In der neuen Anstalt

Meine Welt gerät aus den Fugen. Die letzte Woche war noch in Ordnung. Ich lungerte daham herum, öffnete erst nach Sonnenaufgang die Augen und wenn es die Nachbarin wagte, mich bei Dunkelheit zu wecken, murmelte ich nur: „Greif mich noch einmal an und ich bring dich um. Ich schwörs dir.“. Und schlief seelenruhig weiter. Ja, eine herrliche Zeit.

Nun ist alles anders. Die nächsten Monate werde ich in einer neuen Anstalt verbringen, seit gestern – ich weiß noch nicht, worums geht. Die Räumlichkeiten und die Ausstattung sind nicht mehr so unmenschlich wie im Rattenloch, doch wo der Haken ist, muss ich erst herausfinden.
Gestern wurde ich in dieser neuen Anstalt gezwungen die „Kollegen“ kennen zu lernen. Ich murrte nur: „Muss das sein?“ Ein Ostling, ein lichtensteiner Vorarlberger aus der Schweiz und steirischer Apfelbaum. Drei an der Zahl, drei (sic!), die mit mir in einer Zelle sitzen. Ich weiß nicht, wie lange ich das durchhalte.

Gestern aas ich ein Menü in einer feinen billigen Gaststube:
1 Rahmcremesuppe
1 Letschokotelett

Ich war so von dem Riesenarsch der Kellnerin abgelenkt, dass ich auf das Foto vergessen habe. Vielleicht gehe ich da heute wieder hin.

Fuck you, Rattenloch.

War jetzt zwei Tage im Rattenloch. Ist alles beim Alten. Bin wieder von Androiden, die unter Vollgas um die Ecke kurvten, umgerannt worden… und das obwohl dort alles so zäh läuft… ich glaube, die Androiden im Rattenloch sind nur schnell, wenns ums Aufladen ihrer Energiequellen geht.
Ich selbst war ja dort, weil die Androiden meine Werkbank verschwinden lassen haben. Sie dachten nämlich, ich würde nie wieder kommen müssen, weil ich ohnehin völlig nutzlose Arbeit verrichte. Doch nun haben sie scheinbar doch noch Verwendung für mich.
Sie riefen an, vor einigen Wochen, ich hab aufgelegt, sie riefen nochmals an, dann haben sie mich angebettelt, ich möge doch kommen, nur für ein paar Male, es sei sehr wichtig. Ich fuhr hin im Glauben, alles schnell erledigen zu können, doch was war? Meine Werkbank ist weg. „Ohne meiner Werkbank geht’s nicht.“, sag ich dem Oberandroiden. Der meint: „Nimm halt eine andere, Humanoid, stehen eh so viele herum.“ „Nein, geht nicht. Es muss die sein, die ich gehabt habe, Roboter.“ „Leider, die ist beim radioaktiven Sondermüll.“
Und so bin ich am Montag ins Rattenloch, um eine neue Werkbank für mich aufzustellen. Termin war 9:00 Uhr, denn ich musste alles bewacht durch einen Androiden machen. Ich bin ein sehr pünktlicher Mensch. Warte und warte. Um halb 12 ruf ich an:“Was is? Kommt keiner, ihr Schrotthaufen?“ „Termin war am Freitag. Wir haben gewartet. Du warst nicht da, biologische Einheit.“ Fuck you!

Und so ging das dahin – hier ein schnelles Foto von gestern:

Und heute hock ich wieder daham und versuche mit aller Gewalt, den metallischen Geruch von mir wegzumachen! Die deutsche Sonne scheint mir aus den Augen.

