Nachbarin I

(Inhaltsverzeichnis)

Es läutete, ich schreckte hoch, musste wohl geträumt haben. Schwankend öffnete ich die Tür.
„Kann ich bei dir duschen?“
Nein. Ich warf die Tür zu. Es war die Nachbarin.
Ich latschte zum Kühlschrank und schnappte mir ein Bier. Patzte mir beim Öffnen die Socken voll. Ging zum Fenster, zündete mir eine Zigarette an und versuchte, die Kratzgeräusche, die die Nachbarin da draußen an der Tür verursachte, zu ignorieren.
Ich beobachtete im Baum einen Vogel, der einen anderen Vogel vergewaltigte. War etwas verkatert. Das Kratzen an der Tür nahm kein Ende. Jetzt trommelte sie mit ihren Fingernägeln an die Tür. Wieder ging die Glocke mit ihrem schrillen Schrei los.
„Also was ist?“, fragte ich die Nachbarin durch die geschlossene Tür. Ich spähte durch den Spion und bemerkte erst jetzt, dass sie mit einem Bademantel bekleidet war und auf dem Kopf irgendein Handtuch zu einem Turban verdreht hatte.
„Ich hab wieder Probleme mit dem Wasser und wollte dich fragen, ob ich bei dir duschen kann!“, krächzte sie mit verschlagener Stimme, „Komm schon, Matla, hier zieht’s!“
Es gibt zwei Kategorien von Menschen. Die, vor denen man ewig Ruhe hat und die, die vor der Tür stehen.
„Na gut, komm rein.“ Ich bin ja kein Unmensch. „Und mach’s kurz.“
Ich öffnete langsam die Tür und die Nachbarin hopste schnell durch den noch kleinen Spalt herein, so als fürchtete sie, ich könnte es mir von einem Moment zum nächsten anders überlegen. Und da hatte sie nicht Unrecht.
„Wie geht’s denn, Matlachen?“ Sie wollte mir einen Kuss aufdrücken, doch ich zog meinen Kopf mit einer Drehung gekonnt aus der Schlinge – ich glotzte besorgt auf die Uhr und tat so, als hätte ich es eilig.
Sie spazierte ins Wohnzimmer, sah sich um, tanzte dabei fröhlich im Kreis herum und zählte mir auf, was sich seit ihrem letzten Besuch in meiner Wohnung alles verändert hatte. Es handelte sich jedoch meist um Dreck.
„Schau bitte weg!“, sagte sie, machte Anstalten ihren Mantel zu öffnen und blickte mich dabei provozierend an.
Ich drehte mich schnell zu meinen Pflanzen und schaltete die Wachstumslampe ab. Die Nachbarin hatte heute wieder besonders gute Laune.
„Hast du heut überhaupt noch warmes Wasser?“
„Weiß auch nicht. Die Badewanne jedenfalls geht noch immer nicht. Musst die Dusche nehmen.“, sagte ich und fühlte meinen Puls an der Halsschlagader. Ich drehte die Wärmelampe wieder auf und zupfte etwas an den Blättern herum. Das ist alles, was einem in meinem Zustand bleibt.
Aus den Augenwinkeln sah ich, wie sich die Nachbarin nackt ins Badezimmer verzog, ihr Bademantel blieb leblos am Boden im Wohnzimmer liegen. Ich machte einen kräftigen Zug am Tschick und versuchte, mich zu entspannen.
Ich hörte, wie die Nachbarin einen angewiderten Schrei ausstieß.
„Sag mal, baust du in der Badewanne noch immer dieses widerliche Zeug an?“, rief sie.
„Reis. Es ist Reis.“, murmelte ich in mich hinein. Jede Erklärung war überflüssig, sie würde das nächste Mal wieder davon anfangen.
Ich stellte mich zum Fenster, kratzte einen Fliegenschiss weg, der mir dabei fast ins Auge gehüpft wäre, und suchte einen freien Platz im Aschenbecher. Mit dem Daumen zerquetschte ich den Tschickstummel. Wir alle waren nur ein Fliegenschiss auf der Erdoberfläche.
Bald darauf ging das Wasser an. Es war nicht zu überhören. Egal wer in diesem Haus den Wasserhahn aufdrehte, er setzte ein unglaubliches Inferno an Geräuschen in Gang. Einen kontinuierlichen, gehirnzerfetzenden Pfeifton und heftiges Rumpeln. Niemand konnte es sich erklären. Ich stellte mir immer vor, wie auf Grund der durchgerosteten Rohrleitungen aus dem zweiten Weltkrieg Teile der Zwischendecken geflutet wurden und das kochend heiße Wasser die fetten Ratten in Panik um ihr Leben rennen ließ.
Das Warten wurde mir bald langweilig. Scheinbar war noch genug warmes Wasser vorhanden, denn die Nachbarin ließ sich Zeit bei ihrer Dusche. Ich suchte mein Handy und ging damit leise zur Badezimmertür. Sie war nicht geschlossen. Ich drehte das Mobiltelefon langsam in meiner Hand und überlegte, ob ich ein Foto schießen sollte. Nein, es würde sich wahrscheinlich keiner an diesem Anblick erfreuen. Stattdessen wählte ich die Nummer der Nachbarin. Der Bademantel im Wohnzimmer klingelte. Scheißklingelton.
„Mein Handy läutet, Matla. Bringst du’s mir?“
Ich nahm den Bademantel und durchsuchte ihn. In der linken Tasche fand ich das Telefon, drei Tabletten, eine davon gelb, und ein mittelgroßes Zäpfchen. In der rechten eine Haarbürste und ein grünes Höschen. Ich ging zur Badezimmertür zurück.
„Na komm schon! Gib‘s mir rein! Schnell!“, rief sie mir in einem einladenden Tonfall zu.
Ich wartete bis das Handy der Nachbarin von selbst zu läuten aufhörte. Ehrlich ein Scheißklingelton. Einer von denen, die dich ins Irrenhaus bringen.
„Na geh! Was bist du nicht reinkommen und hast es mir gegeben, Matla?“
Ich weiß nicht, die Nachbarin ist eine Art Exhibitionistin.
„Du bist heute wieder mal sehr komisch, Matla!“, seufzte sie und drehte das Wasser ab. Das Pfeifen und das Rumpeln hörten sofort auf. Man konnte richtig spüren, wie sich die Nerven eines ganzen Hauses beruhigten.
Ich ging aufs Clo und blieb dort bis ich sicher war, dass die Nachbarin wieder ihren Bademantel anhatte.

