Heute Koch, morgen tot

Ich habe sie gewarnt. Ich habe sie gewarnt! Die Nachbarin. Sagt sie plötzlich am Vormittag ohne Vorwarnung… einfach so dahingeplaudert:
„Heute werde ich uns etwas Schönes kochen!“
„Neeeeeiiiiiin“, rief ich, „Tu das nicht! Du wirst es bereuen!“
Ja! Aber bereut habe ich es!

Wie kam es dazu:
„Doch, doch. Ich werde kochen. Aber keine Angst! Es wird schnell gehen und billig sein.“
„Na, von mir aus… Aber ich habe dich gewarnt!
So weit, so gut. Die Nachbarin legte los. Plötzlich sagte sie:
„Du schneidest die Chilischote. Die Kerne weg und dann fein hacken.“
Da wurde ich natürlich sofort misstrauisch. Erstens: Arbeit, zweitens: ein Messer! Und hier an diesem Punkt schon hätte ich meinen Instinkten vertrauen und das Weite suchen sollen. Doch ich, in meiner Einfalt, tat, wie mir geheißen!
Ich werkte umständlich herum… Kommentar: „Du stellst dich wie ein kleines Kind an, Matla!“… aber schließlich hatte ich es doch geschafft… mehr oder weniger… Kommentar: „Aber fein hacken schaut anders aus.“
Ich antwortete: „Weißt du was? Ich geh brunzen.“
„Wasch dir vorher die Hände!“
„Geh bitte! Lächerlich.“
Brunzen.
Ich kam nichts ahnend vom Scheißhaus zurück. Die Nachbarin stand nur da und grinste.
„Was is?“, fragte ich.
„Nix. Warte mal.“
„Worauf?“ Und da begann ich zu merken, worauf die Nachbarin wartete. Mein Beidl begann zu brennen! Immer mehr! Mein Gott! Immer stärker! Zuerst dachte ich wirklich, meine Hose hätte vielleicht wegen der Nähe zum Herd Feuer gefangen! Aber nein! Chili! Der Scheißchili! Die Tränen schossen mir aus den Augen. Die Nachbarin lachte wie besessen und rief: „Nicht!“
Ich wischte mir die Augen aus und fragte: „Was nicht?“
„Genau das!“ Sie lachte noch lauter. „Die Augen angreifen!“

Scheiße, ich sag ja immer: „Heute Koch, morgen tot“

Ich aas den Scheiß von der Nachbarin:
1 Teller mit Spaghetti und Sardinen aus der Dose – mit Scheißchili!

Heute Koch, morgen tot

Umamatlarummanische Weisheiten

Ich habe auch ein paar kluge Sprüche und Geschichten auf Lager. Sie stammen aus dem Buch „Umamatlarummanische Weisheiten“:

„Gehe nicht zurück, denn dort ist nichts mehr.“

„Was auch immer du trinkst, trink‘ es richtig.“

„Erkenne die Aussichtslosigkeit der Diskussion.“

„Der Narr labert über seine Probleme, der Weise nimmt einen Schluck Bier und steckt der Stripperin einen Zehner in die Arschritze.“

„Achte deine Männlichkeit, denn du bist der Herrscher im Schwanz- und Fotzenland.“

„Der Meister spazierte eines Abends mit seinen Schülern durch ein Hopfenfeld. Die Schüler waren begeistert von der Klarheit des Himmels und dem Strahlen der Sterne. Der Meister klopfte jedem einzelnen mit seinem Spazierstock auf den Hinterkopf. Da begriffen die Schüler.“

„Wer ist dein Meister? Sieh, es gibt nichts anderes als den Meister selbst.“

Eines Tages kam eine Frau zum Meister. Sie hatte eine Kuh an der Leine. Die Kuh machte Muh, und die Frau jammerte: „Meister, was soll ich tun? Oh, hilf mir in deiner unendlichen Weisheit und Güte!“ Der Meister erhob sich und schnitt der Kuh mit einem Lotusblatt den Kopf ab. Die Frau stand fassungslos da, sie verstand nicht. Da lächelte der Meister: „Nur Mut! Gehe hin und handle nach meinem Vorbild. Fortan wirst du immer wissen, was zu tun ist – oder unerleuchtet sterben.“

Ich aas:
1 Brot mit Leberaufstrich und Senf und Käse

Lang lebe Umamatlarumma und sein erlauchter Herrscher!

