Schneebuhmann

Gestern hat einer in der Anstalt Scheiße gebaut und die Schuld auf mich geschoben. Ein anderer hatte deswegen einen Haufen Arbeit. Deshalb bin ich jetzt der große Buhmann. Mich stört das eigentlich überhaupt nicht – ist sogar fast lieber. Keiner sagt was zu mir, ich muss nicht über ihre unlustigen Witze lachen und brauche kein schlechtes Gewissen haben, wenn ich die Kopfhörer drin habe und von ihren verschissenen Gesprächen nichts mitbekomme.
Heute haben zwei andere Scheiße gebaut. Jetzt kehrt in unsere Zelle schon langsam der Normalzustand zurück: jeder hasst jeden. Ich habe darüber kurz mit einem aus einer anderen Zelle geredet: „Ja, das stimmt. Ihr seid ein Haufen Schneebrunzer.“

Grüße aus der Buhmännerabteilung – und ich aas:
1 Gustobaguette
1 Heidelbeermuffin

Salziges Verlangen über Harmagedon

Mir ist das Blut übers Gesicht geronnen. Warm und friedlich hat es sich angefühlt. Ich kann das nur empfehlen. Den ganzen Sonntag zehrte ich von dieser einmaligen Erfahrung.
Nein, nein, Grund war diesesmal keine verlorene Schlägerei, nein, es war vielmehr ein seltsames Verlangen nach mehr Geschmack. Normalerweise ist es mir ja scheißegal, wie das Essen schmeckt (ich will nur schnell und einfach satt werden), aber gestern kam es mir so vor, als müßte ich unbedingt Salz aufs Brot streuen. Und genau das wurde mir zum Verhängnis.
Das Salz, und vielleicht auch andere Gewürze, liegen bei mir in dem Regalfach, in das ich alles reinstopfe, was ich nicht mehr sehen will oder ohnehin nie brauche. Ich weiß nicht, warum in diesem Regal auch ein Hammer lag. Jedenfalls war es genau der Hammer, die mir auf die Schädeldecke knallte, als ich den verfluchten Salzstreuer mit einem schnellen Ruck aus dem ganzen Krempel hervorziehen wollte.
Ich genoß das Gefühl der Benommenheit, die vielen kleinen leuchtenden Ufos, die um meinen Kopf schwirrten, die Süße des Blutes, den schönen Farbkontrast am weißen Hemd. Mein erster Gedanke war: „Schade, dass hier kein Schnee liegt.“ Ich zog mir das weiße Hemd aus der Hose und wischte mir das Blut vom Gesicht. Mäßiger Erfolg nur, das Hemd saugte nur wenig Blut auf. So wankte ich zur Nachbarin hinauf, um mit ihr die Stunde meines Blutes mit ihr zu teilen. Unglaublich! Mit ihrem Badezimmerschrank könnte meine Nachbarin selbst all die Milliarden von Verwundeten der letzten Schlacht auf der Ebene von Harmagedon erstversorgen.

Ich aas:
1 Plastik mit Pikanwurst
1 Plastik mit Käse
1 Kronprinz Rudolf, der selbst den Tag des jüngsten Gerichts überdauern wird

Als Krapfen getarnte Faschistenpunschkrapfen aus dem Weltall!

Bin heut wieder im Rattenloch. Draußen fällt der Schnee, hier drinnen fallen die Nasenmänner. Die Luft steht, die Fenster sind zugeschweißt, die Klimaanlage pumpt Viren in den Raum. Kein Wunder also, daß sich jede Menge Rawuzer in der Nase bilden.
Im Raum sitzt ein Android mit blauem Filzhut. Ich hätte Lust, ihm den Kopf abzuhacken.
Ich habe herausgefunden, daß es um 13 Uhr im Rattenloch mühsam ist, einen freien Platz auf einer Kackschüssel zu ergattern. Das ist der Grund schlechthin, warum faschistisches Gedankengut nicht schlüssig ist! Alle, wirklich ALLE im Rattenloch müssen um ein Uhr scheißen. Alle. Rote, gelbe, braune, schwarze, weiße Ratten. Und wir Herrscher aus dem Weltall ebenfalls.

Und ich aas im Rattenloch:
1 Semmel mit Käse
1 Saft
1 Kaffee
1 Krapfen mit Kokos bestreut – gefüllt war das Ding mit etwas braunem, das auch in den Punschkrapfen drin ist