Ich beobachtete sie, wie sie sich mit dem Handtuch, das ihr vor der Dusche als Turban gedient hatte, heftig die Haare abruppelte und danach in erstaunlich kurzer Zeit mit einer Bürste wieder Ordnung in dieses Chaos brachte.
„Hast du was zu trinken, Matlachen?“
„Ja, etwas Wein. Aber ich muss dann noch arbeiten, du wirst also bald gehen.“, sagte ich. Ich angelte ein Glas aus dem Misthaufen in der Spüle, wusch den gröbsten Dreck ab und schenkte der Nachbarin ein Vierterl ein. Sie nahm es dankbar an und machte einen kräftigen Schluck. Dann schnorrte sie sich noch eine Zigarette.
„Matlachen, ich hab einen Psychotest für dich gemacht.“, eröffnete sie und legte sich mit einem kecken Blick aufs Sofa.
„Hm, Psychotest für mich gemacht. Versteh ich nicht.“ Ich versuchte mich zu konzentrieren.
„Jaja, du bist ein sogenannter ‚Verträumter Individualist‘, mein Lieber. Ja, so schaut’s aus!“, kicherte die Nachbarin. Sie rückte ihre Titten zurecht, die aus dem Bademantel zu rutschen drohten.
„Blödsinn. Ich bin doch nicht verträumt! ‚Verkappter Kommunist‘ würde besser zu mir passen!“, ich lachte spöttisch – aber nur kurz, denn Politik war mir eigentlich schnurzegal. „Du, ich glaub, du kannst nicht einfach hergehen und einen Psychotest für andere Leute machen. Das geht nicht. Du kannst für mich vielleicht den Müll runter schleppen, aber du kannst für mich keinen Psychotest machen. Du kennst mich ja gar nicht in Wirklichkeit.“
„Ich kenne dich besser als du denkst. Nach all den Jahren! Matlachen, ich bitte dich!“
„Hör auf mit dem ‚Matlachen‘, das geht mir auf den Sack!“, maulte ich.
Jahre! Ich trank mein Glas mit einem Riesenschluck aus – was auch schlagartig meinen Kater in Luft auflöste – und schenkte mir und der Nachbarin noch nach. Langsam besserte sich meine Stimmung.
Ich sagte:“Weißt du, ich hab auch mal so einen Test gemacht.“
„Ja?“
„Ja.“ Ich ließ mich mit einer neuen Zigarette ins Fauteuil fallen. „Und zwar einen Autismustest.“
„Echt? Für mich?“, fragte die Nachbarin.
„Nein, für mich. Und zwar sind irgendwelche Forscher draufgekommen, dass die Grenze zwischen Autismus und Nicht-Autismus ziemlich wässrig ist. Man kann nicht sagen, der ist ab dem und dem Zeitpunkt Autist oder der ist keiner. Weißt du? Kann also gut sein, dass wir beide ziemlich autistisch sind und keiner merkt’s. Meine Punktezahl bei diesem Test jedenfalls war eher hoch. Was bedeutet, dass ich ein ziemlicher Autist bin.“
Schlagartig verstummte die Nachbarin ob dieser neuen Informationen. Man konnte geradezu ihre Gedanken rasen hören, wie sie versuchte, ihre Welt neu zu ordnen, mich in einer anderen Schublade unterzukriegen.
Eine Weile saßen wir einfach nur da, tranken, ich konnte es dennoch nicht genießen.
„Schenkst mir noch nach?“, unterbrach die Nachbarin die Stille geistesabwesend. Sie sah noch immer mit gefurchter Stirn in ihr Weinglas und versuchte aus mir schlau zu werden.
