Der Marsch der Nudeln

Mittlerweile begleitet mich Admiral Kuckkuck ständig, wenn ich im Rattenloch bin. Ich hab mich an seine permanente Anwesenheit gewöhnt. Hole ich mir Kaffee, watschelt er mir hinten nach, bin ich beim Essen, hockt er neben mir und sieht mir ganz fasziniert zu, wie ich mir Bissen für Bissen ins Maul stopfe. Er selbst isst und trinkt nichts. Admiral Kuckkuck spricht auch nicht mit anderen Menschen und niemand scheint ihn zu kennen oder gar zu beachten.
Heute in der Cantina fragte ich ihn, warum er eigentlich in meine Zelle versetzt worden ist. Er erzählte, ihn habe das Grau seiner alten Zelle so depremiert, daß er den Entschluss fasste, die Wände rot anzumalen. So kam er eines Tages mit Farbe und Ausmalrolle ins Rattenloch, wurde jedoch vom Hausmeisterandroiden überrascht und fast mit Gewalt dazu gezwungen, die Malerei zu beenden. Man beschlagnahmte seine Zelle und unterziehe sie nun einer Generalsanierung.
Alsbald verließen wir die Cantina und ich sprach Admiral Kuckkuck wegen dieser Geschichte meine Bewunderung aus. Doch unsere Unterhaltung wurde jäh durch den Marsch einiger Frauen unterbrochen, die mit Füßen, die so dick wie Stämme von Mammutbäumen zu sein schienen, vor uns einhergingen. Wir verlangsamten unsere Schritte, um nicht durch herabfallende Möbelteile erschlagen zu werden, als mir der Schwuchteltest von desertmum einfiel. Möglichst unvoreingenommen fragte ich den Admiral, ob er wohl meinen Schlauch halten wolle. Er sah mich ganz verdutzt an und sagte:
„Welchen Schlauch?“
Ich wollte den Test möglichst authentisch durchführen und fragte noch einmal:
„Würden Sie meinen Schlauch halten wollen?“
„Ja wo ist er denn, mein lieber Matla? Welchen Schlauch meinen Sie?“
„Vergessen Sie es“, antwortete ich, steckte meine Hände in die Hosentasche und hielt meinen Schlauch selbst.

Ich aas:
1 Teller mit den Resten der letzten Woche – es war beschissen
1 Schüssel mit Gras
1 Schokomuffin – er war besser
1 kleiner Brauner

Weiß der Kuckuck hetero?

Zu früh gefreut. Ich bin nicht tot. Ich hatte gestern bloß keine Zeit für diesen Scheiß hier, weil die Kugelschreiberbranche traditionellerweise zu Weihnachten hin immer in Streß und Chaos versinkt. Vierzehn-Stunden-Tage sind da keine Ausnahme. Ich war die letzten Wochen fast nur im Rattenloch, ich hatte schon überlegt, ob ich nicht gleich im Auto übernachten soll.
Und das Schlimmste dabei war dieser Admiral Weißderkuckuckwiederheißt. Sitzt der doch die ganze Zeit mit einem dämlichen Grinsen im Gesicht mir gegenüber und starrt mich an, während ich von irgendwelchen Rattenlochandroiden belagert und mit Fragen, Anforderungen und technischen Details zu Kugelschreibern gequält werde. Als ich zwischendurch einmal die Gelegenheit hatte, nahm ich einen schwarzen Filzstift und latschte aufs Clo, um zu pissen. Ich hab dem Admiral dann eine Nachricht in der letzten Kabine hinterlassen – das ist die, in der er nachmittags immer sein Schläfchen zu halten pflegt. Ich schrieb auf die weißen Fliesen an eine Stelle oberhalb des Heizkörpers mit leserlichen und sauberen Lettern : „Schau nicht so blöd, du Schwuchtel.“
Danach konnte ich den Androiden gar nicht mehr richtig zuhören, sondern wartete ganz gespannt darauf, daß der Admiral endlich schlafen gehen möge.

Ich erwarte mir von einem Schwulen, daß er mich genausowenig anbaggert, wie ich als Hetero eine Frau.

