Wenn der Todestag des Heiligen Nikolaus ist

Heute ist Nikolotag. Das ist für mich ein wichtiger Tag, da er mich an das größte Trauma meiner Kindheit erinnert. Vor einigen Jahrhunderten nämlich erklärte meine Mutter mir am 6. Dezember, daß der Nikolo nicht zu mir kommen wird. Und zwar NIE WIEDER! Sie wollte mir nicht die Illusion nehmen, es gäbe einen Nikolo – nein, so brutal wollte sie mich nicht aus meiner kindlichen Traumwelt reißen -, Mutter wollte mir nur nahelegen, Nikolo für immer abzuschreiben. Und das waren so in etwa ihre Worte:

„Lieber Matla, wahrscheinlich verstehst du mich nicht oder hörst mir gar nicht zu…. Trotzdem. Ich muß dir eine schlechte Nachricht überbringen. Der Nikolo… er wird heuer nicht kommen…. er…. er wird nie wieder kommen. Weißt du? Du mußt jetzt stark sein! Es ist etwas schreckliches passiert. Er war auf dem Weg hierher und…. und…. und ist leider tödlich verunglückt. Er ist… äh…. mit seinem Auto von der Straße abgekommen und in die Schlucht gestürzt….. NEIN! Weine doch nicht, Matla!…. Und…. noch was…. weißt du, es ist nämlich so…… das Christkind war auch im Auto…..“

Dem Todestag des Heiligen Nikolo zu Ehren koche ich! Ja, du liest richtig. Ich koche:

Baby, Baby, es gibt REIS! REISFLEISCH! Mit einem Salzstangerl!

Herr Fetz

Habe ich schon einmal von Herrn Fetz erzählt? Ich glaube nicht.

Herr Fetz – ich hoffe, man schreibt seinen Namen so – ist ein Mann, der mit den Kugelschreibern, die ich im Rattenloch zusammenbaue, zu tun hat. Zumindest nehme ich das an, denn er stellt mir in unregelmäßigen Abständen recht schlüssige und sinnvolle Fragen zu meiner Arbeit – geradezu so, als würde er sich mit den Dingen, die ich mache, auch beschäftigen.

Ich selbst habe Herrn Fetz noch nie zu Gesicht bekommen – unsere ganze Beziehung läuft über Telefon ab. Und das einzige, was ich mit Sicherheit von ihm weiß, ist, daß er ein Arbeitstier ist. Immer, wenn wir telefonieren, befindet er sich nämlich in einer Situation, in der andere Menschen nicht unbedingt telefonieren wollen. Er bleibt aber trotzdem immer sachlich und erwähnt in keinster Weise die unpassende Gelegenheit dieses Telefonats. Manchmal entschuldigt er sich sogar dafür.

Meistens sprechen wir miteinander, wenn er beim Mittag- oder Abendessen ist. Er dürfte immer in Großkantinen essen, in denen man ums Essen kämpfen muß.
Zweimal haben wir telefoniert, als er scheinbar bei einer Bundesheerübung war. Im Hintergrund hörte ich Maschinengewehrfeuer und Schreie nach Sanitätern. Er sprach ganz lässig mit mir – nur einmal setzte er aus, weil er einem Panzer aus dem Weg robben mußte.
Vor drei oder vier Jahren telefonierten wir – da war er sehr außer Atem. Einige Wochen später hat er sich dafür entschuldigt. Er wollte an diesem Tag in Italien heiraten und war gerade eiligst auf dem Weg zur Kirche.
Und heute rief ich ihn an, weil ich schon lange nichts mehr von ihm gehört hatte:
M:“Herr Fetz! Hier spricht Matla! Hätten Sie vielleicht kurz Zeit?“
F:“Ja. Aber nur kurz.“
Im Hintergrund das Geschrei spielender Kinder.
M:“Herr Fetz! Ich wollte nur… verstehen Sie mich?…. ich wollte nur….“
Plötzlich im Hintergrund ein lautes: „Paaaaaapaaaaaa!“ – so als würde ein Kind in eine endlose Schlucht stürzen!
F:“Äh, doch nicht. Auf Wiedersehen!“
Klick.

Eine Stunde später rief er zurück, entschuldigte sich förmlich und sagte, daß er sowieso etwas sehr ernstes mit mir besprechen wolle. Er begann zu sprechen, doch auf einmal wurde er wieder von Hintergrundgeräuschen übertönt. Anscheinend spielten Kinder gerade eine alte, eiernde Kinderliedkasette ab und sangen kreischend dazu – „Alle meine Entlein“. Herr Fetz sprach lange, ich verstand kein Wort. Ich wollte aber nicht unhöflich sein und beteuerte daher in regelmäßigen Abständen den Ernst seiner Aussage. Zum Beispiel sagte ich nach „…sonst wird dich der Jäger holen…“ ganz passend: „Das ist ja schrecklich, Herr Fetz!“

Seltsam benommen esse ich:
1 Grahamweckerl mit EKG
1 Apferl, das mit seinem Ständer bald davonsegeln wird