Gut. Arbeiten konnte ich heute sowieso vergessen und Lust hatte ich auch keine mehr. Wir tranken außerdem schnell. Das bedeutete nichts Gutes.
„Aber nachher musst du wirklich gehen. Ich muss echt noch was hackeln, sonst bekomm ich Ärger.“ Und während ich routiniert die Gläser füllte, erzählte ich noch mehr.
„Weißt du, die Geschichte geht ja noch weiter. Da gibt’s eine leichte Form des Autismus, das sogenannte Asperger-Syndrom. Mangelndes Interesse an sozialem Umgang, Unfähigkeit im sozialem Verhalten, eigenartig starrer Blick und sowas. Es fällt vielleicht gar nicht jedem auf, nur den engsten Verwandten. Hab da bisschen was gelesen darüber. Trifft irgendwie vieles auf mich zu.“
„Hm, ja. Irgendwie schon. Jetzt wo du es sagst.“, murmelte die Nachbarin nachdenklich.
„Aber das wichtigste an diesem Asperger-Syndrom ist, dass man in irgendeinem Bereich eine extreme Gabe hat. Man ist da das volle Genie. Weißt du? Man kann Dinge, die sonst keiner kann. Man versteht Dinge, die sonst keiner versteht. Und es gibt da nicht wenig Prominente, die das haben. Oder hatten. Und ich habe dazu auch eine eigene Theorie…“
„Wirklich? Wer hat das zum Beispiel?“, interessierte sich die Nachbarin.
„Naja. Beethoven, Mozart, Kafka, Thoreau, äh….. Einstein, Edison, Bill Gates und…. ja auch Bob Dylan. Und viele mehr. Die alle haben die Welt irgendwo stark beeinflusst. Musikalisch, künstlerisch, technisch, philosophisch, was auch immer. Diese Asperger-Syndrom-Typen haben…. andere Gedanken….. Die sehen die Welt aus einer völlig anderen Perspektive und können da ansetzen. Verstehst du mich? Und ich sag dir noch was. Weißt du, was ich glaube? Ich glaube, die Menschen würden noch immer in Höhlen sitzen und Steine klopfen, wenn es keine Autisten gäbe. Ich glaube, die Autisten haben die Welt zu dem gemacht, was sie heute ist. „
„Hm. Das ist deine Theorie?“
„Genau.“
„Klingt aber nicht sehr plausibel, Matla. Du erzählst mir da schon wieder irgendeinen Scheiß.“
„Warum? Du weißt doch, vor ein paar tausend Jahren gab es da diesen plötzlichen Sprung, den die Menschheit gemacht hat. Zuerst Jäger und Sammler und dann, Peng! , Ackerbau und Viehzucht. Ich sag dir, irgendein Asperger-Genie hat sich damals einfach gedacht: ‚Hey, wir sind eigentlich Idioten. Jagen da den Mammuts nach, suchen im Dreck nach Beeren. Wozu? Lasst uns doch einfach Spinat anbauen!“
Die Nachbarin lachte: „Und warum hast du mir da letztes Mal was von Außerirdischen erzählt?“
„Außerirdische? Ja, die haben die Menschen gezüchtet und ihnen die Autisten als geistige Führer gegeben.“ Ich fühlte meinen Puls an der Halsschlagader. Er raste, musste die Nachbarin schleunigst los werden. „Du, nach der nächsten Flasche gehst jedenfalls nach Hause.“