Heute bin ich endlich wieder daham und ich aas:
1 Schachtel zergatschte Eier

Homo dormitor aediculae

Am Freitag haben sie mir im Rattenloch einen kleinen dicken Androiden in die Zelle gesetzt – sieht ziemlich humanoid aus. Seine Verhaltensprogrammierung jedoch scheint nicht ganz in Ordnung zu sein.
Jedesmal wenn ich in die Zelle komme, erwische ich ihn, wie er vor einem kleinen Taschenspiegel mit Zahnseide sein metallernen Zähne reinigt. Er zuckt dann immer zusammen und wischt seine Utensilien mit einer knappen Handbewegung in eine Lade.
Nach dem Essen am Freitag sah ich ihn mit einem kleinen prallgefüllten Beutel den Raum verlassen und er blieb für längere Zeit verschollen. Eine Stunde später erst habe ich ihn entdeckt, als ich mich aufs Clo hocken wollte, um ein kleines Nickerchen zu machen. Doch was mußte ich entdecken? Der Android selbst saß schlafend in einer Kabine und hatte vergessen abzuschließen. Die kleine Tasche hatte er zwischen die Kühlrippen des Heizkörpers gesteckt und benutzte sie als Kissen. „Gute Idee!“, dachte ich mir und sah davon ab, ihn aus Spaß mit einem erschreckten Aufschrei zu wecken. Ich schloß leise die Tür, gab einem anderen Androiden, der gerade in die Toilette geschossen kam, mit dem Zeigefinger an den Lippen zu verstehen, er möge bitte leise pinkeln, und begab mich in eine Kabine im unteren Stockwerk.
Heute setzte sich der kleine dicke Android in der Cantina zu mir. Normalerweise verabscheue ich Gesellschaft beim Essen zutiefst, doch ich machte eine Ausnahme. Wir Häuslschläfer sollten doch etwas toleranter miteinander umgehen.

Der Homo dormitor aediculae ließ ein paar Oliven übrig, die ich gut gebrauchen konnte:
1 Semmel mit Käse, Senf und Oliven

Bukkake, Schnecken und Roboter

Alter, du glaubst es ja nicht! Die pissen mir auf den Kopf! Jetzt haben sie mich in zwischen die Mühlsteine gekriegt! Ich muß arbeiten, sonst is es aus mit mir! Man hat mir sagen lassen, ich solle meiner Gesundheit wegen das Kugelschreiberkontigent einhalten – man weiß ja nicht, was einem so alles passieren kann. Und das fucking Finanzamt sitzt mir im Nacken und irgendeine sogenannte „Sozialversicherung“. ICH WILL NICHT VERSICHERT SEIN!
Aber weißt du was? Ich laß mir das nicht länger gefallen. Weißt du, was ich gemacht habe? Heute war ich im Rattenloch und was ist passiert? Diese Scheißandroiden haben mir wieder meinen Arbeitsplatz verräumt! Diese Blechhaufen, diese verdammten! Ich hab sie angeschrien und ein paar Kugelschreiber nach ihnen geworfen. Boing! Doing! Sind hohl, diese Mistdinger. Haben nichts drin!
Einer von ihnen hat mich zu meiner Werkbank gebracht…. ich hätte diesen Raum nie im Leben alleine gefunden.
Nun, ich hab ihm eine Falle gestellt. Als er – beep beep – vor mir herumgewuselt ist und irgendwelche Gründe für die erneute Verlegung erfunden hat, hab ich mir einen Bürostuhl mit Rollen geschnappt und bin damit mit aller Wucht gegen den Roboter gefahren. Der Trottel ist natürlich gleich umgekippt. Bevor er noch mit seinen roten Glasaugen, mit denen er dir übrigens die Seele stehlen kann, mich überrumpeln konnte, habe ich ihm mit einer Computertastatur den „Kopf“ abgehackt. Ging gar nicht mal so schwer. Die Tastatur war danach zwar seltsam verdreht, aber dafür habe ich diesen „Kopf“ dann noch ein paarmal mit der Schranktür bearbeitet. Schließlich rein damit ins Billasackerl und erstmal essen in die Cantina. So eine Entführung macht ja ganz schön hungrig.

Ich ernähre mich tagsüber nur noch von Kaffee und Zucker:
1 Kaffee
1 Bukkake-Nußschnecke

Während des Essens überlegte ich, was ich mit dem Scheißmetallkopf machen sollte.

Ich habe ihn mit nach Hause genommen….. die funktionieren nämlich auch ohne „Körper“.

Der Roboter wehrt sich noch. Er behauptet, daß er Ferdinand heißt. Er behauptet, nichts zu wissen. Ich glaub ihm nicht.
Die Verhöre schneide ich mit. Ich hasse seine Stimme. Er hat einen französischen Akzent!

Mechanisches Leben

Einmalmehr ist das Rattenloch ein unheimlicher Ort. Sie haben mich wieder in einem anderen Raum verfrachtet. Und das Muster dabei ist immer gleich. Ich komme ins Rattenloch, gehe in den Raum, in dem ich zuvor gearbeitet habe, und suche meine Werkbank. Doch anstelle derer finde ich nur einen Zettel vor, mit Hinweisen darauf, wo ich meine Werkbank heute finden werde. Dann begebe ich mich auf die Suche – das Gebäude ist riesig und das System der Raumnummern habe ich noch nicht durchschaut. Es ist wie eine Schnitzeljagd, von Hinweis zu Hinweis… die Androiden auf den Gängen geben auch nur Andeutungen von sich… „Diesen Raum gibt es nicht.“, „Fragen Sie mal auf C-24f nach.“, „Schon mal im vierzehnten Stock gesucht?“, „Warum fragen Sie nicht den Instruktor?“…. zum Verzweifeln!
Wenn ich dann meine Werkbank gefunden habe, setze ich mich erleichtert hin und beginne mit dem Tageswerk. Doch schon nach kurzer Zeit kommen ein bis zwei Androiden (wahrscheinlich Controller oder Wächter) und sehen mich ganz überrascht an. „Wer sind Sie?“, „Wer hat Sie hierher versetzt?“, „Für wen arbeiten Sie?“, „Hören Sie auf, sich die Hoden zu massieren, wenn ich mit Ihnen spreche!“.
Dann sage ich, was ich weiß – und das ist nicht viel. So läuft das jedesmal, wenn ich hier bin. Ich muß endlich herausfinden, für wen ich arbeite! Das kann doch nicht so schwer sein oder? Wer hinterläßt mir monatlich Geld in der Lade meiner Werkbank? Wer sorgt dafür, daß meine Werkbank ständig verlegt wird? Wer ist das?
Ich werde meine Suche dort beginnen, wo alles seinen Anfang nahm…..

Aber vorher zieh ich mir ein paar Vitamine rein, denn gestern habe ich alles, was in mir war, rausgekotzt.

Puddingcreme

Ich bin heute der Androidenfrau tunlichst aus dem Weg gegangen, um nicht wieder mit ihr auf einen Kaffee gehen zu müssen. Und dabei hat sie mich einmal ganz schön erschreckt!

Und zwar stand ich gerade in der Küche unserer Sektion und wusch mir Füße und Genitalien im Spülbecken, als ich mich plötzlich extrem beobachtet fühle. Mehr als normal. So richtig! Verstehst du? So als würde mir gerade jemand mit einer Stricknadel von hinten ins Gehirn fahren. Ich habe mich dabei so erschreckt, daß ich fast umgefallen wäre – naja, ist ja nicht so ohne, wenn man den rechten Fuß gerade in der Spüle hat und der Boden auch schon naß ist. Ich trocknete mich blitzschnell ab und kroch unauffällig unter den Küchentisch, um mich zu schützen und um besser die Lage checken zu können. Ich blickte mich um, erkannte zuerst nichts, aber als ich aus dem Fenster sah, bemerkte ich plötzlich auf der anderen Seite des kleinen Lichthofes die Androidenfrau, die mich sehr grimmig ansah und dabei ihre Hände und Unterarme intensivst eincremte. Und zwar mit so einer Wut, daß ich um mein jungfräuliches Popscherl zu bangen begann.

Heute drehe ich niemandem mehr den Rücken zu und aß in der Cantina:
1 Paar Frankfurter Würsterl mit Senf und Senf und Semmerl und Serviette
1 Flasche Eistee
1 Pudding-Schokolade-Irgendwas
1 Tasse Kaffee

Reinigungsgeräte von Stabilo

Wieder im Rattenloch, endlich wieder die Wurstsemmel zum Mittagsmahl. Sie wird mich schlank und schön
machen.

