Ich mache es heute wie Ferdl, mein Lieblingskellner. Das hat er heute auf seine Tafel geschrieben:
Genauso werde ich jetz
+ Tschau
Ich mache es heute wie Ferdl, mein Lieblingskellner. Das hat er heute auf seine Tafel geschrieben:
Genauso werde ich jetz
+ Tschau
Und dann ging Matla mit seinen Stimmen zum Brandinesa. Alle waren dabei. Das lustige Grüppchen marschierte fröhlich und lachend die Straße entlang, Matla einige Meter hinter ihnen. Missmutig, seinen Blick auf den Boden gesenkt, die Stirn in Falten. Vanacoud hüpfte mitten unter ihnen auf und ab und schrie fast schon hysterisch: „Matla, komm schon! Geh schneller!“
Die dicke Brunnhilde betrat zuerst den Brandinesa… eigentlich wollte sie mit ihren dicken Fingern normal die Eingangstür öffnen, ihre Wampe und ihr Busen standen aber so weit vor, dass sie die Tür damit einfach eindrückte und den Kellner, der gerade eifrig zu Kunden laufen wollte, samt seinen Tablett quer durch das Wirthaus schleuderte. Herr Rudolf, der als nächster eintrat, sprang sofort dem jammernden Kellner zu Hilfe – von Kollege zu Kollege – und streichelte ihm das schmerzende Steißbein. Nun kam Johannes, der Furzer, der mit seinen Riesenfüßen gleich mal auf ein paar übergewichtige Kinder latschte, die gerade das Spektakel verfolgten. Schade drum, dachte sich Bob und stieg emotionslos mit einem großen Schritt über die Fettflecken, holte auch sogleich einen Kamm hervor, der mit schimmligen Schuppen übersät war, um seinen Moustache zu korrigieren. Als Sonja den Brandinesa betrat, füllte ihr Östrogenspiegel sofort den ganzen Raum aus. Der große Hund vom Wirten, der als erstes männliches Wesen darauf reagierte, kam auf der Stelle mit weitaufgerissenen Augen aus der Ecke geschossen und begann wie irre scharwenzelnd und speichelhechelnd unter ihrem Leopardenminirock herumzuschnüffeln. Vor Matla kam noch Vanacoud herein, der sich sofort auf den freien Platz des Wirtshaushundes kuschelte. Als Matla in der Tür stand, fragte der überkorrekte Bob sogleich: „Wo ist denn knofl geblieben?“
„Ach Gott!“, sagte Matla übelgelaunt und betrachtete seine linke Schuhsohle. „Da ist sie ja. Bin in Hundescheiße getreten.“
Ich aas:
1 Weckerl mit Zwiebelstreichwurst
2 Jausensalateier
„Und können Sie die Stimmen auch… naja… sehen, Matla?“
„Hmmm, ja. Eigentlich schon… also mehr oder weniger…“
„Und wie würden Sie sie beschreiben?“
„Hm, ja… gute Frage… fangen wir mal mit den Herrn Rudolf an. Der sieht aus wie der Kellner in einem Wiener Kaffeehaus. Lang, dünn, mit dem typischen schwarzen Anzug, weißes Hemd… Umstandsmeier… ja, dann der Furzerjohannes. Der ist wiederum mehr wie ein Hobbit. Klein und dick… und hat so Riesenfüße mit vielen Haaren drauf, sodass er gar keine Schuhe mehr tragen kann… er hat wie ich so eine schreibende Zwangsneurose… Sonja ist… eine Pornosau. Ja! Total versaut mit großen Titten… sehr gute Bauchtänzerin… trägt genietete, nach Sperma riechende Lederjacken und lacht gerne. Brunnhilde ist mehr die Big Mama, die nie lacht. Mit Flügeln am Kopf… statt der Ohren… weiß auch nicht, wieso. Wenn man der falsch kommt, zerquetscht sie einen mit ihrer gewaltigen Masse… Damenbart, schlecht rasiert, aber trägt gerne Tigerunterwäsche. Bob… hm… ist eher der korrekte Typ… fette Haare mit Linksscheitel… Hosenträger, Hornbrille, Moustache… kleine Schuhgröße, aber dafür große Augen, riecht nach Pitralon und mag japanische Zeichentrickfilme. Vanacoud sieht wie ein Kasperl aus. Lange Nase, abstehende Ohren, Hasenzähne, kleine Augen, leichter Buckel. Rote Kappe verkehrt herum am Kopf. Aber am schlimmsten ist knofl. Die einfach nur klein, dünn und blöd. Sieht eher aus wie eine alte Krautstaude.“
„Gut. Halten wir das fest und schlafen wir darüber.“
Ich aas:
1 Tube Agaffin, denn die Stimmen verursachen auch Verstopfung
Mittlerweile verfolgt mich mittags eine ziemliche Menschenmasse. Alle wollen zum Essen mit. Ich kann Jesus verstehen, wenn er in die Wüste gegangen ist! Um diesem Kult um meine Persönlichkeit ein Ende zu bereiten bin ich mit den Menschen in den Demolition-Hof gegangen. Chili war angesagt.