(Inhaltsverzeichnis)

Rezept des Tages: Netkeks im bluesigen Herbstkretin

Bis heute konnte meine dunkle Seele vom Wochenende zehren. Einem Wochenende von Aussichtslosigkeit geschwängert, geboren aus der Verzweiflung, am Leben erhalten durch Agonie. Ich bin im Bett gelegen und hab mich durchgehend mit Netflix-Serien zugedröhnt. Mit grausamen Serien, in denen es den Menschen schlecht geht, in die Enge getrieben, ohne Ausweg, gefoltert, ermordet, dahinsiechend, unterdrückt, geschunden und vergewaltigt. Nach einigen Stunden des Schauens haben mich diese Eindrücke… in eine gewisse Zufriedenheit fallen lassen… diese Serien waren wie eine Bestätigung. Ja, die Welt ist grausam, ja, das Leben hart, ja, jeder Schritt nach vorn ist mit unendlicher Mühsal und Kummer verbunden!
Meistens enden diese Serien ja nie bzw. wenn, dann nur so wie es im richtigen Leben passiert. Man glaubt, alle Probleme seien nun gelöst, aber dennoch gibt es irgendwo noch diesen einen Cliffhanger, der dich mit dem Schwanz in der Hand stehen lässt und dir bestenfalls sagt, dass du das Schlimmste erst noch vor dir hast.

Während ich mich im Bett in meiner Herbstdepression suhlte, versuchte sich die Nachbarin im Weihnachtskeksebacken. Vier Sorten buk sie:

  • Vanilleengerlinge
  • Zimtfladen
  • Lebkuchenkretins
  • Gebrochene Herzen

Deine Aufgabe für heute: kannst du diese zuordnen?

Kleine Zusatzinformation am Rande: warum „Gebrochene Herzen“? Ein Biss in den Keks lässt diesen in tausend Stücke zerfallen.

Ich aas:
1 Kekschaos

 

Artus Schlammloch

Am dritten Tag mit meinen neuen Sportschuhen dachte ich mir, dass nun die Zeit gekommen war, um meine sportlichen Aktivitäten etwas auszuweiten, um zu sehen, ob die Schuhe physisch mit mir mithalten konnten, das Material zu prüfen, zu erkennen, ob der Preis gerechtfertigt war. Also stieg ich in die nächste Bim und… fuhr in den Wald. Damit die Einsamkeit und die Langweile mich nicht übermannen konnten, hatte ich den Flachmann und einen Joint dabei. Auch Taschentücher, denn meine neuen Sportschuhe wollte ich jederzeit und bei Bedarf einer gründlichen Reinigung unterziehen können.
Ja, und da stand ich nun im Wald. Rund um mir die kaputten Bäume, alle ohne Blätter… wie nach einem verheerendem Säureregen oder Ungezieferbefall, über mir… nichts und unter mir Gatsch ohne Ende. Nun, nichts überstürzen, sagte ich mir und nahm einen beherzten Schluck aus dem Flachmann. Da hörte ich auch schon das erste grantige: „Aus dem Weg!“ Ein Jogger, der mich fast umgerannt hätte, wenn ich nicht zur Seite gestiegen wäre.
„Nua kan Streß!“, rief ich der armen Sau nach. Ist es das, was Sport aus uns machte? Gestresste arme Säue?
Joint in den Mund, angezunden und reingezogen den heilenden, kräftigen Kräuterdunst. Die Welt, die sich zu drehen begann, verbesserte etwas meine Laune. Ich begann herum zu latschen und schrie jedem Läufer ein freundliches „Nua kan Streß!“ entgegen. Eine Zeit lang stellte ich mir vor, dass ich in eine Treibjagd geraten war und die Läufer von Rekruten des österreichischen Bundesheeres zu Tode gehetzt wurden. Da waren dermaßen viele Läufer… vielleicht waren sie alle in diesem Sperrgebiet eingepfercht und suchten Ausgänge, Schlupflöcher, rannten um ihr armseliges Leben. Bald würden die ersten Querschläger aus den StG 77 kommen und das Gehudel noch verstärken. Haha!
Als der Joint schon fast dahin war, fühlte ich mich ziemlich abgehoben. Mit hängenden Schultern stolperte ich durch Gestrüpp und Geäst… das Gesicht, die Hände zerkratzt, den Wald, den wünschte ich zum Teufel… das Gras wirkte dieses Mal nicht so wie ich es mir erwünscht hätte, aber kein Wunder… in diesem Chaos, in diesem Dreck hier… Und… und plötzlich erstarrte ich! Das war wie ein Schlag ins Gesicht! Da standen zwei bunte Schuhe vor mir! In einem riesigen Schlammloch! Ich… war völlig überfordert! Kein Mensch weit und breit, keine Läufer, keine mordlustigen Rekruten, nichts! Mit weit aufgerissenen Augen blickte ich auf meine neuen Sportschuhe hinab, dann wieder auf die anderen Schuhe… so bunt… ich wusste nicht, was ich machen sollte. War das ein Hinweis? Sollte ich in diese Schuhe… äh… „einsteigen“? Oder war es eine Falle? Eine Halluzination? Zitternd fischte ich mein Handy hervor. Wenn ich diese plötzlich aufgetauchten Schuhe fotografieren konnte, war das alles mit ziemlicher Sicherheit keine Halluzination! Zack, Foto. Gut, das war geklärt. Sollte ich es wagen, wie König Artus sein Schwert Excalibur aus dem Stein, die Schuhe aus dem Schlamm zu ziehen? Aber da kam sie… ganz leise schlich sie sich an… von hinten… die Panik. Die Panik, oh heimtückische, sie erfasste mich! Ich entschied mich für die Flucht. Hals über Kopf, über die Schuhe drüber, ohne zurück zu blicken, ohne zu denken, einfach weg!
Leider war dann ziemlich Sendeschluss für mich. Programmende. Finsternis. Als ich irgendwann daheim zu Sinnen kam, war ich einerseits zwar sehr erleichtert, andererseits aber leider, leider auch ohne meine neuen Sportschuhe. Sie waren spurlos verschwunden. Ich nehme an, irgendwo versunken im Schlamm. Archäologen in tausenden von Jahren werden sich freuen.

