Betriebsnada

Ich denke, sie haben erreicht, was sie wollten. Ich bin der Stumpfsinnigkeit anheim gefallen… jaja, du denkst dir, war das jemals anders?… Jetzt aber wirklich endgültig! Mich stört es zum Beispiel mittlerweile überhaupt nicht mehr, wenn ich den Nachmittag damit verbringe, so zu tun als hätte ich Arbeit. Ich starre auf den Bildschirm, auf dem nur irgendwelche beliebigen Texte offen sind, klicke darauf herum, gebe manchmal einen nachdenklichen Grunzlaut von mir und kämpfe gegen erhöhten Speichelfluss. Ich muss nur aufpassen, dass ich dabei nicht versehentlich einschlafe oder furze… im Grunde ist dieser Zustand recht entspannend, kontemplativ. Manchmal nehme ich während dessen keine Zeit mehr wahr… oder sehe Lichter. Vorher gerade hatte mein Geist sogar den Körper verlassen. Mein Geist war am Scheißhaus pissen und die Hände waschen, und führte am Rückweg sogar ein kurzes Gespräch mit einer Erscheinung… weiß nicht, was es genau war.
Auch mein Punkt-12-Uhr-Mittagshunger ist verschwunden. Seltsam, oder? Ich werfe nur noch die Beruhigungstabletten ein, die mir der Betriebsarzt verschrieben hat. Das reicht vollkommen.

Ich aas: Nada

Anstalt

Der Boden in der Anstalt ist grau und besteht aus einem Material, das die Füße schwer werden lässt, und aus einer Farbe, die Schwindel verursacht. Die Bildschirme haben einen Defekt, denn die Augen ermüden ungewöhnlich schnell. Aus der Zuckerdose kratze ich jeden Tag den letzten Rest. Der Kaffeesatzbehälter ist immer voll und der Kaffee in Wirklichkeit koffeinfrei. Das Trinkwasser ist mit Schlafmittel versetzt. Die Scheißhauskabinen werden mit Betäubungsgas geflutet und die Pissbecken mit Nervengas, das den Schwanz verschwinden lässt, berieselt. Warum die Augen und Hoden vollständig eintrocknen, habe ich noch nicht herausgefunden. Die Fenster filtern die Freundlichkeit der Sonne weg und lassen sie wie ein Riesenarschloch am Himmel hängen. Auf die Gesichter der „Kollegen“ wird etwas Unsympathisches projiziert, das man nicht näher definieren kann. Die Scheiße, die aus den Belüftungsanlagen strömt, enthält keinen Sauerstoff. Von den Tastaturen bekommt man juckenden und eitrigen Ausschlag auf den Fingerkuppen. Du hast irgendwie ständig das Gefühl, als würde jemand hinter dir stehen und dir die Kehle zudrücken. Die Sessel sind so konstruiert, dass man ununterbrochen die Position wechseln muss. Alle Fluchtwege führen im achten Stock aus dem Fenster hinaus. In unregelmäßigen Abständen hört man einen hohen Quietschton, den man nicht lokalisieren kann. Im Raucherzimmer ist immer um ein Platz zu wenig und die Lüftung aus der Tiefgarage mündet darin. Die Computermäuse gleiten nicht, sie kratzen am Tisch herum. Und die Ratten können fliegen.

Ich aas.

Anstalt.

Die Gefahr aus dem Loch

Seit Wochen bin ich im Loch. Neuer Brotjob. Hat mir die Nachbarin vermittelt… hält mich daheim nicht mehr aus. Ein Riesengebäude, in dem locker tausend Irre hin und her laufen. Trotzdem. Wie im Loch. Ich vereinsame dort völlig. In einem Großraumbüro mit zehn anderen. Niemand spricht, alle scheinen mit ihren Bildschirmen verwachsen zu sein… Regierungsnaher Konzern. Weiß nicht genau, was die eigentlich genau machen. Die Putzfrau hat mir erzählt, dass sie angeblich biochemische Massenvernichtungswaffen nach Afrika liefern… die Putzfrau ist zwar nicht ganz dicht, aber sie ist die einzige Person in dem Verein, die ein Lachen im Gesicht trägt. Von allen anderen höre ich am Vormittag immer nur „Morgen“, zu Mittag bis zur Kaffeezeit „Mahlzeit“ und danach „s’Gott“. Am liebsten würde ich jedem in einer instinktiven Reaktion ins Gesicht spucken. Ich kann’s nicht mehr hören! Ich antworte, wenn überhaupt, nur noch mit einem undeutlich gesprochenen „Leck mich“.
Das Einzige, auf das ich mich jeden Tag freue, ist mein Mittagsritual. Da öffne ich „www.matla.at“ und bekomme als Antwort: „Dieser Inhalt wurde als gefährlich eingestuft und wird daher blockiert.“ Das macht mich glücklich… es zaubert mir jeden Tag ein böses, zufriedenes Grinsen ins Gesicht. matla.at wird als gefährlich eingestuft! Von der Regierung! Besser könnte es nicht laufen! Geil! Ich würde mir dabei ja gerne einen runterholen, aber die Sau, die neben mir sitzt, schielt immer ganz verstohlen herüber, wenn ich mir den Sack massiere.

