Die Freiheit des Kugelschreiberzusammendrehers

Sicherheit oder Freiheit, Alter!
Letzte Woche hatte ich in der Anstalt ein Gespräch. Denn eigentlich wollte ich dort ja nur bis September bleiben, dann haben sie mich doch dazu überredet bis Dezember zu bleiben und nun wollten sie, dass ich gleich meine Selbständigkeit (ich bin ja freiberuflicher Kugelschreiberzusammendreher) fahren lasse und mich von ihnen anstellen lasse. 40 Stunden die Woche, 5 Wochen Urlaub im Jahr, 14mal Bares, weiterhin Geld, wenn du krank bist… und ihr tollstes Argument: in Zeiten wie diesen ein sicherer Job!
Sicherheit oder Freiheit, Alter! Ich scheiß auf 40 Stunden die Woche, 5 Wochen Urlaub im Jahr! Fünf! Mir kommt gleich das Frühstück hoch! Ich hab’s ihnen klar gemacht. Ich will die Freiheit, wenn ich Lust habe, 10 Stunden in einer Woche zu arbeiten – oder 70. Ich will den ganzen Sommer über wegfahren und nicht mit einem Haufen Langweilern in einer Zelle hocken. Ich will alle paar Wochen einfach mal eine Zeit lang nicht arbeiten. Ich will  rauchen, saufen, fettes Zeug fressen, ohne Sturzhelm mit dem Drahtesel herumfahren, im Park pinkeln…. ach… keiner versteht das!

Ich aas:
1 Kornspitz vom Anker mit Begleitfett (Liptauer, Extrawurst, Käse)

 

 

 

 

 

 

PS: als Erinnerung: „Mit Sicherheit untergehen
PPS: danke für den Link Fliesenverleger: „Willkommen in der kompletten Idiotie!

Tot in der U-Bahn

Also ich hatte ein witziges Erlebnis. Ich dachte, mein Körper wäre schon irgendwo verstorben und ich würde als ruheloser Geist durch die Wiener Strassenbahnen wandeln! Ja!
Das war am Freitag. Ich schleppte mich nach der Arbeit in der Anstalt zur Station, sprang in die nächste Bim und stellte mich an die Wand… ich stelle mich in öffentlichen Verkehrsmitteln immer an die Wand. Und: ich setze mich niemals hin. Niemals! Ich möchte nur mit Menschen zusammensitzen, die ich mag… ich hasse die Menschen… aber darum geht’s hier nicht.
Ich stehe also an der Wand – es war nicht viel los – auf einmal steigt eine alte Frau ein. Die muss so alt gewesen sein, dass sie den Urknall miterlebt hat. Obwohl ich mit iStöpseln in den Ohren und mit einem Buch aus echtem Papier den Blick gesenkt hatte, spürte ich sofort, dass sie auf mich zukommen würde. Und tatsächlich. Sie stellte sich mit ihrem Gehstock und ihrem Plastiksackerl neben mich und begann, Dinge zu fragen… sie war ziemlich verwirrt. Sie wollte bis zu der Strassenbahnstation fahren, bei der eine andere Strassenbahn rechtwinkelig bis zum Sanatorium fährt. Ich versuchte herauszufinden, welche Strassenbahn sie meinte, welche Station, welches Sanatorium. Sie hatte keine Ahnung. Während ich überlegte, begann sie die umstehenden Leute das Gleiche zu fragen. Und da fiel es mir auf! Die reagierten gar nicht richtig! Die standen nur da! Ein paar verzogen das Gesicht, als ob ihnen ein zwickender Furz im Arsch stecken würde, andere machten nur ein Grunzgeräusch und drehten sich weg! Ich begann noch mal mit der Alten zu reden, dann fragte ich die Umstehenden… keine Reaktionen! Ich blickte der Alten ganz tief in die Augen und sagte etwas beunruhigt:
„Sind wir Geister, Tantchen?“
Da lachte sie.
Bei der nächsten Station stieg ich mit ihr aus. Wir trafen auf einen anderen Geist, der wusste, wohin sie wollte.
Den Rest des Weges schwebte ich zu Fuß. Die Lebenden können mich mal.

