> hier gehts zu Teil 1 der Heimkehrerstory.
Die Nachbarin und ich schimpften etwas über die lausigen Eisenbahnbeamten in Griechenland, zogen Parallelen zu denen in Österreich und gingen in die Richtung, die der besoffene Fettarsch uns grunzend gezeigt hatte. Und tatsächlich. Nach ein paar Schritten, einem Bahnsteig entlang, kamen wir in einen Raum mit drei verglasten Schaltern. Man mußte aus einem verrostetem Kästchen einen Zettel mit einer Nummer drauf ziehen. Das taten wir. Naja, nur dreißig Nummern vor uns. Wir wollten die Zeit nutzen, um etwas zu trinken, und fanden auch bald eine Bahnhofsbude. Etwas desorientiert kauften wir uns etwas zu trinken und zu essen und setzten uns erschöpft an einen der Tische. Nach dem Essen holte ich die Tschick heraus und bot der Nachbarin eine an.
„Nein danke, Matla.“
„Hä? Was is?“
„Ja weißt du, ich habe jetzt schon seit ein paar Stunden nichts geraucht und ich finde, jetzt ist der Augenblick gekommen, wo ich mit dem Rauchen aufhören sollte. Jetzt habe ich schon solange ausgehalten, jetzt schaffe ich das.“
Oh Gott! Jetzt? Das war der denkbar schlechteste Augenblick. Ich wußte, was das bedeutete. In meinem Gehirn tauchten Bilder eines brennenden Athens auf.
„Naja, das ist deine Sache, Babe.“, sagte ich und versuchte, mich abzulenken.
Nach einer halben Stunde standen wir vor einem Schalter. Unsere Nummer war auf einem Monitor angezeigt worden. Ich las: „International and domestic tickets“.
„I wanna go to vienna. TOMORROW!“, schnauzte ich den Typen an.
Der lachte nur und deutete auf den übernächsten Schalter. Aha, wieder nix English. Die Nachbarin sah ihn böse an und zeigte ihm den Finger. Ich stellte mich also zu diesem Schalter. Und zwar so, daß die Nachbarin nicht zu sehen war. Sie wurde von Minute zu Minute unberechenbarer.
Einmal erklärte ich irgendjemandem, was die Nachbarin und ich tun wollten. Einfach morgen, Samstag, von Athen nach Thessaloniki und von dort weiter mit dem Nachtzug nach Belgrad. Und siehe da! Der Typ hatte keine Einwände. Er machte sich sofort an die Arbeit, nahm unsere Daten auf, wir bezahlten und fertig!
Fast. Wo waren die Tickets von Thessaloniki nach Belgrad? Ganz freundlich erklärte mir der Schaltermensch, das ginge nur im Büro für „International tickets“. Gut, wo ist das? Raus und dritte Tür rechts.
„Thank you. Bye.“
Die Nachbarin blickte ihn drohend an, aber zeigte ihm keine Finger. Zumindest hatten wir ENDLICH einen Teil der Fahrkarten.
Erleichtert hielten wir uns an die Wegbeschreibung des Mannes und standen….. schon wieder vor dem betrunkenen Nußknacker! Bevor die Nachbarin irgendetwas sagen konnte, erklärte ich dem Besoffenen, daß wir nun Tickets von Thessaloniki nach Belgrad kaufen wollten.
„No! In Thessaloniki!“, schrie er lallend. Meine Geduld war am Ende.
„NOW! I want to buy the tickets NOW!“, entgegnete ich standhaft.
„NO! THESSALONIKI!“, plärrte er und zeigte mit dem Messer, mit dem er die Nüsse ausputzte, auf mich. Er schielte dabei etwas und Speichel rann ihm aus den Mundwinkeln.
Plötzlich rammte mich die Nachbarin mit ihrer Schulter unbarmherzig zur Seite.
„Gib uns jetzt die Scheißtickets!“, brüllte sie durch das Loch in der Scheibe. Mit vollster Kraft schlug sie mit ihrer Faust gegen das Glas, was ihr zwischen all den Beschimpfungen und Flüchen einen Schmerzensschrei entriss. Danach versuchte sie sich scheinbar mit ihren Fingernägeln durch das Glas zu graben. Ich vermutete, daß sie auf Grund des Nikotinentzuges nun endgültig die Kontrolle verloren hatte. Unauffällig – so gut es diese Situation zuließ – zog ich mich etwas zurück und suchte die Schalterhalle ab. Schnell fand mein geübtes Auge einen geeigneten Fluchtweg, Polizei war keine anwesend, die anderen Leute ringsum schienen eher auf unserer Seite zu sein, im Eck stand ein alter Feuerlöscher.
Du siehst, es gab doch gewisse Fortschritte. Wir hatten in diesem Augenblick zumindest Fahrkarten, die uns aus Athen wegbrachten. Am Montag erzählt der liebe Onkel die Geschichte weiter.
Und heute aas ich:
1 Apferl
3 Tomaten
1 Herbstgouda