Schnee III

>> Schnee Teil I

Ich habe sie gehasst, die Berge. Habe nie verstanden, warum der Pfarrer uns in der Schule immer vorleierte, dass die guten Menschen nach oben kommen und die Bösen nach unten zum Beelzebuben. War doch selbst für mich als Kind völlig klar: ich war bereits hier oben in der Hölle und ins Paradies ging’s steil bergab.
Eine meiner frühesten Kindheitserinnerung setzt an einem warmen Sommertag ein, an dem die Welt untergehen sollte. Seit einer Woche redeten die Leute im Dorf schon davon, dass die Trotteln vom Tal glaubten, die Welt würde an dem und dem Tag um zwei Uhr Nachmittags untergehen. Wir Kinder erzählten uns gegenseitig, was wir daheim so mitbekommen hatten. „Es wird Blut regnen“ – mir fielen ein paar Binden ein, die ich am Tag zuvor in einem Mülleimer gefunden hatte – „Die Sonne wird im Westen aufgehen“, „Nein, die Sonne wird ja explodieren“, „Die Heuschrecken werden uns auffressen!“, „Der Teufel wird uns ins Essen scheißen!“ Mich jedoch interessierte besonders eine Prophezeiung: „Die Berge werden so flach wie Teller werden und die Täler im Wasser versinken!“ Die Berge flach? Das gefiel mir. Das Paradies rückte ein Stück näher!
Ich weiß noch, wie ich an besagtem Tage am Dorfplatz stand und mit offenem Mund auf die große Uhr am Kirchturm starrte. Je näher die Zeit des Weltuntergangs rückte, um so heftiger pochte mein Herz. Ganz gespannt beobachtete ich den Himmel, um die ersten Vorboten der Zerstörung ja nicht zu versäumen. Irgendwie erwartete ich etwas ganz Spektakuläres. Einen riesigen Hobel…. oder einen großen Schnitzelhammer, der die Berge flachklopfte… einen feuerspeienden Drachen… irgendwas! Ich für meinen Teil war bereit für das Paradies!
Als der Untergang eine Viertelstunde überfällig war, ging ich enttäuscht und mit schmerzendem Genick nach Hause. War wohl vorerst nichts mit dem Paradies. Ich blieb in der Hölle.

Ich aas:
1 Brot mit Leberaufstrich und Senfverzierung

Spricht er mit Bob

Na gut, dann sprech‘ ich mit Bob.

Guten Tag, Bob.
Natürlich möchte ich auch – und gerade – dich hier sehr herzlich willkommen heißen. Ich habe dich nicht vergessen, nein nein. Es sei dir versichert, dass ich schon oft an dich dachte!
Und zwar denke ich, wenn ich deinen Namen lese,  jedes Mal an „Arsch“. „Bob“ ist für mich so eine Art Abkürzung für „Popsch“ und das wiederum ist in Österreich ein verniedlichendes Wort für „Arsch“. Das Interessante dabei ist, dass dein Name, liest man ihn von hinten nach vorn, „Bob“ bleibt. Du bist und bleibst also ein Arsch, egal wie man es dreht und wendet.
Der erste Kommentar aus deinem maledeiten Loch ereilte uns übrigens hier: Bob’s erster Furz. Das war im Jahre 2006! Vor sieben Jahren! Das zeigt uns doch ganz deutlich, wie wichtig du mir bist. Da ich ja erst jetzt deiner minderen Existenz gewahr werde.
Und ich kann mit ruhigem Gewissen sagen: ich habe nichts versäumt.

Möge die Flatulenz ewiglich deiner harren!
Matla

PS: ich aas:
1 Apferl
1 Broterl
1 Käserl

Schnee II

>> Schnee Teil I

Vater hatte seinen Revolver und seine Messer immer bei sich oder zumindest in Griffweite. Die große Schrotflinte hing über unserer Eingangstür. Damit konnte man mit einem einzigen Schuss einen ganzen Bären in Stücke fetzen.
Unser Haus war nicht groß, doch hatte es alles, was benötigt wurde, um im Schnee zu überleben. Unten war die Küche mit dem Esszimmer. Ich erinnere mich, dass es dort im Winter immer dunkel war. Die Fenster waren zugeschneit, nur ein kleines Lämpchen, das über dem Esstisch hing, brachte etwas Licht. Nicht mehr als eine Kerze. Das knisternde Feuer des Herdes wärmte uns.
Großmutter saß Tag und Nacht in ihrem Schaukelstuhl in der finstren Ecke. Bewegte sich nicht, sprach nichts. Ihre stumme Gestalt konnte man nur erahnen. Kam man näher, begannen ihre regungslosen Augen rot zu leuchten – das Feuer spiegelte sich matt in ihnen – und man hörte ihren röchelnden, rasselnden Atem. Ich traute mich nur in Großmutters Nähe, wenn Vater in der Küche war. Mir schien, als wäre sie schon vor Jahren gestorben und unser Haus ihr Grab.