Ich aas:
2 Brot
1 Käse
1 Apfel
1 Lacrima Cristi

Ich hatte Lust auf Elvis

Man glaubt es nicht, ich hock im Rattenloch. So lang ist das letzte Mal schon her, dass ich alle Sicherheitscodes vergessen hatte. Ich mußte mit einem fucking Mitarbeiter der fucking Securityforce das ganze Spezialsicherheitsprozedere durchgehen, um Einlaß zu erhalten – die Blutabnahme habe ich mir zum Glück erspart.
Ja, ein bisserl wehmütig schreibe ich diese Zeilen. Meine Arbeit an den Androiden hier im Rattenloch ist im Aussterben. Immer länger werden die Abstände, in denen sie mich über die gesicherte Leitung anrufen, um ich um meine Assistenz zu bitten.
Aus diesem Grunde hatte ich heute Morgen Lust, mich etwas „spezieller“ für diesen Tag zu kleiden. Ich hatte Lust auf Elvis. Meine alten Glockenhosen passten mir noch und die dunkelroten blankgewichsten Cowboystiefeln mit dem Metall drauf sowieso. Sternensonnenbrille, schmalzige Locke im fetten Haar, protzige Riesengoldkette (unecht), I-love-Adolorin-T-Shirt und aufklebbare Brustbehaarung taten ihr Übriges, um mein Outfit zu vervollständigen…. vielleicht deshalb auch der umfangreiche Securitycheck heute Morgen?
Ultralässig und -berühmt spazierte ich die Strasse entlang, auf meinem Weg zu Billa. Eine alte Schachtel und eine Gruppe von Schwuchteln pfiffen mir hinterher, die Zuseher in der vorbeirumpelten Strassenbahn kreischten und jubelten mir zu. Die Wurstbudelfrau fiel ihn Ohnmacht, als ich ihr „Love me tender“ vorsang, ihr Nachfolger bat mich um ein Autogramm auf seinen Führerschein. Die Süßigkeiten flogen mir von selbst zur Kassa nach und die Warteschlange vor mir löste sich mit tiefen Verbeugungen auf.

Yeah, ich, die Starratte, aas:
1 Packung Brot mit Wurst, Käse und Gurkerl

Dumm, dümmer, Arschspalte

Wie zuletzt besprochen gibt es zwei Möglichkeiten dem Stress und schlechten Gedanken zu entgehen: Alkohol und Fernsehen. Beide Varianten für sich machen bekanntlich dumm. Zusammen ergeben sie eine Mischung, die tödlicher nicht sein kann.
Da ich mein Leben voll im Griff habe und stets interessiert bin, neue Wege zu beschreiten, wollte ich gestern sehen, was passiert, wenn ich keines der beiden Verdummungsmittel zu mir nehme. Ein Fehler, den zu machen ich in Zukunft tunlichst vermeiden werde! Ich war müde, lag im Bett, konnte jedoch nicht einschlafen. Ich wälzte mich von einer Seite zur anderen, probierte verschiedene Ruhepositionen, alles vergeblich. Dann schlief ich endlich gegen drei Uhr morgens ein. Doch war der Schlaf erholsam? Nein, die Gedanken, die mich zuerst am Einschlafen hinderten, sorgten im Schlaf für böse Träume. Am Morgen schreckte ich hoch, außer Atem, viel zu früh, der Angstschweiß stand mir in der Arschspalte!

Jetzt bin ich im Rattenloch. Und bin ich es nicht mehr, werde ich mir so sehr die Birne zuschütten, dass ich es nicht einmal merke, wenn ich einschlafe.

Ich aas in der Cantina:
2 Brote
1 Flasche Rotsaft

Mistvieh von einer Katze, verdammtes!

Nach Wochen wieder im Rattenloch. Apropos Rattenloch – die Ratte von Nachbarin hat seit einigen Wochen eine Katze. Weißt du, ich hasse Katzen. Und Leute, die dauernd von ihren Scheißkatzen reden, mag ich auch nicht.
Die Katze der Nachbarin macht mir Angst. Sie verfolgt mich ständig und beobachtet jeden meiner Handgriffe. Sie sieht genau zu, wie ich die Türen öffne und schließe, wie ich Licht auf- und abdrehe, wie ich die Clospülung betätige, wie ich beim Pinkeln mich mit dem Kopf auf der Wand abstütze. Aber was mich vor allem nervös macht, sie weiß auch, wenn ich zu der Lade mit den Messern gehe. Dann kommt sie gleich gelaufen und beobachtet mich noch genauer als sonst. Und weißt du, was ich glaube? Das verdammte Biest wartet nur darauf, dass mir ein Messer runterfällt und sie es mir in den Unterschenkel rammen kann! Ja! Und sie will mir das Kreuz brechen – rennt dauernd um meine Beine herum, damit ich umfalle und mir den Schädel zerschlagen – damit sie mein Gehirn fressen kann! Verdammtes Vieh! Die Augen jedenfalls mache ich bei der Nachbarin nicht mehr zu – irgendwann würde ich nämlich mit ein paar abisolierten Drähten um die Finger gewickelt aufwachen und nur mehr sehen, wie die Katze böse grinsend den Lichtschalter betätigt, um mir meine Gedärme zu verschmoren – dieses Mistvieh weiß genau, was Strom ist und was sie damit anstellen kann!
Ich muß die Katze der Nachbarin loswerden. Unauffällig. Aber wie nur?

