Französische Arbeit

(Inhaltsverzeichnis)

Ich dachte jedoch nicht immer so. Nein, nein. Es gab auch eine Zeit, während der mich der Gedanke faszinierte, einen Vollzeitjob in einem Büro zu haben, mit Kollegen gut auszukommen, mit ihnen nach der Arbeit auf ein Bier zu gehen, den ganzen Scheiß mitzumachen. Doch bereits nach kurzer Zeit war ich mit den Nerven völlig am Ende. Ein paar aufdringliche Gutmenschen im Büro bemerkten das und überredeten mich zu einem Kurzurlaub in Frankreich.
Es war in Paris, als wir in einem Lokal saßen und draußen die Hölle losbrach. Den ganzen Tag schon spürten wir das Knistern der Stadt. Jede Menge Polizei war zu sehen, Straßen wurden gesperrt, Hunde bellten und nun ging‘s los! Schreiende Menschen mit Transparenten in den Händen zogen am Lokal vorbei! Ich verließ meine Kollegen mit einer Flasche Bier in der Hand und schloss mich einer kleinen tobenden Menge an. Keine Ahnung, worum‘s ging, die Sprache verstand ich nicht und es war mir auch egal.
Neben mir lief ein Mädchen, das mir gefiel. Sie stellte genau das dar, was ich mir immer unter einer typischen Französin vorgestellte: überhaupt nicht auf den Mund gefallen und immer für einen kleinen Fick zu haben. Um die Aufmerksamkeit des Mädchens zu erregen, legte ich mich ganz schön ins Zeug. Ich brüllte wie ein Irrer herum, indem ich ihre Schreie nachahmte. Zuerst bemerkte sie mein Engagement wohlwollend und sah mich mit einem verschwörerischen Blick an, doch das hörte auf, als sie ein paar Leute traf, die sie kannte. Die Französin stellte sich zu ihnen neben eine Telefonzelle. Um nicht in Vergessenheit zu geraten, warf ich mit lautem Gebrüll meine Bierflasche in eine Menge von Polizisten, die in einiger Entfernung irgendwas bewachten. Das Mädchen hatte das leider nicht bemerkt, die Polizisten schon. Sie formierten sich und begannen auf die Demonstranten einzuprügeln, es entstand ein hübsches Gemetzel. Die Französin und ihre Freunde hämmerten nun auf die Scheiben der Telefonzelle ein und beschimpften die Polizisten, die ordentlich Schläge austeilten. Das war meine Chance. Ich schnappte mir von einem nahestehenden Baugerüst einen ungefähr zwei Meter langen Holzpfosten und lief damit, ihn wie eine Lanze vor mich haltend, mit aller Kraft in die Telefonzelle, die nun völlig im Arsch war. Zwar rammte ich mir ein gutes Stück Holz in die Innenseite meines Oberarmes, aber dafür lud mich nun das Mädchen mit einer Handbewegung ein, gemeinsam mit ihr und ihren Freunden vor der Polizei davonzulaufen. Ich hatte schon einiges an Erfahrung mit Demonstrationen und den gewalttätigen Ausschreitungen danach, aber das in Paris erinnerte mich eher an Bürgerkrieg.
Es wurde ein herrlicher Nachmittag. Am Abend versorgten wir gut gelaunt unsere Verletzungen, die wir von den Schlagstöcken der Polizei bekommen hatten, die Bisswunden von den Hunden und waren bald wieder auf der Straße, um uns die brennenden Autos anzusehen. Es war wie Weihnachten.
Zurück in Wien jagte ich diese „Kollegen“ und das Büro zum Teufel und kündigte.

Anstalt

Der Boden in der Anstalt ist grau und besteht aus einem Material, das die Füße schwer werden lässt, und aus einer Farbe, die Schwindel verursacht. Die Bildschirme haben einen Defekt, denn die Augen ermüden ungewöhnlich schnell. Aus der Zuckerdose kratze ich jeden Tag den letzten Rest. Der Kaffeesatzbehälter ist immer voll und der Kaffee in Wirklichkeit koffeinfrei. Das Trinkwasser ist mit Schlafmittel versetzt. Die Scheißhauskabinen werden mit Betäubungsgas geflutet und die Pissbecken mit Nervengas, das den Schwanz verschwinden lässt, berieselt. Warum die Augen und Hoden vollständig eintrocknen, habe ich noch nicht herausgefunden. Die Fenster filtern die Freundlichkeit der Sonne weg und lassen sie wie ein Riesenarschloch am Himmel hängen. Auf die Gesichter der „Kollegen“ wird etwas Unsympathisches projiziert, das man nicht näher definieren kann. Die Scheiße, die aus den Belüftungsanlagen strömt, enthält keinen Sauerstoff. Von den Tastaturen bekommt man juckenden und eitrigen Ausschlag auf den Fingerkuppen. Du hast irgendwie ständig das Gefühl, als würde jemand hinter dir stehen und dir die Kehle zudrücken. Die Sessel sind so konstruiert, dass man ununterbrochen die Position wechseln muss. Alle Fluchtwege führen im achten Stock aus dem Fenster hinaus. In unregelmäßigen Abständen hört man einen hohen Quietschton, den man nicht lokalisieren kann. Im Raucherzimmer ist immer um ein Platz zu wenig und die Lüftung aus der Tiefgarage mündet darin. Die Computermäuse gleiten nicht, sie kratzen am Tisch herum. Und die Ratten können fliegen.