Heute im Unlustkrankenstand aas ich:
1 Semmerl mit Extra und Cheddar

Intrinsischer Hackangriff

Alarm! Ein neuer Hackerangriff bedroht den Misthaufenblog!

Ich hab dir ja schon erzählt, warum alle alten Kotzbilder verschwunden sind. Ja, Hacker waren es! Und jetzt schlagen sie wieder zu! Aber viel diffiziler, viel hinterhältiger. Nämlich nicht von außen, sondern von innen! Ja, sie versuchen den großen, weltbekannten, vielgehaßten Matla-Misthaufenblog zu übernehmen! Und zwar ganz gefinkelt mit einem eigenen Blog im Blog!
Umso trauriger und enttäuschter bin ich, als es nicht durch fremde Hacker passiert, die irgendwo im Osten sitzen… mit ihren langen, dürren, schleimigen Programmiererfingern und riesigen, aus dem Kopf quellenden Bildschirmaugen… nein! Es sind Brunnhilde und Bob, die uns hier ihre Ausbildung als Agenten offenbaren! Lang vorbereitet… jahrelang haben sie den Misthaufenblog mit ihren unscheinbaren, unsinnig erscheinenden Kommentaren gespamt und nun das! Plötzlich! Völlig unerwartet haben sie begonnen, ihre giftigen Fäden zu spinnen! Siehe hier: „Feindliche Übernahme durch Blog in Blog

Ich aas mit Tränen in den Augen (weil Brunnhilde und Bob so gemein zu mir sind… aber auch weil das Essen so grauenhaft ist):
1 Teller Was-weiß-ich

Intrinsischer Hackangriff

Grusel I + II

„Komm doch mit mit mir, Matla! Bitte! Besuchen wir doch meine Freundin gemeinsam! Sie wird sich freuen!“, flehte mich die Nachbarin heute an.
Also gut, ich ging mit auf den Scheißfriedhof. Zum Grab einer alten Hure, die letztes Jahr am Alkohol zugrunde ging. Ja, ich mochte sie auch gerne, sie war eine echt geradlinige Person – was man von nicht vielen Leuten behaupten kann… aber trotzdem: was soll ich auf dem Scheißfriedhof? Ihr ist es egal und mir gibt es viel mehr, wenn ich mich an die schönen Dinge erinnere! Na egal, die Nachbarin will unbedingt mit einem Stein reden.
Nachdem wir am Grab ein paar nette Worte gesagt hatten, schleppte mich die Nachbarin noch eine Weile durch den Friedhof. „Schau hier!“ und „Schau da!“. Erst als ich praktisch nur noch herumfluchte, weil ich mir ständig die Zehen an irgendwelchen Gräbern stieß, gab sie Frieden.

Grusel I:
Und beim Verlassen des Friedhofs, da schiss sich die Nachbarin fast in die Hose!
„Matla!“, schrie sie. Die Haare standen ihr zu Berge. „Sieh nur! Da steht mein Name auf dem Grab! Matla! Oh mein Gott!“
„Was? So heißt du? Also das ist dein Name? Das? Echt?“
„Waaaas? Weißt du etwa nicht, wie ich heiße, du Arsch?“ Die Nachbarin sah ziemlich erledigt aus.
„War nur Spaß… Nachbarin.“ Oder nicht.

Grusel II:
Gerade eben stand ich im dunklen Vorzimmer, in voller Kampfmontur, das Katana in den Händen, bereit zu töten, was auch immer aus dem Zimmer kommen mag.
Zufälligerweise läutete gerade jetzt die Nachbarin an. Ich riss sie mit einer blitzschnellen Bewegung in meine Wohnung herein und zischte ich sie an:
„Pass auf! Sei leise! Duck dich!“
„Was’n mit dir schon wieder los? Drehst du jetzt endgültig komplett durch?“ Sie zeigte mir den Vogel.
„Nein, nein. Ich bin in Gefahr, werde verfolgt. Geh langsam ins Zimmer rüber, langsam, gaaaanz langsam, und sieh nach, was auf dem Bildschirm steht. Ich gebe dir von hier aus Deckung.“
Sie tat es… und sie bewegte sich dabei wie eine Katze. Lautlos, konzentriert, und mordlüstern, irgendwie geil.
„Und?“
„Jetzt lies mir vor, was auf dem Bildschirm steht.“
„Security alert. Ihr PC ist in Gefahr. 5 Verfolgungs-Cookies gefunden.“

Huhu. Ich aas:
Krapfen! Nichts als Krapfen!

Smartes Wettrüsten

Ich hab was Neues gelernt: „early adopter“ – ein Saufkumpan sagte zu mir letzthin:
„Du gehörst nicht gerade zu den early adopters, was?“
Ich hab auf Wikipedia nachgesehen: kein Wunder. All die Eigenschaften, die early adopter kennzeichnen, treffen auf mich hundertprozentig nicht zu: bessere Integration ins soziale System, höherer Status, bessere Bildung, größeres Bedürfnis nach sozialer Mobilität.
Ja, es ist so. Zum Beispiel gibt es schon seit was weiß ich wie vielen Jahren Duschgel. Ich hingegen verwende noch immer Hirschseife. Überall Flachbildschirme – ich Kastenfernseher. Alle Smartphones – ich… oh! Das ist jetzt peinlich. Ich hab eines bekommen. War mit der Nachbarin im Handy-Shop, weil meine Handybatterie den Geist aufgegeben hat. Der Verkäufer sagte, ich solle mir gleich ein Neues nehmen. Bei Vertragsverlängerung null Euro. Ich wollte das gleiche Handy wieder haben, aber die Nachbarin ist ganz hysterisch geworden und wie das Rumpelstilzchen auf und ab gesprungen.
„Sei doch kein Idiot, Matla! Nimm dir das Smartphone, kostet ja auch null Euro, Himmel-Arsch-Und-Zwirn!“
Im Endeffekt brauchte ich dann fast eine Stunde, bloß um herauszufinden, wie ich damit telefonieren kann!
Und dann hat die Nachbarin irgendwas gemacht, damit die Krapfenphotos schöner werden. Was weiß ich.
Und: der technische Schöpfer hat es hinbekommen, dass man diesen Misthaufenblog hier auch auf Smartphones vernünftig lesen kann.
Ok. Ich brauche jetzt mal ein paar Wochen, um diese vielen Veränderungen zu verkraften.

Ich aas:
1 Krapfen

Wenn ich längere Zeit auf die schöne Zuckerlandschaft schaue, möchte ich in ein Raumschiff steigen und auf diesem Planet landen!

PS: jemand möge bitte testen, ob man nun wirklich dieses Ding hier auf einem Handy lesen kann… das kannst auch du von der Staatspolizei sein, ja, du Typ, der du mich beobachtest! Glaubst ich weiß das nicht?

Richtigstellung in eigener Sache

Ein Mißverständnis aufzuklären, bin ich eingegangen in deinen Bildschirm. Nur weil ich mich gestern nach dem Weg nach Brimsen erkundigte, sagte desertmum, mein Darrrling, zu mir: „He! Ein richtiger Mann fragt nicht, und zwar niemals! nach dem Weg!
Ich verstehe das nicht. Ich dachte, es wäre allen klar? Ich bin kein Mann! Auch bin ich keine Frau. Ich bin die unsterbliche, geschlechtslose geschriebene Stimme auf deinem Computerbildschirm! Wie oft muss ich das denn noch sagen?
Ich bin kein Österreicher! Und auch kein Deutscher! Ich leben in meinem eigenen Staatengebilde: Umamatlarumma! Schon vergessen? In Umamatlarumma bin ich Herrscher  und Beherrschter, ich bin Gott und Kirche in einer Person! Persönlichkeitsspaltung, Achtung!

Also kann ich, ohne in Schande zu fallen, fragen: WO IST BRIMSEN? Fuck.

Ich aas:
1 Haufen Kotstücke von Lips – stimmts Darrrling?
1 Laib Käse
1 Brot mit Topfen, Kräutersalz und Pfeffer