Ich aas:
1 Weckerl mit allerhand Innereien
1 Flasche Orangensaft

… kein Foto – Handy leer …

Als Krapfen getarnte Faschistenpunschkrapfen aus dem Weltall!

Bin heut wieder im Rattenloch. Draußen fällt der Schnee, hier drinnen fallen die Nasenmänner. Die Luft steht, die Fenster sind zugeschweißt, die Klimaanlage pumpt Viren in den Raum. Kein Wunder also, daß sich jede Menge Rawuzer in der Nase bilden.
Im Raum sitzt ein Android mit blauem Filzhut. Ich hätte Lust, ihm den Kopf abzuhacken.
Ich habe herausgefunden, daß es um 13 Uhr im Rattenloch mühsam ist, einen freien Platz auf einer Kackschüssel zu ergattern. Das ist der Grund schlechthin, warum faschistisches Gedankengut nicht schlüssig ist! Alle, wirklich ALLE im Rattenloch müssen um ein Uhr scheißen. Alle. Rote, gelbe, braune, schwarze, weiße Ratten. Und wir Herrscher aus dem Weltall ebenfalls.

Und ich aas im Rattenloch:
1 Semmel mit Käse
1 Saft
1 Kaffee
1 Krapfen mit Kokos bestreut – gefüllt war das Ding mit etwas braunem, das auch in den Punschkrapfen drin ist

Vermodernde Explosionsgedanken im Herbst der 180 Grade

Letztes Wochenende dachte ich mir: „Was ist das bloß für ein farbloser Herbst.“
Und heute denk ich mir: „Da isser ja!“
Siehst du? So geht das? Ein paar Tage nur und trotzdem eine gedankliche Wendung um 180 Grad. So ist das bei mir. Aber es geht auch anders.
Gestern dacht ich mir: „Scheiß Rattenloch!“
Und heute denke ich mir noch immer: „Scheiß Rattenloch!“
Da mach ich wieder keinen Unterschied, gell?
Zuhause zu arbeiten ist einfach gut, es hat nur Vorteile. Ich kann bereits tagsüber trinken, brauche mir keine Sorgen wegen meiner Fahne zu machen, und kann Sauerkraut essen, bis mir die Gedärme explodieren. Keiner wirds riechen.

Ich aas:
1 Reste vom Sauerkraut
1 Apfel
2 Tomaten
1 Brot

Zum Thema Herbst – tote Bäume und vermodernder Dreck:

Pizza-Aas tiefgekühlt

Ich fuhr vor ungefähr zwei Stunden mit dem Auto ins Rattenloch. Und fast hätte ich mich selbst bei voller Fahrt aus dem Auto geschmissen. Warum? Wegen eines Werbespots, den ich im Radio hörte. Leider hatte ich es verabsäumt, das Radio abzudrehen, als die Werbung begann – so wie ich es immer tue. Und ich vernahm eine Werbung eines Tiefkühlpizzasanbieters, ich glaub „Wagner“ wars. Zum ersten Mal. Und dann kam mir in den Sinn: „Höre ich diese Werbung wirklich zum ersten Mal? Vielleicht habe ich sie schon gestern oder vorgestern gehört und nur nicht bewußt wahrgenommen.“ Und dann: „Vielleicht bekam ich gestern den Heißhunger auf Pizza, gerade WEIL ich diese Werbung unbewußt wahrgenommen habe!“ Und dann kam mir plötzlich: „Hu? Wer spricht denn da?“
Das alles hat mich so erschreckt, daß ich fast aus dem fahrenden Auto gesprungen wäre. Was soll ich nun tun? Soll ich heute Abend zuhause die Schachteln in die Mülltonne werfen und in Brand setzen? Oder soll ich das Pizza-Aas doch essen?
Oder noch besser: ich nehme die tiefgekühlten Pizzen mit auf eine letzte Fahrt mit dem Auto, fahre auf eine leicht entflammbare Tankstelle zu, fixiere das Gaspedal auf Vollgas und springe aus dem Auto.