Ich aas.

Anstalt.

Alles gut, ne?

Im Juli war ich sozusagen auf Urlaub. Mich hatte da vor vier Wochen das Reisefieber gepackt. Meine Kollegin, die Krawallfotze, ging mir auf den Keks, völlig erledigt vom Nichtstun bzw. vom Tun als ob. Also sprang ich in der weißen Anstalt von meinem Stuhl auf und hüpfte auf den Gang, um mich umzusehen. Wem könnte ich wohl sagen, dass ich jetzt eine zeit lang weg sein werde. Ich schritt die Büros ab und fand die „Personalabteilung“.
„Klingt gut“, dachte ich mir, klopfte und betrat das Büro. Sofort sagte ich in den Raum  hinein, sodass mich alle hören konnten:
„Ich gehe jetzt vier Wochen auf Urlaub.“
Jemand, der sich angesprochen fühlte, antwortete:
„Matla. Das geht nicht. Sie haben alle Urlaubstage schon längst verbraucht. Sie sind sogar schon drüber!“
„Hm. Gut. Ich werd‘ trotzdem nicht kommen.“
„Das müssen Sie mit der Geschäftsführung klären.“
Eines der nächsten Büros: „Geschäftsführer“. Riss die Tür auf und drinnen saß einer, den ich noch nie gesehen hatte.
„Ich gehe jetzt vier Wochen auf Urlaub. Alles klar?“
„Aha, Matla. Das müssen Sie mit Ihrem Abteilungsleiter klären.“
Hatte keine Ahnung, wer oder was ein Abteilungsleiter war. Ging also in das Zimmer von Dr. Sowieso.
„Ich gehe jetzt vier Wochen auf Urlaub. Keiner hat etwas dagegen gesagt.“
Dr. Sowieso, der gerade telefonierte, hielt mit einer Hand die Sprechmuschel zu und sagte zischend und mit mich hinauswinkenden Gesten:
„Jaja, Matla. Gehen Sie! Verschwinden Sie!“
Und weg war ich.

Vier Wochen später – nach einer tollen Runde in Nordeuropa – aas ich in der weißen Anstalt – die Krawallfotze ist fort:

1 Mohnstriezerl mit EKG

Alles gut, ne?

Krawallfotze

Die Fotze, die sie in der weißen Anstalt zu mir ins Zimmer gesetzt haben,… naja… aber wenigstens haben wir den Raum zum Raucherzimmer erklärt. Mit Minibar und Drogencocktails. Ich rauche ja zwar quasi mehr oder weniger nicht mehr, aber alles andere bleibt Grundstock.
Die Fotze hat außerdem ein gutes Gespür für Geschäftsmöglichkeiten, was immer etwas Geld in die Kaffeekasse spült. Mittlerweile geht es im Zimmer ziemlich rund. Ein ständiges Kommen und Gehen. Illustre Gäste, begüterte Geschäftsführer und Junkie-Kollegen. Der Kaffeeabsatz nimmt von Tag zu Tag zu. Ich habe beobachtet, wie die Fotze diverse Pulver in den Kaffee mischt.

Gut. Das war doch für einen Montag eine ziemlich gerade Ansage, oder nicht?

