Die überraschendste Wendung in meinem Leben. Bisher.

Ich dachte, mich könnte nichts mehr überraschen. Bei den Menschen. Einer ist wie der andere. Stinklangweilig und trotzdem nervtötend und sowieso alle für’n Arsch. Doch gestern war ich erstaunt. Ja, das war ich! Da war es mir für einen kurzen Moment gegönnt, die große, weite, unbekannte Welt wie ein kleines, neugieriges Kind zu sehen. Ich war nämlich im Kugelschreiberhaus, um mich mit jemandem aus der Kugelschreiberbranche zu treffen. Und kurz vor dem Termin kommt einer daher – so ein Kugelschreibervertreter – und sagt, er müsse unbedingt mir reden. Ich hatte natürlich keinen Bock und erfand irgendwas, aber der blieb hartnäckig. Um mich endgültig verabschieden zu können, sagte ich: „Hearst, Oida.“ So auf die Art, und: „Ehrlich gesagt muss ich scheißen gehen. Dringend nämlich, also tschüss mit Ü.“ Sag’s, sprang auf und rannte auf nächste Clo. Aber stell‘ dir vor! Der ist mir nachgerannt! Ich sperr‘ mich in die nächste Kackkabine – und was macht der? Der hockt sich in die Übernächste! Und beginnt zu reden! „Gut“, denk‘ ich mir, „Kann er haben.“ Ich drück‘ drauf, was geht, furze, mache Pressgeräusche wie eine Hochschwangere, die Scheiße klescht mit Gedonnere in die Muschel. Und glaubst du, der lässt sich aus der Ruhe bringen? Keineswegs! Scheißt der doch mit noch mehr Getöse in seiner Kabine und plaudert munter weiter!

Schließlich musste ich mich geschlagen geben. Keinen größeren Scheißer auf dieser Welt gibt es als diesen Typen. Ich hatte zwar kein Wort von dem, was er sagte, verstanden, aber ich zog meinen Hut vor ihm.

Was für eine überraschende Wendung in meinem sonst so tristen Leben. Und ich aas:
1 Salzstangerl
1 Pikantwurst

Aidaeinsatzkommando

Es gibt Tage, da fahre ich einfach nur von Wirtshaus zu Wirtshaus und gebe mich als Kugelschreibervertreter aus. Wenn ich Glück habe, bringe ich ein paar lustige Geschichten aus meinem Kugelschreibervertreterleben an und bekomme ein Achterl Rot oder ein Seiterl spendiert. Das tut manchmal einfach gut, obwohl dabei die Parkplatzsucherei auch sehr anstrengend sein kann. Ich habe aber schon genug Erfahrung und finde schnell freien Platz für meine verschissene Mistkarre. Dazu stelle mich einfach in Halteverbote, auf Gehsteige, in Hauseinfahrten und Ladezonen. Lange Zeit habe ich ein Schild „Arzt im Dienst“, das ich mir von einem Kumpel habe machen lassen, auf das Dings gelegt…. wie heißt das noch schnell…. Fahrerkonsole oder?… also einfach unter die Frontschreibe gelegt. Damit bin ich lange Zeit durchgekommen. Bis mein Auto eines Arztes unwürdig wurde und das Schild unglaubhaft war. Danach habe ich durch Zufall ein Pickerl bekommen – da war irgendein Wappen drauf und drunter stand: Gendarmerieeinsatzkommando. Hat auch eine Zeitlang geholfen. Bis die Sonne den Aufkleber völlig verbleicht hatte.
Seit ein paar Tagen versuche ich das:

Das haben sie mir vor ein paar Tagen am Gürtel in die Hand gedrückt. „Aida Zustelldienst – Ihre Mehlspeise zu Ihnen ins Haus geliefert.“ Und ich finde, dieser Werbefolder eignet sich hervorragend als „Arzt im Dienst“-Schildersatz. Jeder Strassenkiwara sollte ja wohl nun einsehen, daß unsere malakoffgeilen Pensionisten schnell ihr Torterl zum Kaffeetscherl brauchen, und ein Auge zudrücken, wenn mein Wagen irgendwo illegal herumsteht oder? Trotzdem habe ich diese Woche schon DREI ganze Strafzettel kassiert.

Ich esse solches, wohin mir welches geht:
1 Brot mit Eier

Felber Punk

Die Zeiten als Kugelschreiber- und Beinevertreter sind schwerer denn je! Um das Weihnachtsgeschäft voll ausnützen zu können, bin ich ständig unterwegs! Besonders in Wien kann das manchmal sehr stressig sein. Zehn Minuten Fahrt mit dem Auto, zwanzig Minuten Parkplatzsuche, eine Minute beim Kunden, ein kurzer Tritt in den Arsch, drei Minuten Flucht, zehn Minuten Fahrt mit dem Auto, zwanzig Minuten Parkplatzsuche usw…. und das den ganzen Tag. Da komme ich manchmal auch nicht dazu mir mittags einen geistig runterzuholen und diese grausigen Texte zu schreiben.

Und gerade heute! Gerade heute ist mir etwas passiert, was mich zum Nachdenken bringt. Da rase ich um die Häuseblöcke, um einen Parkplatz zu finden und überfahre dabei fast eine Gruppe von Punks. Dieses Schmarotzergesindel, das nicht arbeitet, mit den Hunden ums Essen streitet und stinkt.
Ich habe ihre glücklichen Gesichter gesehen und da ist mir eingefallen, daß ich auch mal, wenn auch nicht lange, so einer war wie sie. Und glücklich war ich auch. Jaja!

Wir waren zu viert. Zwei punkige Mädels, zwei punkige Burschen. Wir wohnten in einem verlassenen Haus am Stadtrand im Keller. Nichts anderes machten wir, als uns mit irgendwelchem Zeug zuzudröhnen und zu vögeln. Zu viert und keiner wußte, wer mit wem rummachte. Am frühen Nachmittag wachten wir auf, selig, zogen durch die Straßen auf der Suche nach Zigaretten und Kohle. Manchmal aßen wir auch was. Schafften es immer irgendwie bis zum Sonnenuntergang, trafen uns mit den anderen und dann ging alles wieder von vorne los.
Ich war immer der häßliche Punk. Klein und dick. Mit roten Haaren. Faulige Zähne und fahle Haut. Aber dafür dauergeil und ziemlich trinkfest. Und glücklich.
Zumindest solange ich was zu saufen hatte. Die anderen drei sind tot.

Trotzdem war ich heute in der Lage zu essen. Ich begab mich in eine lustige Felberfiliale und kaufte mir (aß es im Taiwanhaus in der Taiwanküche):
1 braunes Gebäck mit Wurst, Käse, Pflanze und Ei
1 Krapferl
1 Kaffeetscherl