>> Schnee III

Ich aas:
1 EKG
1 Apferl

Tausend Schillinge und die Urlaubskuh

War gerade in der U-Bahn. Vollgestopft mit Fleisch, hatte kaum Platz zum Atmen! (Wenn es in Wien regnet oder – Gott bewahre! – sogar schneit, versagt jegliche Technik und die Menschheit versinkt in Chaos.)
Also da stand ich eingezwängt wie Schlachtvieh im Tiertransporter und versuchte, mit all meiner gedanklichen Kraft mir Leere und Nichts rund um mich vorzustellen. Leider ohne Erfolg, denn eine dumme Kuh (Hallo Schlachthof!) mit Kinderwagen stand genau vor meinem Gesicht und telefonierte unentwegt.
„Ja, wir dachten uns, so ca. 1000,- Schilling. Das war damals so üblich. Das sind so ungefähr 100,- Euro.“
Dann redete der auf der anderen Seite der Leitung. Weiter gings:
„Ich kann mir aber nicht frei nehmen, weil schon drei andere in der gleichen Woche frei haben“
Der andere. Und dann:
„Ja, weißt du, wenn wir wo sind, dann schenken wir so ca. 100,- Euro. Das war schon damals so. Damals waren das 1000,- Schilling.“
Kurze Pause.
„Blöd, wahrscheinlich bekomme ich da keinen Urlaub. Drei andere haben da schon frei.“
Pause. Mir wurden langsam die Eier runzlich!
„Ja, glaub‘ ich auch. Gute Idee. 100,- Euro. Früher in der Familie haben wir das immer mit 1000,- Schilling gemacht.“
Ich nutzte die nächste Pause, um meine Position zu wechseln und latschte der Kuh auf die Schuhe.
„Der Sascha hat gemeint, dass ich in Krankenstand gehen soll. Weil ich kann mir da keinen Urlaub nehmen, weil drei Kolleginnen genau in der Woche schon weg sind.“
Ich blickte in ihren Kinderwagen und bemerkte, dass er leer war. Ich stieg der Kuh nochmals auf die Zehe, um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen und deutete in den Kinderwagen. Vielleicht war das Kind ja mit den verschissenen 100,- Euros in den Urlaub gefahren, weil die blöde Kuh von Mutter den ganzen Tag nur zwei Sätze redet! Die jedoch sah mich nur mit gerunzelte Stirn an und ließ wieder einen ihrer beiden Sätze ins Telefon.
Als ich der Nachbarin, die schon wieder(!) etwas für mich kochte, die Geschichte erzählt hatte und ihr meine Eier mit der Frage präsentierte, ob sie runzliger als gestern wären, befühlte sie sie kurz und meinte dann nur: „Hm, gute Idee. Ich geb‘ dir Spiegelei über den Toast.“ Dann riss sie mir ein Hodenhaar aus, dass mir die Tränen in die Augen schossen!

Ich aas also:
1 Toast mit Spiegelei darüber

Kontinuierlich ähnlich

Ja, da hat er recht, der Johannes… der einzige Leser, der wirklich mitdenkt.

Und wenn ich diese in des Täufers Kommentar erwähnten „ähnlichen Geschichten“ lese, dann wird mir eines klar: ich lebe in einem… äh… nennen wir es einfach „Kontinuum“. Siehe, schon damals hab‘ ich der Nachbarin unentwegt gesagt, sie soll nichts für mich kochen!
Das Traurige dabei ist eben genau das! Dass sich nichts verändert hat… und dass sich auch nichts verändern wird und kann. Nie! Niemals! Es ist ein gott- und sinnbefreites Kontinuum!
Doch halt! Ist das wirklich traurig? Kann ich das wirklich traurig nennen? Bin ich nicht selbst der, der Veränderung scheut? Bin ich nicht selbst der, der nach Beständigkeit und gleichbleibender Substanz strebt? Bin nicht ich selbst der, der schon seit Anbeginn dieses Misthaufenblogs stets den selben Scheiß predigt? Euer Ehren, ich plädiere auf „nicht schuldig“! „Nicht schuldig“ für den Kläger! Der Geklagte, der Schuldige, wo ist der? Der ist nicht da. Aha.