Ich aas:
1 Kornspitz – naja… hatte zu wenig Bargeld dabei

Täglicher Rettungsanker

Ich werde einen Lobesbrief an die Firma Anker schreiben. Jawoll. Die Filiale neben meiner Anstalt nämlich ist das Paradies für Kunden (nein nur für mich, scheiß auf die anderen!). Äußerst freundliche und zuvorkommende Mitarbeiterinnen, kompetent geführt.
Jeden Tag, wenn ich in der Filiale eintreffe, rufen sie mir schon von Weitem Grüße und Glückwünsche entgegen, ziehen mich den Normalmenschen gekonnt und unmerkbar vor und trösten mich ständig aufs Neue: dass es zwar momentan keine Krapfen gebe, es aber bald wieder so sein werde. Ich, „Krapfenmann“ den sie mich nennen, gehe gerne zum Anker.
Außerdem liebe ich die Seefahrt.

Ich aas:
1 französisches Laugenstangerl vom Anker

Zwischen Topfen und Ion

Keine Angst! Ich bin nicht tot. Noch nicht. Obwohl sich das viele wünschen, ich weiß. Es ist nur so: der Sommer ist zum Austoben da! Das Konzept der schulischen Sommerferien gilt für mich heute noch.
Ich bin fast nicht in der Arbeitsanstalt und wenn, dann versuche ich, möglichst nichts davon bewußt zu erleben. Den Rest der Zeit bin ich unterwegs. Meist mit Zelt und Bade- oder Regenhose… seltsam, normalerweise schiffe ich jede freie Minuten auf einem Segelboot, doch dieses Jahr liege ich nur im Dreck… hm…
Ein anderer Wegelagerer hat mir vor Kurzem erklärt, dass man sich beim Kampieren die positiv geladenen Teilchen der Erde einfängt, was sehr gesund sein soll.

Apropos gesund: nach ewigen Zeiten habe ich endlich wieder einen Fliegenpilz gesehen!

Apropos giftig: einige Geschichten wurden erlebt, die zu erzählen ich mir nicht zu doof bin.

Ich aas:
1 Topfenkuchen zum Frühstück

PS: und jetzt gleich gleich gleich gleich die Strasse weiter weiter weiter weiter

Schneebuhmann

Gestern hat einer in der Anstalt Scheiße gebaut und die Schuld auf mich geschoben. Ein anderer hatte deswegen einen Haufen Arbeit. Deshalb bin ich jetzt der große Buhmann. Mich stört das eigentlich überhaupt nicht – ist sogar fast lieber. Keiner sagt was zu mir, ich muss nicht über ihre unlustigen Witze lachen und brauche kein schlechtes Gewissen haben, wenn ich die Kopfhörer drin habe und von ihren verschissenen Gesprächen nichts mitbekomme.
Heute haben zwei andere Scheiße gebaut. Jetzt kehrt in unsere Zelle schon langsam der Normalzustand zurück: jeder hasst jeden. Ich habe darüber kurz mit einem aus einer anderen Zelle geredet: „Ja, das stimmt. Ihr seid ein Haufen Schneebrunzer.“

Grüße aus der Buhmännerabteilung – und ich aas:
1 Gustobaguette
1 Heidelbeermuffin

Flash Scheißhaus

Der Schweizerische Liechtensteiner aus Vorarlberg, ein Typ in der Anstalt, spricht ununterbrochen. Selbst wenn er vor seinem Computer hockt und konzentriert arbeitet, redet er. Man versteht nicht immer jedes Wort, es ist manchmal bloß ein leises Murmeln. Und etwa einmal stündlich wird man auch durch ein herzhaftes ‚Aha!‘ hochgeschreckt.
In einem Büro ist so ein Mensch ein Segen, sag ich dir. Wie Radio. Man hört beständige Geräusche im Hintergrund seiner Wahrnehmung und das beruhigt ungemein.
Gestern stand ich am Scheißhaus und wusch mir die Hände. Da geht die Tür der Kackkabine auf und der Vorarlbergerische Liechtensteiner aus der Schweiz steht neben mir.
„So, jetzt bin ich wiedrr aufnahmefähig, odrr?“, hat er gesagt. Während er mich beim Händewaschen überholte, erleuterte er mir die Vorteile moderner Wassertoiletten.
Am Nachmittag sind wir endlich draufgekommen, warum der Typ ständig redet. Wir standen alle am Fenster und sahen uns ein paar Blitze an, da sagte er plötzlich:
„Jaja, als Kind bin ich mal vom Blitz getroffen worden, odrr.“
Von nun an nenne ich ihn „Talkin‘ Flash“.

Ich aas:
1 Pizzaschnitte vom Merkur

Hier die Reste:

Kaputt!

Ich habe ihnen gestern in der Anstalt gesagt, dass ich nur bis September bleibe. Weil ich es nicht aushalte. Mich macht die Bürohockerei kaputt. Kaputt!
Zunehmend ist mein Geist nur noch tagsüber in der Zelle wach, am Abend hocke ich herum, ohne zu denken. Und ich habe begonnen, regelmäßig zu fernsehen. So kann das nicht weitergehen, komme, was wolle. Das Leben ist zu kurz, um es mit Arbeit zu verschwenden. Der Hauptakt muss anders aussehen.