Ich aas – ein letztes Mal sportlich:
1 Ritter Sport Voll-Koffer
1 Mohnflesserl mit Extra, Käse und Eier

Dilemma III

Dies ist der letzte Abschnitt der Analyse bevor wir zur Lösung aller Probleme der Menschheit kommen. Nachdem wir den Zustand der Welt im Allgemeinen belächelt haben, möchte ich im Speziellen noch etwas zu einem Thema sagen, das gerade sehr aktuell ist. Sehr, sehr gefährliches Terrain.
Unterschiede sind gut. Individualität ist gut. Nationalstaaten sind gut (man stelle sich eine Weltregierung unter Trumps Führung vor!). Besinnung auf alte Werte, Traditionen sind gut. Europa ist gut. Die ganze Welt ist gut, alles ist gut. Aber nur, solange jeder dort bleibt, wo er herkommt. Geht aber nicht. Niemals! Kriege, Klimawandel. War schon immer so und wird immer so sein. Menschen bewegen sich, Völker bewegen sich. Zivilisationen verschwinden und entstehen.
Das eben bringt leider mit dem derzeitigen System und mit dem, was es aus uns macht, jede Menge Probleme. Auf der einen Seite, will man nichts verlieren, den ach so schönen Lebensstandard zum Beispiel, oder irgendwelche verlogenen Werte, auf der anderen Seite will man seine Kultur und Religion nicht aufgeben. Auf der einen Seite will keiner Kinder kriegen, weil das Vorwärtskommen im System wichtiger ist, auf der anderen Seite verlangt aber unser auf unendliches Wachstum aufgebaute System – wie zuletzt besprochen – ständig nach mehr Konsumenten und Steuerzahlern.
Ja, so stellt sich der kleine Matla die Welt vor. Wenn das auch sehr oberflächlich betrachtet erscheint, kristallisieren sich doch die Faktoren heraus, die die Welt ins Chaos stürzen.

Dazu und wie das Raumschiff Enterprise schließlich die Menschheit rettet, kommen wir das nächste Mal, liebe Kinder.

Ich aas:
1 Mohnflesserl mit EKG

Tausend Schillinge und die Urlaubskuh

War gerade in der U-Bahn. Vollgestopft mit Fleisch, hatte kaum Platz zum Atmen! (Wenn es in Wien regnet oder – Gott bewahre! – sogar schneit, versagt jegliche Technik und die Menschheit versinkt in Chaos.)
Also da stand ich eingezwängt wie Schlachtvieh im Tiertransporter und versuchte, mit all meiner gedanklichen Kraft mir Leere und Nichts rund um mich vorzustellen. Leider ohne Erfolg, denn eine dumme Kuh (Hallo Schlachthof!) mit Kinderwagen stand genau vor meinem Gesicht und telefonierte unentwegt.
„Ja, wir dachten uns, so ca. 1000,- Schilling. Das war damals so üblich. Das sind so ungefähr 100,- Euro.“
Dann redete der auf der anderen Seite der Leitung. Weiter gings:
„Ich kann mir aber nicht frei nehmen, weil schon drei andere in der gleichen Woche frei haben“
Der andere. Und dann:
„Ja, weißt du, wenn wir wo sind, dann schenken wir so ca. 100,- Euro. Das war schon damals so. Damals waren das 1000,- Schilling.“
Kurze Pause.
„Blöd, wahrscheinlich bekomme ich da keinen Urlaub. Drei andere haben da schon frei.“
Pause. Mir wurden langsam die Eier runzlich!
„Ja, glaub‘ ich auch. Gute Idee. 100,- Euro. Früher in der Familie haben wir das immer mit 1000,- Schilling gemacht.“
Ich nutzte die nächste Pause, um meine Position zu wechseln und latschte der Kuh auf die Schuhe.
„Der Sascha hat gemeint, dass ich in Krankenstand gehen soll. Weil ich kann mir da keinen Urlaub nehmen, weil drei Kolleginnen genau in der Woche schon weg sind.“
Ich blickte in ihren Kinderwagen und bemerkte, dass er leer war. Ich stieg der Kuh nochmals auf die Zehe, um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen und deutete in den Kinderwagen. Vielleicht war das Kind ja mit den verschissenen 100,- Euros in den Urlaub gefahren, weil die blöde Kuh von Mutter den ganzen Tag nur zwei Sätze redet! Die jedoch sah mich nur mit gerunzelte Stirn an und ließ wieder einen ihrer beiden Sätze ins Telefon.
Als ich der Nachbarin, die schon wieder(!) etwas für mich kochte, die Geschichte erzählt hatte und ihr meine Eier mit der Frage präsentierte, ob sie runzliger als gestern wären, befühlte sie sie kurz und meinte dann nur: „Hm, gute Idee. Ich geb‘ dir Spiegelei über den Toast.“ Dann riss sie mir ein Hodenhaar aus, dass mir die Tränen in die Augen schossen!