Nasenblut auf Japans Schnee

Ich liebe Tage, an denen es schneit. Tonnen weißen Schnees rieseln auf Tonnen von Hundsdreck. Überziehen diese verkommene Stadt mit einem Schleier der Unschuld. Ist zwar nur oberflächlich, aber das genügt mir.
Den ganzen Tag schon sitze ich da und schaue raus. Ich beobachte wie die Schneeflocken vor meinem Fenster verspielt wie junge Katzen auftauchen, neugierig, freudig die Welt untersuchend, und dann langsam und unaufhaltsam in den Abgrund stürzen. Das beruhigt. Ja, das beruhigt mein sorgenschweres Gemüt. Dieses hypnotisierende Dahinschweben läßt auch meinen Geist davontreiben. Und zwar dorthin, wo der Schnee am schönsten fällt. In die Berge Japans.
Um mich von diesen nostalgischen Erinnerungen aber nicht zu sehr in die unendliche Tiefe der geistigen Einsamkeit ziehen zu lassen, bin ich jetzt grad in der Pizzeria gewesen. Dort ist es auch  nicht schlecht. Der Chef, ohnehin schon einen explosionsgefährdeten Rotkopf, strauchelt von Asthmaanfall zu Asthmaanfall, während er versucht, dem Pizzakoch aus Favoriten, der an einer Art ewigen Nasenblutens leidet, meine Bestellung zu erklären. Nun, ich mache es selbst:

1 Quattro Formaggio mit Extrakäse

Das Weihnachtsloch

Wenns draußen bitter kalt ist, wenn der Schnee fast bis zum Dach reicht, wenn die Landschaft nur mehr unförmige weiße Unendlichkeit ist, wenn die fast zugewehten Fenster der warmen Backstuben am frühen Morgen güldern leuchten und nun auch am Abend, weil emsig viele Weihnachtsleckerein gebacken werden müssen, wenn die Straßen nach Zimt und Kardamom riechen, dann ist es nicht mehr fern, das hohe Fest. Deine ganze Sehnsucht gilt dem prasselnden Kaminfeuer, Geborgenheit durch Wärme, unerhöhrt schöne Weihnachtsmusik, die die Heerscharen der Engel, den Herren und die glorreiche Geburt seines Sohnes lobpreisen, in den Ohren, du kuschelst dich ins Schafsfell am Sofa, und schlürfst selbstgemachten Tee mit Heilkräutern. Du denkst an Menschen, die du liebgewonnen hast, und die dir fehlen. Weihnacht überall!
Weil auch ich mich diesen Gefühlen mit voller Gewalt hingebe, beschloß ich gestern Abend, ein paar Leute anzurufen, mit denen ich schon lange nicht mehr gesprochen habe. Ich nahm mein Handy und öffnete die Kontaktliste – ich wollte einfach Eintrag für Eintrag durchgehen, um zu sehen, wen ich denn da finden würde. „Arschloch“, so der erste Eintrag. Okay, den überspringen wir. „Arschloch1“, nein, auch nicht. „Arschloch11“, na gut, den probier ich. Da hob keiner ab. „arshlöcher“, mit dem hatte ich Erfolg… immerhin ein Tonband einer sozialen Einrichtung. Dann kam „Muttern“. Nein, mit der rede ich schon lange nicht mehr. Der Eintrag danach war auch schon der letzte. „Unaussprechlich Häs“, nun, ich war sehr gespannt, wer sich melden würde. Die Nachbarin.
„Ich telefoniere nur mit Arschlöchern.“, sagte ich.
„Und? Was rufst du mich da an?“, fragte die Nachbarin.
„Naja, es hört nicht auf.“, antwortete ich und legte ganz vorsichtig auf, fast so, als hätte ich Angst, ihre rächende Faust könnte direkt aus dem Telefon auf mich fahren.

Und ich aas:
1 Apfel
1 Käsemonstrum
1 Gabelbissen

Sehr eindrücklich dahie, währschafte Speisen und i bin uahi gsin

Da wäre ich wieder. Mehr oder weniger. Eher weniger.
Ich war in der Schweiz und kann berichten, daß unsere anarchistischen Terrorzellen gut gediehen sind. Es sind gute Kameraden, die weder Tod noch Teufel fürchten.
Es ist „alles sehr eindrücklich dahie“, wie die Schweizer es selbst nennen. „Währschafte Speisen“ essen sie und der schweizer Mut schlägt sich auch in der Speisekarte nieder. Sandwiches nennen sie „Eingeklemmte“….. ich würde mir den Verzehr zweimal überlegen.
Dort wo ich war, sprachen sie berndeutsch… eine völlig unverständliche Sprache. Sie gaben sich aber trotzdem große Mühe, damit ich sie verstehe.
Ich kann nun mit Stolz sagen: „I bin am Rothorn uahi gsin!“… was soviel bedeutet wie: „Ich bin am Rothorn oben gewesen!“