Ich aas:
1 Marmelade-Grossau

Nudel in Sauce

Und soviel hält die Nachbarin von meiner Wurstsemmeldiät: nämlich nichts!
Hat sie mir heute doch etwas gekocht… sowas italienisches… Nudeln mit Faschiertem in Tomatensauce… obwohl ich ihr schon hundertmal gesagt habe, sie soll mir nichts kochen verdammt!
Also bin ich bei Tisch gesessen und habe herum gefäult, weil schon wieder warmes Essen und dann noch dazu was ausländisches. Nach einem ziemlich heftigen Wortgefecht, fuhr ich die Nachbarin schließlich an:
„Aber dafür werden wir heute budern… wenn ich das essen muss…und zwar ohne Gezeter! Verstanden?“
„Ja, gut… aber das bekommst du sowieso immer… wann immer du willst…“
Ich sag‘ dir, eine Beziehung kann schon anstrengend sein. Soviel jedenfalls zum Thema „Nudel in Sauce“.

Ich aas:
1 Teller Nudeln mit Faschiertem in Tomate

Lotterhobel

Ach, das Lotterleben, das ich führ‘!
„Was hältst du davon, wenn du mal eine Zeit lang zu Hause bleiben würdest?“
Ich weiß noch genau: ich stand gerade mit einem Pornoheft in der Hand vor dem Fernseher und ließ meine Blicke von einer Möse zur Nachrichtensprecherin und wieder zurück schweifen, als die Nachbarin das zu mir sagte. Ich dachte, ich hör‘ nicht recht und drehte den Fernseher ab, um mich besser konzentrieren zu können.
„Wie meinst du das?“, fragte ich sie und linste sie skeptisch aus den Augenwinkeln an.
„Schau, ich seh‘ ja, dass du nicht so geschaffen bist für die Arbeitswelt. Ich seh‘ ja, wie du dich anstrengst, jeden Tag… und wie es nichts bringt.“
Ich rührte mich nicht und wartete, ohne sie aus den Augen zu lassen.
„Matla, was meinst du dazu? Du könntest hier bleiben, in meiner Wohnung. Dich entspannen, nachdenken…“
Ich sah auf das Pornoheft.
„Ja, du könntest den ganzen Tag Pornohefte lesen. Hab‘ nichts dagegen!“
„Und…“ Meine Stimme versagte, ich räuspete mich: „Und was bringt dir das? Beziehungsweise was verlangst du dafür… oder wie soll das laufen? Ich versteh‘ nicht ganz.“
„Nichts verlange ich, Matla… oder doch nur eines: du wäscht dich jeden Tag und ziehst jeden Tag eine frische Unterhose an. Das ist alles. Sonst kein Hintergedanke.“

Ja, und genau das tue ich seit Wochen. Und nichts anderes, verdammt! Noch habe ich keinen Haken an der Geschichte gefunden, die Nachbarin hat noch nichts verlangt… ich weiß nicht, wohin das führen soll.

Jetzt hocke ich hier vor dem Computer, mit nassen, frisch gewaschenen Haaren, habe mir die Zehennägel geschnitten, mir mit einem Bimsstein harte Haut von der Ferse und der Eichel gehobelt, und frage mich, ob sich etwas verändert hat.

Ich aas:
2 Brote mit Streichwurst und Käse

Ne, mein‘ Quitte Spaß.

Hab‘ heut‘ nichts gegessen. Keinen Bock drauf. Heute ist bei mir Bluestag.
Hänge schon seit dem Morgen wehmütigen Gedanken nach, trink‘ ein Bier nach dem anderen, höre Singer-Songwriter mit ihrer krächzenden Stimme, Gitarre, Mundharmonika… und dazwischen:  ne me quitte pas…
Finde keine Ruhe, bewege mich im Kreis, einfach keine Ruhe im Gehirn. Denken, denken, denken… wohin soll das führen?
Langsam wird’s besser. Habe mir grad‘ ein paar wilde Joints reingezogen… bessert zwar nicht die Stimmung, aber das Denken führt in andere Richtungen, in angenehmere.

Ich aas:
1 Bier. Oder viele.