Ich aas also:
1 Toast mit Spiegelei darüber

Putzland XI

Hier gehts zum Anfang der Geschichte

„Aber warum habt ihr uns nicht einfach gefragt?“, wollte der kleine Gimp wissen, „Wir sind ja berühmt dafür, dass wir alles gut putzen. Wir hätten euch einfach eine Putzkompanie geschickt und die Sache wäre erledigt gewesen.“
Der Putzteufel seufzte ein paar Mal und antwortete dann: „Ja, aber das geht eben nicht. Ihr putzt ZU GUT! Wir aus dem Schwanz- und Fotzenland mögen ja eigentlich, wenn’s ein bisserl schmutzig, dreckig, schleimig, glitschig ist, wenn ein sanfter Schweißgeruch über unser Land zieht.“
Der Gimp überlegte eine Weile, während das am Hauptplatz des Putzlandes versammelte Putzvolk sich über die Fremdartigkeit der elf Beidln aus dem Schwanz- und Fotzenland wunderte.
„Wie ist es eigentlich soweit gekommen, dass euer ganzes Land so verdreckt ist?“, fragte der kleine Gimp den zusammengeschrumpften Beidl von einen Putzteufel, der gar verzweifelt dreinsah.
„Eine sehr gute Frage und ich bin froh, dass sie gefallen ist. Ich zeig es dir… ich muss nämlich eh gerade…“, sagte der Putzteufel knapp. Und da brach ein unglaubliches Inferno los! Der Putzteufel richtete sich auf, streckte sein Kreuz durch und…. pisste los. Am Hauptplatz des Putzlandes spielte es sich ab, als wäre urplötzlich ein nie dagewesener Wolkenbruch ausgebrochen. Die Putzfrauen und die Putzmänner stoben zeternd auseinander, liefen sich gegenseitig über den Haufen, kreischten und waren völlig aus dem Häuschen. Die Pisse des Putzteufels ergoss sich über weite Teile des Hauptplatzes, riss Marktstände um, ließ den Brunnen mit dem reinsten Wasser der Welt überschwappen, brachte die Putzleutchen, die solch eine verpisste Landschaft nicht gewohnt waren, zum Kotzen. Binnen kürzester Zeit herrschte auf dem Hauptplatz des Putzlandes und in seinen näheren Umgebung solch ein Zustand, wie er noch nie im Putzland gesehen worden war.
Doch es dauerte nicht lange und die Putzfrauen und die Putzmänner begannen das zu tun, was sie am besten konnten. Sie putzten. Und wie sie putzten! So etwas, so ein Chaos, so eine Unordnung, so ein verpisster Hauptplatz war im Putzland schließlich nicht zu tolerieren.
Der kleine Gimp sagte: „Nun gut. Es ist wahrlich kein Wunder, wenn ein pissender Beidl allein solch ein Unglück anrichten kann. Was vermag dann erst ein ganzes Volk?“
Der Putzteufel: „Genau. Siehst du, ich sag’s ja.“
Der Gimp stellte sich den Rand des Brunnens am Hauptplatz und sprach zu dem fleissig putzenden Putzvolk: „Einer von uns sollte mit diesen elf armen Beidln ins Schwanz- und Fotzenland ziehen, um zu helfen, wo es nur zu helfen geht!“
Die Idee des kleinen Gimp gefiel den Putzfrauen und den Putzmännern: „Ja, geht du! Du sollst der neue Ombutzmann sein! Geh ins Schwanz- und Fotzenland und hilf den armen Beidln!“

Weiter zu Teil 12

Und so geschah es auch – lesen Sie morgen über die merkwürdige Reise des kleinen Gimps ins Schwanz- und Fotzenland.