Ich aas:
1 Krapferl – das eingesperrt im Sackerl liegt und, obwohl täglich frisch, jeden Tag lahmer schmeckt. So wie ich selbst.

Einlaufweltmeister

Irgendeiner hat spitzgekriegt, dass ich bei der E.I.N.L.A.U.F.-Verschwörung mitarbeite und hat mich auf eine Versammlung mitgeschleppt.
Ein Haufen Typen, die so aussahen als hätte man sie direkt aus den 70ern entführt, standen herum und redeten über Weiß-Gott-was in diesem alten Gartenhaus. Dicke Mauern, dünne, brüchige Fenster in dunklen, verstaubten Nischen, aus denen fette Spinnen grinsten. Alles weiß gekalkt, jetzt grau, befand sich angeblich im Garten eines reichen Kerls, der alles sponsort.
Ich verstand kein Wort von dem, was die da laberten, mir war’s egal. Solange ich ein Glas mit einem scharfen Getränk in der Hand habe, bin ich Weltmeister im Herumstehen.

Ich aas:
1 französisches Laugenstangerl
1 Krapfen – alles vom Anker

http://www.matla.at/die-magenleuternde-verschwoerung-der-europaeischen-kommission/2011/03/22/3291/

Die magenleuternde Verschwörung der Europäischen Kommission

Warum immer nur von Verschwörungstheorien phantasieren? Warum einmal nicht selbst Teil einer Verschwörung sein? Ich hab mich immer gefragt, warum es zwar so viele Verschwörungen gibt, aber niemand jemanden kennt, der aktiv an einer Verschwörung mitarbeitet. Einen Bruder, Schwester, oder einen Cousin.
Nun ist es endlich soweit. DU jedenfalls kennst jetzt jemanden, der tatsächlich in eine Verschwörung verwickelt ist – und zwar als aktiver Mitarbeiter. Nämlich MICH! Ja, hurra, ICH bin nun Verschwörungspraktiker!
In der neuen Anstalt sind sie jetzt endlich mit der Wahrheit herausgerückt – warum sie mich eigentlich angeheuert haben: ich muss zwielichtige Vorgaben unserer kryptokratischen EU-Kommission umsetzen.
Seit einigen Tagen schon arbeite ich mich durch tausende Seiten ‚EU commission directives‘ und ‚EU commission regulations‘ – alles im herrlichsten Amtsenglisch. Da ich kein Wort Englisch spreche, geht es etwas zäh dahin mit dem Einarbeiten. Zumindest den Titel dieser EU-Verschwörung habe ich schon teilweise übersetzt. Der abenteuerliche Name lautet: E.I.N.L.A.U.F. – das E steht für ‚European‘, also ‚Europäisch‘, das I für ‚Information‘, also auf Deutsch ‚Information‘, der Rest folgt, wenn ich ihn entziffert habe.

Ich freue mich schon, wenn alle EU-Bürger ein Rohr im Arsch stecken haben, über das sie zentral mit einer EU-Einlaufstelle verbunden sind. Fuck you!

Ich aas:
1 Käsekornspitz
1 Krapfen von Anker

Exit Rawuzer

Was soll der Scheiß? Überall, wo ich zu arbeiten anfange, reißen sie alles ab.
Heute komm ich in der Früh in die neue Anstalt, was muss ich sehen? Der Fußboden ist weg! Ich meine, der Belag! Einfach weg. Ich durchsuche ein paar Räume, alles leer! Komplett leer, alles weg.
Wie ich in meine Zelle latsche, sehe ich einen am Boden hocken.
„Haben sie dich nicht mitgenommen?“, fragt er und grinst blöd. Der Typ hat ein Messer in der Hand und sticht an der Wand herum. Ich hüpf vorbei.
Wo normalerweise meine Werkbank steht, liegt ein Zettel:
„Sorry, haben dich vergessen. Kommen am Montag wieder. CU“ Ich kratz mir den Arsch, dann den Kopf, nochmal den Arsch, fische mir einen Rawuzer aus der Nase und gehe. Der Typ grinst wahrscheinlich noch immer.

Später haben sie mich aus dem Rattenloch angerufen. Ich soll kommen, sonst was passiert was. Ich bin hin, es ist trotzdem passiert. Als sie die Lichter abgedreht haben, bin ich davon. Und hab ein Foto geschossen: