstandln, latschte in Geschäften herum, tratschte mit Verkäufern und begutachtete die Brustwarzen der Schaufensterpuppen.
Als mir die Nachbarin zufällig wieder über den Weg lief, stemmte sie ihre Arme in die Hüften und sagte: „Das ist alles?“
Ich sah auf meine Hände.
„Ach ja“, antwortete ich, „Ich habe Katzenfutter gekauft.“
„Seit wann denkst du an meine Katzen?“
„Immer schon, Baby, immer schon.“ Mir fiel die Schachtel mit dem Katzenfutter aus der Hand.
„Achja? Wie heißen sie denn, Matla?“
Ich bückte mich ganz langsam, um die Schachtel aufzuklauben und um nachzudenken.
„Also? Ich höre, Matla?“
„Ja… also… Muschi.“
„Muschi?“
„Ja.“
„Und die andere?“
„Muschi Zwei.“
„Muschi Zwei?“
„Ja. Muschi Eins und Muschi Zwei.“
Die Nachbarin verdrehte die Augen. „Gut. Wir sehen uns später wieder.“ Sprach es und watschelte davon.
Ich sah ihr noch nach bis sie von der Menschenmasse verschlungen worden war und begab mich dann wieder zu meinem heutigen Lieblingspunschstandl.

Ein, zwei Stunden später, ich war schon ziemlich bedient, als die Nachbarin plötzlich wie aus dem Nichts wieder aus der Fleischmasse auftauchte.
„Wo ist das Katzenfutter?“, fragte sie finster.
Ich brauchte ein paar Sekunden, um ihre Frage zu verstehen. Dann schielte ich wackelnd auf meine linke Hand: Glühwein. Dann auf meine rechte Hand: Stehlampe. Himmel! Ich erschrak etwas! War das ein Riesending von einer Stehlampe! Ungefähr so groß wie ich, sah wie eine Antiquität aus. Um Zeit zu gewinnen, drehte ich mich umständlich nach hinten und tat so, als würde ich mit jemanden schimpfen, der mich angerempelt hatte. Ich musste improvisieren:
„Ja. Ich habe ein Geschenk gefunden.“
„Für mich?“
„Ja, klar. Und das Schöne ist, man kann sich auch hervorragend daran festhalten! Hier, probier mal!“
Die Nachbarin versuchte es, lächelte und trank mir den Glühwein weg.

Ja, so bin ich.  Nichts ist mir wichtiger, als meine Lieben glücklich zu machen! Wie ich auf die Idee mit der Stehlampe gekommen bin? Ganz einfach, heute weiß ich es wieder: als ich bei einem Punschstandl zahlen wollte, traf ich einen alten Bekannten. Ich bat ihn, kurz die Schachtel mit dem Katzenfutter zu halten. Im Gegensatz dazu musste ich aber seine Stehlampe übernehmen. Das war beim Zahlen recht angenehm, da auf der Stehlampe zu hängen. Wir plauderten noch eine Weile, der Bekannte mit meinem Katzenfutter und ich auf seiner Stehlampe, haben uns aber dann aus irgendeinem Grund aus den Augen verloren.
Hoffentlich hat er keine Nummer von mir oder taucht in meiner Wohnung auf. Denn sonst müsste ich wirklich noch ein Weihnachtsgeschenk  kaufen rennen.

Ich aas:
1 Apfel Kronprinz Rudolf
2 alte Bananen

Ich hoffe, die Nachbarin bringt noch etwas zu essen.

Muschi 1 an Muschi 2

7 Gedanken zu „Das Geschenk vom Punschstandl“

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