Der Demolition-Hof ist mit dem Morituri-Beisl nicht zu vergleichen. Er sieht eher wie eine leere Fabrikshalle aus, in die sie ein paar Heurigenbänke gestellt haben. Es zieht, es ist kalt, ungemütlich, man will lieber nach Hause gehen. Die Heurigengarnituren werden wohl täglich mit chemischen Mitteln behandelt, denn man hat beim Essen ständig den Geruch von Terpentin in der Nase.
Während sich alle irgendwie nicht so recht wohl fühlten, tat ich so, als wäre der Demolition-Hof das beste Restaurant, in dem ich jemals gewesen bin. Und dann! Ja, dann habe ich meine Falle ausgelegt! Niemand hat es bemerkt, niemand hat erkannt, in welch tödlichen Strudel sie geraten, während sie widerlich am Chili herumschmatzten. Ich habe ihnen nämlich von den Ankerkrapfen erzählt. Habe ihnen den Mund wässrig geredet – wer sehnt sich nach scharfem Essen nicht nach zarter Süßigkeit? Die Menschen – auch die, die am Nachbarstisch saßen – waren am Ende ganz geil auf Krapfen! „Zahlen!“, plärrten ein paar ungeduldig durch die Fabrikshalle des Demolition-Hofes, auf der Suche nach einem Kellner. Bald darauf führte ich die hechelnde Meute zu meiner Ankerfiliale. „Krapfen, Krapfen, Krapfen!“, stimmte die Menge einen Chor an.
Als wir zur Ankerfiliale kamen, schauten sie blöd durch die Scheibe. Denn was sahen sie? Nur noch zwei Krapfen da! Ich wußte es, mittags gab es in dieser Filiale kaum noch einen Krapfen. Ich ging grinsend hinein, kaufte mir meinen mir zustehenden Krapfen, sprach kurz mit den Verkäuferinnen und ging wieder raus zu den anderen, die noch nicht wußten, was sie machen sollten. So viel Krapfengeilheit, aber nur noch ein Krapfen da! Mir war’s egal. Beim Rausgehen biss ich so herzhaft in den Krapfen, dass es in alle Richtungen nur so davonstaubte und sagte mit vollgemampften Mund: „Und jetzt gehts scheissen!“
Später habe ich etwas von einer Schlägerei von der Filiale gehört und dass sie einem den letzten Krapfen in den Arsch geschoben haben… aber das sind wohl nur Gerüchte – ich jedenfalls aas:
1 Chili con Carne – wie hingeschissen
1 geilen Krapfen
Ich hab ihn erwischt, den Ursprung des Verhaltensmustersm, die Sau! Erwischt!
Du weißt selbst, wie das ist. Man baut sein Lebtag die gleiche Scheiße und kommt gar nicht auf die Idee, nachzudenken, warum man das eigentlich so ist.
Mag sein, dass es Zufall war, mag sein, dass es an dem langweiligen Porno lag, aber ich hab die Sau erwischt: den Ursprung eines Verhaltensmusters!
Am Wochenende wars:
Ich seh mir grad mit der Nachbarin einen Porno an. Irgendwas irritiert mich an dem Film… ich glaub, es ist das viele Gequatsche… oder etwas anderes…. ich fühle mich abgehetzt, gejagt… wie ein Tier, das um seine Nahrung kämpft…. da bemerk ich aus den Augenwinkeln, dass die Nachbarin ganz unauffällig mein leeres Glas nimmt, es mit Rotwein füllt und es dann leise wieder zu mir herüberstellt. Kaum steht das Glas mit dem roten Gold vor mir, als auch schon meine Finger zu zucken beginnen. „Rasch, greif zu! Runter damit, bevor alles aus ist!“, brüllen mich meine Gedanken an. Ich denk mir: „Warum denkt das Gehirn sowas?“ Und sage mir: „Bleib sitzen. Rühr dich nicht und wart mal ab.“ Und siehe da! Nach einer Weile ergreift die Nachbarin mein Glas, ohne hinzusehen, trinkt es fast leer und stellt es wieder zu mir hin. Ich beginne zu schwitzen. „Glas fast leer, Glas fast leer! Trinken, schnell!“, rast es mir durch die Birne. Wie ein geölter Blitz spring ich auf und zum Glas hin, doch die Nachbarin hat bereits mein Glas in der Hand.