Ich aas im Scheißhäuslrestaurant:
1 Teller mit ähhh Krawall

Fotze mit Krawall

 

Mittagstischrassismus

Das Mittagessen mit den „Kollegen“ wäre gestern beinahe eskaliert. Du meine Güte!
Wir sitzen da in dieser Scheißkantine und löffeln an der Suppe herum.
„Alt-Wiener-Suppe“. Ich lass‘ angewidert das Besteck fallen, lehne mich seufzend zurück und sage:
„Die Suppe schmeckt nach Pizza.“ Verschränke die Arme und schiele zum Tresen, ob ich ihnen die Suppe zurückbringen soll.
Da sagt der Vorarlberger Schweizer aus Liechtenstein so nebenbei:
„Wahrscheinlich wegen der Italiener-Einwanderungswelle in den Siebzigern.“
Ein anderer Kollege antwortet:
„Ja, und in ein paar Jahren wird die Alt-Wiener-Suppe nach Kebap schmecken.“
Der türkische Kollege sagt:
„Ich werd‘ dir gleich dei blede Gosch’n in die Suppe drücken!“
Ich entschärfe die Situation:
„Nein, nein. In spätestens zwanzig Jahren sind wir alle Chinesen. Dann wird die Alt-Wiener-Suppe nach Algen schmecken. Und Hundsaugen schwimmen drin rum.“
Der sympatische Tischabräumer mit den Reisaugen im Gesicht hat ein Messer in der Hand und schaut uns finster an.
„Vámonos.“, sag‘ ich.
Jeder gegen jeden. Kein guter Tag.

Ich aas heute alleine, denn mein Hass schließt alle Menschen gleichermaßen ein:

1 Topfentorte vom Anker

Morituri te salutant, Satan Klaus

Gestern war ich zwölf Stunden in der Anstalt. Weil, jaja! Weihnachten naht und auch in der Kugelschreiberbranche bereitet man sich darauf vor! Fuck!
Kugelschreiber mit Nikolaus drauf, mit Christkind, mit Satan Klaus, mit Glitterbäumen, mit Weihnachtslandschaften, mit glitzerndem Plüschaufsatz, mit Zimtgeruch,… es gibt unzählige Variationen.
Da fragst du dich, wie du das aushalten sollst! Zwölf Stunden diese Scheiße zu machen! Dem Gehirnkollaps nahe, die Armmuskulator entzündet, die Gelenke geschwollen. Viele der „Kollegen“ geben bereits nach wenigen Tagen auf.
Ich dagegen habe Tricks. Hin und wieder nehme ich so einen Kugelschreiber, baue ihn zusammen, langsam und aufmerksam… und zerbreche ihn danach! Mit einem Schrei! Steige mit dem Absatz drauf und zerstöre den Scheißkugelschreiber vollkommen. Das hält Kreislauf und Laune in Schwung. Dann gehe ich hinaus und rauche zwei Zigaretten, tratsche oder streite mit den anderen Arschlöchern eine Weile, starre die Weiber an. Stelle mir vor, wie ich die Anstaltsleitung mit den Weihnachtskugelschreibern kille, wie ich sie ihnen durch die Schädeldecke jage…
Und zum Essen bin ich gestern ins „Morituri Beisl“ gelatscht, Schnitzeltag. Dort unterhielt ich mich mit den Totengräbern. Wir begannen aufmunterndes Zeug durch das Wirtshaus zu schreien: „Scheiß Politiker!“ „Arschfinanzelite!“ „Die sollen zur Rechenschaft gezogen werden!“ „Einsperren und enteignen!“ „Arschloch EU!“ „Nieder mit Satan Klaus!“, das war ich.
Danach ging’s mir wieder besser.

Ich aas im „Morituri Beisl“ die Henkersmahlzeit:
1 Suppe
1 Schnitzel

Camp W4 – Teil II

Teil I der Geschichte

Ich lehnte mich neben dem zerstörten Zelt meiner Kollegen an einen alten Baum und versuchte, in der wärmenden Morgensonn noch etwas zu dösen. Plötzlich sah ich wie sich in dem vermurksten Haufen aus Zelt neben mir etwas regte. Einer der Jungs wurde wohl gerade wach und hatte es sehr eilig ins Freie zu gelangen. Irgendwann fand er den Reißverschluß und riss ihn auf (ans sorgsame Verschließen des Zeltes hatten sie wohl  noch gedacht, als sie stockbesoffen schlafen gingen) – das Geräusch durchschnitt die morgendliche Ruhe wie eine startende Motorsäge … das Einzige, was ich jedoch aus dem Zelt auftauchen sah, war eine Fontäne an übelriechender Flüssigkeit. Danach ein grausiger Fluch, nochmal Reißverschluß und schließlich ein Gesicht. Es war bedeckt mit Teilen der köstlichen Stelze, die wir gestern Abend beim nahen Burgheurigen verdrückt hatten. Die Rastalocken des Jungen waren vollkommen mit Kotze versaut. Der Kollege hatte nämlich versehentlich den falschen Reißverschluß, den inneren, geöffnet und bloß das Insektengitter freigelegt – im Glauben schon ins Freie kotzen zu können, verfing er sich darin…. ich dachte mir nur: „Siehst du, wenn du beim Zelten mal ein Nudelsieb brauchst, nimm einfach das Insektengitter.“

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Ich aas:
1 Ankerwrap

Italocamp

Scheinbar hat mein aufdringlicher Körpergeruch in den letzten beiden Wochen, die ich auf Urlaub war, zugenommen. Bemüht unauffällig sprühen die Kollegen meine nähere Umgebung mit desodorierenden Mitteln ein.