Das konterminierte Langwürstchen

ie Wohnung ist durch verschiedene Anti-Naturgifte konterminiert. Ich geh rauf zur Nachbarin, klopfe an. Sie öffnet, das Handy in der Hand, telefoniert gerade. Sie winkt mich herein und sagt zu ihrem Gesprächspartner am Telefon:
„Ja, mein Nachbar, der Matla, hat auch so ein langes Würstchen.“
Ich wundere mich und flüstere:
„Mit wem sprichst du bitte?“
Die Nachbarin schüttelt den Kopf, setzt sich zu ihrem neuen Laptop und sagt:
„Oh doch. Er hat dort links auch so eine lange Wurscht runter. Warum hab ich das nicht?“
Ich stell mich hinter sie, sehe auf den Bildschirm, um zu erkennen, mit wem sie telefoniert. Vielleicht mit ihrem Psychiater, mit der Telefonseelsorge oder mit der Irrenanstalt. Aber mir fallen nur unendlich viele geöffnete Fenster auf ihrem Laptopmonitor auf.
„Ach Gott! Warum verstehen sie mich nicht? Ich dachte, sie sind der Spezialist! Wissen sie was? Mein Nachbar ist jetzt eh da, er solls mir zeigen! Auf Wiedersehen.“, schreit sie, die Nachbarin, ins Telefon und knallt das Handy auf den Tisch.
Ich gehe ein paar Schritte zurück, man weiß ja nie, was gerade in sie gefahren ist, und halte meine Hände unauffällig schützend vor meinen Geschlechtsbereich.
Rasch klärt sich alles auf. Ein Missverständnis. Sie hatte eine Telefonnummer angerufen, die sie in einem der Handbücher, die mit ihrem neuen Laptop mitgeliefert worden waren, gefunden hatte. Nichts anderes wollte sie, als auf der linken Seite der Microsoftfenster die Spalte mit den Dateien zu sehen – wenn du verstehst, was ich glaube, dass die Nachbarin mit meinem Würstchen verwechselt hat.

Ich aas noch nichts – muss mir erst überlegen, wie ich das Zeug, welches ich eben in der Bäckerie kaufte, mit Mundschutz im Gesicht essen kann:
1 Ziegel Edamer
1 Dose Liptauer
2 Stück Krapfen
1 Laib Brot

Die wandelnde Fabrik

Wenn ich auf den Clodeckel steige und aus dem Häuslfenster schaue, liegt sie vor mir, die alte Fabrik. Sie ist nicht groß, nur eingeschossig, schönbrunngelb, ein schmaler Schornstein, der wie ein hinniger Beidl dahängt, steht einsam darauf. Schon lange ist die Fabrik verlassen, nur mehr Ratten und Katzen verrichten darin ihr Geschäft.
Sooft ich am Clodeckel stehe, mit letztem Atem das Fenster aufreisse und gierig die Frischluft einsauge, ist die alte Fabrik für mich die letzte Bastion der Menschlichkeit. Dahinter drängen sich bereits die Betonbunker, dicht an dicht, voll Zombies. Näher und näher kommt das Grauen der Zivilisation, will mich erdrücken.
Gestern beobachtete ich einen Herren in Anzug, der zuerst Steine auf die Fenster warf und dann das verschlossene Fabrikstor eintreten wollte. Ich fragte ihn: „Brauchst einen Schlafplatz?“ Er antwortete: „Leck mich.“ Heute klettern auf der alten Fabrik ein paar Bauarbeiter herum, zerlegen das Blechdach, springen nicht grad zimperlich mit dem Gebäude um. Werden sie es niedermachen? Wird mir ein Betonklotz vors Clofenster geknallt?
Man wird sehen. Vielleicht werde ich die Fabrik besetzen, wenn sie mit den Maschinen kommen, vielleicht werden sie mich gar nicht bemerken und vielleicht werde ich mit der Fabrik vergehen.

Ich aas:
1 Brot
1 Liptauer
1 Käse
1 Kronprinz Rudolf

PS: auch mein Bildschirm vergeht.

Cristis Würstelfingergehirn

Keine Angst! Mich hat nicht die Apokalypse verschlungen. Es war das Wochenende, das mich beschäftigt hat. Ich hatte am Donnerstag keinen Bock mehr auf irgendwas. Bin weg, raus aus der Wohnung.
Und dann wieder rein. Und Süßigkeiten habe ich gekauft in der kleinen Bäckerei ums Eck und mich davon das Wochenende über ernährt. War viel allein, habe geraucht, die Waffen geölt und mir Notizen gemacht.
Ich mach mir zur Zeit jede Menge Notizen. Auf den Wänden, auf den Möbeln, am Clopapier.
Apropos Clopapier. Der Bildschirm meines Computers hat bereits sieben vertikale Permamentstreifen, Bildschirmstörungen. Drei gelbe, drei blaue und einer ist lila. Ein achter Streifen zuckt bereits ab und zu von oben herab. Bald wird auch er sich manifestiert haben. Und dann warte ich auf den nächsten (auch wenn es nicht so schnell geht, wie zuerst erhofft)

Der Lacrima Cristi leert mein Gehirn. Das ist gut.
Ich aas:
1 Lacrima Cristi
3 Stück Mohnkuchen
1 Guglhupf
1 Laib Brot
1 Liptauer (hat die dicke Bäckerin selbst gemacht, mit ihren klebrigen Würstelfinger)