Die Leute, die ich aufsuchen wollte, mußte ich erst finden. Sie waren verzogen. Sie wohnten damals direkt am Brienzer See, doch wanderten sie bald Richtung Berg weiter. Dort oben haben sie Ruhe von den Japanern und ihren Fotoapparaten.
Eine kleine Hütte bewohnen sie nun und versorgen sich großteils selbst. Schweizer ernähren sich ohnehin fast ausschließlich von Brot und Käse. Übrigens: wenn bei uns die alten Säcke von der Nachkriegszeit reden, heißt es immer, daß es schwer war, „Brot und Butter“ zu bekommen. Die Schweizer jedoch sprechen dann von „Brot und Käse“…. „Sie hatten nicht einmal genug Geld, um für ihre Kinder Brot und Käse zu kaufen.“
Strom gab es nur hinundwieder… Probleme mit den Leitungen… zuviel Regen in der letzten Zeit. Warmwasser für Körperpflege gab es nie.
Das Wetter war optimal. Angenehm kühl und viel Regen. Ich liebe es, im Regen zu wandern.
Wenn ich morgens die Augen öffnete, blickte ich auf die enorme schneebeckte Masse von Eiger, Mönch und Jungfrau und wenn ich abends heimkam, flößte mir das Rothorn mit seiner Gewalt Respekt ein.
Manchmal wurde ich auf meinen Wanderungen von jemandem begleitet. Wir beobachteten Steinböcke, suchten Beeren und tranken aus Bachsenken, in denen sich noch der Schnee vom letzten Winter hielt.
Bekannte besuchte ich, Freunde verließ ich.

Heute hocke ich im Rattenloch – hier ist alles grau:
1 Melange – mir fiel der Name nicht ein… dachte immer an „Cafe Creme“ und „Cafe Schale“
1 Süßspeise mit Kopfschuß

Die eingeklemmten Speisen:

Schneenotfall! Der Tod der armen Tierchen!

Wenn der Schnee der Schnee so erbarmungslos und tödlich zuschlägt wie heute hier heute hier in Wien, dann sind die notleidensten Tiere unter uns die die Vögel. Da wird nicht mehr viel ge-nein-ge-nein-ge-nein-gevögelt, nein, da wird gezittert und gestorben orben rben.
Ich, der ich nur ein Herz für Tiere Herz für Tiere habe, habe habe habe heute morgen gleich nach dem Aufstehen ein Schüsselchen mit Notfalltropfen raus aufs Fensterbrettett gestellt.

Ich esse (leider nur nur, denn meine Wintervorräte neigen sich dem Ende zu Ende zu):
2 KrakrikrekruKronprinz Rudolfäpfelchen, fein auf-, durch- und umgesäbelt mit meinem Matla-der-Vogelschlitzer-Messer esser

Krise, Krise, Krise

Ein Tag wie eine Krise. Keine Kronprinz Rudolf Äpfel bei Zielpunkt.

Wenn ich des Morgens irgendwohin komme, muß ich dem Clo durch einen gemütlichen Gutenmorgenschiss für den Rest des Tages quasi meinen Stempel aufdrücken. Als ich das heute in der neuen Anstalt machen wollte, mußte ich feststellen, daß jemand das Fenster nicht geschlossen hatte und am Clodeckel ein bißchen Schnee lag. Krise! Die Temperatur vertrieb mich dann endgültig aus dem Clo und ich schwor mir, bei nächster Gelegenheit ins Waschbecken zu kacken.

Ich esse:
1 Dose Schinkenfleckerl, die wider Erwarten hervorragend schmecken
1 Apfel Gala, der beschissen schmeckt

Schnee in Reinform

Das Erwachen am Sonntag war nicht so gut. Wieder Neuschnee. Das kann man sich nicht gefallenlassen. Will man sich denn ewig von der Wettermaschine auf den Kopf sch…neinen lassen? Plop – ein paar Notfalltropfen eingenommen und den Föhn aus dem Badezimmerbereich unter der Küchenarbeitsplatte geholt.
Ich mußte ein Zeichen setzen, quasi einen symbolischen Akt: ich tötete Schnee mit Föhn – am Fensterbrett. Der Nachbar von gegenüber holte sich gerade mit einem Zahnstocher das Frühstück aus den Zähnen und beobachtete mich interessiert.
Ich ließ es bald bleiben, denn ich erinnerte mich plötzlich, was unter dem Schnee lauert. Die Stadt und ihre dicke Schicht aus Feinstaub und Taubenkacke.

Ich esse:
2 Semmeln mit Extrawurst, Gouda und Essiggurkerln

Das ist Mittagessen in Reinform!

Paprika Matricis

Als ich gestern um Mitternacht das Rattenloch verlassen habe, hatte ich ein Déjà vu: Advent, Mitternacht, Schnee, jede Menge Überstunden, nur Streß. Nachdem ich mich dann prophylaktisch vor etwaigen Agenten der Matrix in Sicherheit gebracht hatte, mußte ich ganz schön lange suchen, um meine verkackte Closchüssel (sprich Auto) zu finden – war alles voll Schnee.
Die Heimfahrt war romantisch: jungfräuliche Schneefahrbahnen, schlitternde Autos, die Augen der Leute funkelnden (vor Haß auf den Schnee).
Ich dachte mir: „Ja, du Stadt. Tu nur so unschuldig mit deinem weißen Brautkleid. Ich weiß, was du vor hast. Du Luder.“

Ich esse:
2 Grahamweckerl
1 Dose Landfrischkäse Natur nur 4,5% Fett – Konsument Testurteil Sehr gut – für weitere nützliche Informationen schreibe bitte unbedingt an office@landfrisch.at
1 roter Paprika (gleicht momentan farblich meinen Augen)
1 Schachtel Sirius
1 Snickers