Ich bin im Rattenloch – wie erschreckend die Menschen sind, wenn man lange Zeit nicht mehr unter ihnen war – und aas:
1 Eibrot
1 Liptauerbrot
1 Saft
1 großen Braunen

Das Leiden des jungen O.

Zusammengefahren bin ich, als wäre neben mir der Blitz eingeschlagen! Da sitze ich nichtsahnend auf einem Stapel alter Pornomagazine, rauche mit der Shisha etwas Dope und überlege gerade, ob ich den Montag mit Arbeit nutzen oder mit Alkohol vergessen soll, als ein Knall an der Wohnungstür meine sonnigen Frühlingsgehirnwellen ins Chaos stürzt.
Ich zuckte, mit der Zehenspitze trat ich dabei an die Wasserpfeife, die drohend zu wackeln begann. Die gerade erst richtig in Fahrt gekommene Kohle wäre schon fast auf die am Boden zerstreuten Zeitschriften gefallen, ein flammendes Inferno auszulösen. Ich konnte das Schicksal ändern, ich entkam dem feurigen Tod. Verwirrt sprang ich auf, rannte zur Tür, riss sie auf, egal was da kommen mochte! Und was sah ich? Du meine Güte! Ein liebes, süßes, kleines, ganz unschuldiges, zartes, zerbrechliches, blaues Osterei. Oh nein! Es war verletzt! Mit Tränen in den Augen hob ich es vorsichtig vom kalten Boden auf, trocknete vorher noch meine zittrigen Handflächen an meiner Unterhose ab, beschützte das kleine Ei vor der gausamen Welt. Ich führte meine Hände an den Mund, hauchte behutsam in die kleine Öffnung, die ich ließ, um es nicht unabsichtlich zu ersticken. Flüsterte dem Ei beruhigende Worte entgegen. „Schschschsch, kleines Ei. Brauchst keine Angst nicht haben, ich bin ja da. Jetzt wird alles gut.“
Ich sah, wie das kleine Osterei litt. Es hatte Schmerzen, mehrere Sprünge zogen sich auf einer Seite quer über seinen gesamten Körper.
„Ich werde dich abschälen und dir ein neues Zuhause bauen. Weißt du, ich hab unterm Bett etwas Gips.“
Um weiteres Leid zu vermeiden, entnahm ich dem kleinen blauen Ei die verletzte, zersprungene, kaputte Hülle.  Wie niedlich es mich ansah, das liebe Ei, aus dankbaren Augen! Ich stellte es auf einen Teller, mein Gott, das Arme! Es konnte kaum aufrecht stehen bleiben! Mit gemeinsamer Anstrengung schafften wir es aber schließlich doch noch. Wacker hielt es wie ein müder Wächter die Stellung!
Ich zündete mir eine Zigarette an, ohne das kleine blaue Ei aus den Augen zu lassen. Ich zog den Rauch tief in meine Lunge ein. Machten wir uns nichts vor. Es war so gut wie tot. Ohne schützende Hülle würde das Ei nicht lange überleben. Und ich konnte nicht immer da sein, um es zu behüten. Nein, das würde nicht gehen. Ich konnte mein Leben nicht für das Osterei aufgeben.
„Kleines Ei. Glaubst du an ein Leben nach dem Tod?“, fragte ich das Ei, um es abzulenken und steckte ihm die brennende Zigarette in den Mund.
„Mach mal einen tiefen Zug, mein Kleiner.“
Das Ei wurde zuerst etwas grünlich, dann grau.
„Weißt du, ich will ehrlich sein zu dir. Es geht mit dir zu Ende.“
Ein erleichteter Seufzer. Das arme Ei! War es schon so weit, dass selbst die Nachricht des nahen Todes wie eine frohe Botschaft für es war? Ich nahm mir die Zigarette wieder und streichelte das Osterei zärtlich mit meinem Zeigefinger. Es sollte nichts von alldem mitbekommen, es würde schnell gehen.
„Ich verspreche dir eines. Ich werden den finden, der dich an meine Tür geworfen hat. Auch sein Kopf wird zerschellen!“
Prack! Meine flache Hand landete am Ei und zerquetschte es mit einem gekonnten Hieb! Rasend unerwartet, tödlich einfach.
Lebwohl, kleines Osterei.