„Warte, du hast ja fast nichts mehr drin.“, sagt sie beiläufig, trinkt den Rest Rotwein mit einem rasanten Schluck aus und füllt mein Glas wieder voll.
„Darf ich?“, fragt sie, hebt mein Glas Rotwein und sieht mich dabei gelangweilt an.
„Darfst du ‚WAS‘?“ Panik kommt in mir auf. Ich fühle meinen Puls an der Halsschlagader.
„Na einen Schluck von dir trinken.“, sagt sie und tut so, als wär ich völlig hinüber.
„Warum hast du kein eigenes Glas? Hm? Eigentlich. Warum?“, frag ich leicht atemlos.
„Keine Lust zum trinken heute.“, sagt sie, sauft das halbe Glas in einem Zug leer und stellt es wieder zu mir.
Ich setze mich, versuche mich zu beruhigen und greife zum Glas. Da! Schon wieder war sie schneller!
„Hab ich dich erwischt, du Sau!“, schrei ich sie an, klatsche laut in die Hände, ziele mit dem linken Zeigefinger genau zwischen ihre Augen und reiß ihr das Glas aus der Hand.
„Was is’n mit dir los, heute?“, fragt sie ganz unschuldig und zeigt mir den Vogel.
Ich jedenfalls weiß jetzt, warum ich immer so schnell besoffen bin, wenn die Nachbarin bei mir ist: es ist die Angst! Die reine existenzielle Angst, die mich ein Glas mit einem Schlucke austrinken läßt, sobald es auf dem Tisch steht! Die nackte Angst um meine Nahrung, die mich den Kellnern mein Glas, das sie grade anschleppen, förmlich aus der Hand reissen läßt. So ist das und ich habe es entdeckt.
Doch es wird nichts ändern und so aas ich:
1 Rest des 5 Kilokäsemonsters, das ich geschenkt bekommen habe – den Schimmel schneide ich wahrscheinlich vorher weg
Die Kellnerin im Kaffeehaus ist schwerhörig, unnatürlich groß und hat übernatürliche Titten. Man lebt dort in der ständigen Angst, um ihr Gleichgewicht. Eine Brille, die ihr viel zu groß ist, sitzt immer so schief und nah an der Nasenspitze, als dauerte es bis zum Absturz nur noch den Bruchteil einer Sekunde. Sie gehört zu jenen gestraften Menschen, die ob ihrer ständigen Nervosität und der Selbsteinschätzung, dumm zu sein, an Mundgeruch und Schweißfüßen leiden. Unwillkürlich beginnt man die Kellnerin zu hassen. Obwohl sie sicherlich ein nettes Wesen hätte, aber wen interessiert das schon.
Daher war ich nur kurz im Kaffeehaus. Zuhause wärme ich mich mit Rumtee auf. Und um nicht an einer tödlichen Lungenentzündung zu erkranken, esse ich viel Zucker.
Und den Kaffee trinke ich, bis ich das Blut durch mein Gehirn strömen höre.
Ich aas:
1 Zucker
1 Rum
1 Koffein
Als altes liegehaftiges Sabbermanderl ohne Zähne (und schon lange impotent) mache ich mir natürlich Sorgen um meine Zukunft. Da kamen mir die Nachrichten in den Kommentaren von gestern sehr recht: die Meldemannstrasse, das ehemalige Sandlerheim, wird zum Seniorenschlössel Brigittenau umgebaut! Werde ich letztendlich dorthin zurückkehren, wo alles begann?
Ich erinnere mich an damals, an meine erste Zeit im zwanzigsten Wiener Gemeindebezirk! Als ich nach dem Häfen dort wohnte und einen Job suchte, bekam ich ihn in „Marias Cafe“ – einem kleinen Lokal gleich ums Eck. Das Geschäft ging bei der nahegelegenen Maria, einer ehemaligen Hure aus Ungarn, sehr gut und ich war ihr Kellner! Die Insassen des Männerwohnheims konnten nicht weit gehen und so verpulverten sie bei Maria Monat für Monat das bißchen Geld, das sie vom Staat erhielten.
Ich mußte mir dort einiges gefallen lassen! Sie kackten regelmäßig das Lokal voll, von Pisse ganz zu schweigen. Maria war das alles herzlich egal, denn sie lebte sehr gut von den Sandlern und putzen mußte ich. Aber keine Angst. Mein Trinkgeld besorgte ich mir schon, indem ich die komplett besoffenen Sandler ausraubte.
Ein Jahr später begann ich dann mit dem Taxifahren, das auch nicht unerwähnt bleiben soll.
Ich aas heute:
1 in Wasser aufgeweichtes Stück Brot