Ja, so werde ich es machen. Ich höre auf meine inneren Stimmen und aas im Rattenloch:
1 alte Käsesemmel aus der Cantina (war nichts anderes mehr da)
1 Flasche Saft

Maschinelle Kartenapokalypse der Ratten

Die Apokalypse ist nah. Eh kloar.

Ich bin heute zum ersten Mal seit vielen Wochen im Rattenloch. Tiefgreifende Änderungen sind passiert. Man sieht kaum noch Menschen hier, dafür immer mehr Androiden, die surrend und korrekt ihrer wertlosen Tätigkeit nachgehen. Das wäre ja nicht so schlimm. Mir sind Roboter ohnehin lieber als die depperten „Human Resources“. Aber was schlimm ist, was mich jetzt fast aus den Socken geschossen hätte: ich halte der Seniora de Cantina einen Zehner vor die Nase.
„Nein.“
„Was nein?“
„Geht nur mehr mit Karte.“
Man kann nur noch mit dem Chip auf der Bankomatkarte zahlen. Ich mußte lachen, während ich den Schein wegsteckte und die Karte rausfischte. Die Prophezeiungen gehen in Erfüllung. Das Bargeld wird Schritt für Schritt abgeschafft. Zum Glück hatte ich etwas Guthaben auf dem Chip (man kann nämlich immer öfter in den Kabinen der Peepshows damit blechen).
Und hatten sie etwas ein stinknormales Kartenlesegerät? So ein kleines blaues, wie man es im Supermarkt sieht? Nein. Das Ding sah eher aus, wie eine sauschwere, neumodische Espressomaschine. Zwei leuchtende Knöpfe, einer blau, einer rot.
Ich steckte die Karte rein, drückte mal auf den blauen Knopf.
„Nein, sie haben die Karte zu früh reingesteckt. Bitte nehmen Sie sie raus und warten Sie, bis ich es Ihnen sage.“
Okay.
„Jetzt gehts.“
Ich schiebe die Karte rein, drücke den blauen Knopf.
„Nein, sie dürfen keine Knöpfe drücken. Bitte nehmen Sie die Karte raus.“
Okay.
„Und gehts schon?“
„Nein, bitte warten Sie bis ich Ihnen sage, daß Sie die Karte reinstecken können.“
Na fein.
„Jetzt gehts.“
Alles läuft automatisch ab. Das Geld wird abgezogen, ich drücke den grünen Knopf.
„Nein, sie haben die Zahlung abgebrochen. Bitte drücken Sie KEINE Knöpfe.“
Irgendwann gings doch. Androiden kommen damit besser klar.

Ich aas einsam in einer Ecke – die Sitzplätze waren von den Androiden besetzt:
1 Teller mit irgendeinem Gemisch drauf – sehr patriotisch
1 Weckerl

Widerliches Geruchsgesindel

Nach langer Zeit war ich heute einmal wieder im Rattenloch. Es gab Arbeit. Während meiner Abwesenheit haben sie den Speisesaal beerdigt. Er ist jetzt nicht mehr im siebenten Stockwerk, sondern im zweiten Tiefgeschoß – natürliches Licht beim Essen braucht niemand!
In dem kleinen Zwinger, den sie „Arbeitsplatz“ nennen, war die Hölle los. Wir waren fünf Sklaven in einem Raum, der laut Gesetz zu klein für einen einzigen ist! Die Stimmung war unerträglich. Kein Wunder, wenn du neben dir vier Nichtraucher hocken hast und dieser Raum vorher das einzige Raucherzimmer im Stockwerk war. Den Geruch bekommen sie nicht mehr weg. Egal wie sehr man Fenster und Türen öffnet, es riecht, als würde der Teufel höchstpersönlich neben dir eine Havanna rauchen.
Ich meine, mir macht ja der Rauch nichts aus, die menschliche Nähe ist es, die mir den Tag verdrießt. Pfui! Wie ich das verabscheue! Menschengesindel in Geruchsweite! Aus den Augenwinkel konnte ich den Angstschweiß von ihrer Stirn tropfen sehen, wie er in eine Lache aus Blut und Verwesung fuhr und Fontänen an Schmerz hochschießen ließ. Und das in Zeitlupe! Mit hallendem Sound dazu! Zum Kotzen!

Morgen verkrieche ich mich zuhause. Mit einer Flasche Aperol. Oder zwei.

In der Catina aas ich:
1 Weckerl mit weißen Matsch und Tomaten
1 Plastikflasche Saft