Ich aas:
1 Krokodilsbirne
1 blaues Osterei
1 Brot

Halbsteife Baustelle

Ich hab alles hingeschmissen. Vor meinem Clofenster eine Baustelle, in der Wohnung darunter eine Baustelle, mein Gehirn eine Baustelle. Zuhause halt ich es nicht aus. Lärm, Staub, Kran, Mischmaschine, Bagger, kleiner Bohrer, großer Bohrer, die Gedanken, die mich erschlagen. Um dem Trubel der äußeren Baustellen zu entgehen, habe ich die Wohnung verlassen, um dem Chaos in meinem Inneren zu entgehen, bin ich während der Arbeitszeiten beim Brandinesa und trinke. Das dir mitzuteilen habe ich kurz den Einstieg in meine Wohnung gewagt. Und dann bin ich wieder weg.

Ich aas nebenbei – bevor es verfault:
1 weicher Winterapfel
1 halbsteifes Weckerl
1 Ziegel Gouda
1 Liptauer

Werbung in der Finanzkrise

Ich bemerke nichts von einer Finanzkrise. Mein Leben war sowieso schon immer eine einzige Finanzkrise und wenn die Welt um mich jetzt auch in eine Finanzkrise stürzt… naja…. wie soll ich sagen… ist mir eigentlich nur recht…. das ist quasi die ausgleichende Gerechtigkeit. Warum soll immer nur ich am Rande des Abgrunds entlangwackeln? Warum soll ich immer einsam im Rachen des Todes ums nackte Überleben kämpfen? Allein macht das nur den halben Spaß! Würden wir gemeinsam am dünnen Lebensfaden entlangtänzeln, könnte zumindest einer dem anderen im Notfall noch schnell Stütze sein, bevor er zur Hölle fährt.
Nun, Krise hin, Krise her, ich gehe davon aus, daß du sowieso nicht verstehst, was ich meine. Aber eines laß dir gesagt sein, mein Freund! Würde die Welt am Ende doch ins absolute Chaos stürzen, kein Stein auf dem anderen bleiben, alles den Bach runtergehen, laß mich bloß mit deinen Problemen zufrieden! Ich will dann nicht so Dinge hören wie: „Der Matla hat so ein kummervolles Leben hinter sich, ständig in der Krise, kein Geld, kein Rock’n’Roll, kein Sex, nur Alkohol und Drogen, warum hilft er uns nicht? Warum zeigt er uns nicht, wie man das durchsteht?“ Ja, das kannst du dann vergessen, Alter! Dann ist es zu spät!

Darum beten Sie mich schon jetzt als Ihren einzig wahren Propheten an, befolgen Sie mein Wort und meine heilige Schrift, lassen sie sich von Johannes iBaptist, meinem einzigen Leser, taufen und schicken Sie mir all Ihr Geld (und ein paar Jungfrauen) und ich kann Ihnen versprechen, daß auch Sie die Apokalypse überleben werden. Als des Propheten Kinder werden Sie glücklich verenden. Danke.
(Oder kaufen Sie alternativ meine getragene Unterwäsche für 129,59 Euro pro Tigertanga.)

Ich aas:
1 Brot
1 Topfen
1 Käse
2 grüne Riesennasenmänner

PS: Vorbestellungen werden unter kasperlpost@matla.at entgegengenommen!

Weiß der Kuckuck hetero?

Zu früh gefreut. Ich bin nicht tot. Ich hatte gestern bloß keine Zeit für diesen Scheiß hier, weil die Kugelschreiberbranche traditionellerweise zu Weihnachten hin immer in Streß und Chaos versinkt. Vierzehn-Stunden-Tage sind da keine Ausnahme. Ich war die letzten Wochen fast nur im Rattenloch, ich hatte schon überlegt, ob ich nicht gleich im Auto übernachten soll.
Und das Schlimmste dabei war dieser Admiral Weißderkuckuckwiederheißt. Sitzt der doch die ganze Zeit mit einem dämlichen Grinsen im Gesicht mir gegenüber und starrt mich an, während ich von irgendwelchen Rattenlochandroiden belagert und mit Fragen, Anforderungen und technischen Details zu Kugelschreibern gequält werde. Als ich zwischendurch einmal die Gelegenheit hatte, nahm ich einen schwarzen Filzstift und latschte aufs Clo, um zu pissen. Ich hab dem Admiral dann eine Nachricht in der letzten Kabine hinterlassen – das ist die, in der er nachmittags immer sein Schläfchen zu halten pflegt. Ich schrieb auf die weißen Fliesen an eine Stelle oberhalb des Heizkörpers mit leserlichen und sauberen Lettern : „Schau nicht so blöd, du Schwuchtel.“
Danach konnte ich den Androiden gar nicht mehr richtig zuhören, sondern wartete ganz gespannt darauf, daß der Admiral endlich schlafen gehen möge.

Ich erwarte mir von einem Schwulen, daß er mich genausowenig anbaggert, wie ich als Hetero eine Frau.

Heute bin ich endlich wieder daham und ich aas:
1 Schachtel zergatschte Eier