Es scheint, als bestünde mein Gehirn nur aus Popel – auch bekannt unter den Namen Nasenmann, Nasenstein, oder wie es bei uns so schön heißt: Rawuzer. Ein Arzt würde das Zeug Nasensekret oder Borke nennen.
Aber was ich eigentich sagen wollte, ist, daß ich mir schon den ganzen Tag diese Dinger aus der Nase ziehe und sie nicht weniger werden. Im Gegenteil: sie wachsen immer schneller nach.
Das ist sehr schlecht für die Arbeit, denn eigentlich sollte ich hier den Androiden beibringen, wie man Kugelschreiber richtig zusammenschraubt. Ich muß aber ständig gegen den Drang kämpfen, die Kugelschreiber als Nasenputzgerät zu nutzen.
Dazu verwende ich aber einen Stabilo-Stift, der sehr elastisch in der Nase liegt.

Ich esse:
1 heilige Semmel mit Extrawurst, Gouda und Gurkerl
1 geile Banane
1 Stabilo point 88 fine 0.4, den ich aber für das Foto extra an der Hose abgewischt habe

Wer bin ich, wo komme ich her und wo gehe

Es ist so schön. Es ist so schön zu lesen, daß der Käse, den ich hier verzapfe, meine anderen Persönlichkeiten zum Nachdenken und Grübeln animiert.

Vielleicht kannst du, liebe von mir abgespaltene Fan- oder Vampirgott- oder Was-auch-immer-Persönlichkeit, die du hier
diesen wertlosen Blog liest, mir bei der Entwirrung weiterer scheinbarer „Zufälle“ helfen!?

Wir wissen (das sind nur einige der wichtigsten Punkte):
1. ich sitze in einem Rattenloch mit einem riesigen Monitor an einer Wand, der mir ein Fenster vorgaukelt.
2. ich bin umgeben von Androiden, die um 12 Uhr Mittags und vor Feiertagen hysterisch werden.
3. im Nachbarloch sitzt ein Androide, der mit seiner Katze telefoniert
4. ich höre Stimmen
5. ich leide leider unter Persönlichkeitsspaltung
6. meine anderen Persönlichkeiten sind die einzigen, die diesen Blog lesen und Kommentare verfassen
7. die Steuerzentrale der männlichen Androiden ist am Pissoir

Sind das nur Zufälle oder entpuppt sich mein Leben bei genauerer Betrachtung doch als etwas anderes? Und was hat das alles mit Japanern und illuminierten Sirianern zu tun?

Ist es zum Beispiel auch ein Zufall, daß
mir gestern ein Individuum gegenüber saß,
das selbstgemachte Sauerkrautpizza aß
und mehr Handys als Hände besaß?

Ich glaube zu essen:
1 Salzstange mit Salz
1 Dose Tomate-Basilikum-Aufstrich
1 Kronprinz Rudolf Apfel

Reich an Teewurst

Daß ich wirklich NIE ganz allein bin, habe ich bereits akzeptiert. Heute ist aber tatsächlich noch ein anderer Humanoid in meinem Rattenloch – ich gehe davon aus, daß es sich um keine Halluzination handelt. Und er ist auch sicher kein Roboter, denn er zelebriert das Mittagessen wie ich.
Ich weiß nur noch nicht, ob er etwas zu feiern hat oder einfach das Kind reicher Eltern ist – denn er streicht sich auf seine Brote dicke Schichten Kaviar. Eine Idee, die ich einmal probieren könnte!

Ich esse heute:
2 Dreisaatweckerl
1 Schachtel Sirius Camembert
1 Schlauch Rügenwalder Teewurst

Den Camembert und die Streichwurst esse ich mit dem Löffel.
Lilly ist im Bild – als Beweis, daß sie noch da ist.

Pissoirzentrale

Die Androiden hier im Rattenloch haben wohl ein neues Feiertagshysterie-Programm
eingespielt bekommen. So habe ich sie noch nie erlebt. In den Büros wird gesungen, gelacht, am Clo wird gepfiffen…
Übrigens habe ich überprüft, ob die Androiden wirklich pissen oder nur alibihalber vor dem Pissoir stehen. Ich hatte nämlich schon den Verdacht, daß das Clo die zentrale Steuereinheit ist, weil dort immer so ein reger Verkehr herrscht.

Heute esse ich:
nichts
Denn ich habe nicht mal mehr zum Essen Zeit. Das ist schade.

Mahlzeit.