Ich war dieses Mal wieder mit dem Zelt unterwegs. In Österreich und Italien. Leider muss ich zugeben, dass die schleichend zunehmende Bequemlichkeit des Alters in meiner Seele bereits tiefe Furchen hinterlassen hat. Denn während ich früher niemals auf die Idee gekommen wäre, auf einem Campingplatz zu zelten – ich meine, wofür zeltet man denn: um weg von den Anderen zu sein! – war ich heuer beinahe nur zwischen Piefke-Wohnwagen eingepfercht.
Meine schönste Erinnerung an diesen Urlaub: auf einem verdreckten italienischen Strand die Nacht durchgesoffen und mich mit einem Italosandler um meine Schuhe gerauft… zuerst hatten wir friedlich zusammen getrunken und aufeinmal bildete er sich, ich hätte seine Schuhe an.

Ich aas:
1 Käsestangerl
1 Muffin

Deutsches Schlafzimmerauge an der Hippiebraut

Heute hatten wir Schulung in der Anstalt. Eine Deutsche war da und hat irgendein Zeug, auf das keiner neugierig war, gefaselt. Die Schnepfe hatte zwar keinen Tau von nichts, aber sie sah ganz interessant aus. Wie eine alte Hippiebraut im Hosenanzug, ein paar gelbe Zähne, schmale Lippen, schiefe Nase, und ich bin mir sicher, dass sie einen ordentlichen Buschen zwischen den Beinen wuchern hat.
Beim Mittagessen kamen wir gleich zur Sache. Weil weißt du, mit den Frauen in meinem Alter geht alles viel einfacher. Ist man sexuell interessiert, dann wird nicht lange herumgeschissen, man spart sich das idiotische Herumgekichere, sagt gleich, was man will. Bei der Nachspeise war schon klar, was laufen würde, und wo. Die Jungspritzer von Kollegen sind mit Glupschaugen dagesesssen und wußten nicht wohin sie schauen sollten.
Leider kam es dann doch anders. Am Ende der Schulung – die Deutsche hatte mich schon mit ihrem Schlafzimmerblick im Visier – fiel mir plötzlich was ein. Scheiße, ich hatte womöglich die Nachbarin noch nicht losgebunden! Du weißt schon: wegen Fasching!
Ich bin so schnell davongelaufen, wie ich noch nie vor einer Frau weggelaufen bin. Nach Hause, zur Nachbarin.

Ich aas:
1 Schinkencroissant
1 Krapfen – beides vom Anker

In der neuen Anstalt

Meine Welt gerät aus den Fugen. Die letzte Woche war noch in Ordnung. Ich lungerte daham herum, öffnete erst nach Sonnenaufgang die Augen und wenn es die Nachbarin wagte, mich bei Dunkelheit zu wecken, murmelte ich nur: „Greif mich noch einmal an und ich bring dich um. Ich schwörs dir.“. Und schlief seelenruhig weiter. Ja, eine herrliche Zeit.

Nun ist alles anders. Die nächsten Monate werde ich in einer neuen Anstalt verbringen, seit gestern – ich weiß noch nicht, worums geht. Die Räumlichkeiten und die Ausstattung sind nicht mehr so unmenschlich wie im Rattenloch, doch wo der Haken ist, muss ich erst herausfinden.
Gestern wurde ich in dieser neuen Anstalt gezwungen die „Kollegen“ kennen zu lernen. Ich murrte nur: „Muss das sein?“ Ein Ostling, ein lichtensteiner Vorarlberger aus der Schweiz und steirischer Apfelbaum. Drei an der Zahl, drei (sic!), die mit mir in einer Zelle sitzen. Ich weiß nicht, wie lange ich das durchhalte.

Gestern aas ich ein Menü in einer feinen billigen Gaststube:
1 Rahmcremesuppe
1 Letschokotelett

Ich war so von dem Riesenarsch der Kellnerin abgelenkt, dass ich auf das Foto vergessen habe. Vielleicht gehe ich da heute wieder hin.