Törnbericht Kykladen 2009 – Teil VI – Shit, shit, shit!

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In den Kommentaren des letzten Beitrages habe ich mit lizzy alternative Enden ausgearbeitet. Doch sie alle wären nicht so schlimm, wie das, was tatsächlich passiert ist. So geht es weiter:

Während des ohnehin schwierigen Anlegemanövers im neuen Hafen von Mykonos wurde ich abgelenkt.
„Maaaatlaaaaa! Uhuuuuuuu!“, hörte ich von der Mole zugerufen.
Es war die Nachbarin. Wie geplant. Doch standen neben ihr zwei weitere Menschen, die ich nicht erwartet hatte. Meine Mutter und ein kleiner dunkler Typ mit Sonnenbrille, Schnauzbart, Strohhut und Unterleiberl übern Bierbauch. Ich konnte es nicht fassen.
„Sag mal bist du verrückt? Du kannst doch nicht irgendwelche Leute mitanschleppen!!“, plärrte ich der Nachbarin quer über das Hafenbecken entgegen.
„Zwei Meter!“, rief ein Crewmitglied.
„Ich bin nicht ‚irgendwelche Leute‘, Augustin Matla!“, schrie meine Mutter mit leicht flatternden Augenlidern und klopfte angespannt mit dem Fuß auf den Asphalt.
„Ein Meter!“, rief bereits etwas nervös das Crewmitglied, dem ich angeordnet hatte, mir den Abstand zur Mole zuzurufen.
„Shiiiiiiiiiiit!“, kreischte ich und gab volle Kraft zurück. Fast hätte ich im heißen Dampf der kochenden Emotionen die Scheißmole übersehen.
„Überraaaaschuuuung, Matla!“, johlte die Nachbarin inmitten einer immer größerwerdenden Menschenansammlung aus anderen Seglern und griechischen Eingeborenen, die interessiert das Hafenkino genossen.
„Shit! Shit! Shit!!! Wir hauen ab! So! Wir fahren wieder! So! Alles zurück! Wir fahren wieder! So! Schluß!“, entschied ich polternd. Sollten die drei doch auf der Mole verrecken! Wer war eigentlich der Gartenzwerg neben meiner Mutter? Ich zeigte ihnen den Mittelfinger, zuerst mit der einen Hand, danach mit der anderen Hand, dann mit beiden Händen und drehte ab.
Nur das Gutzureden der Crew ließ mich dann doch noch umdenken. Alles halb so schlimm, es ist doch deine Mutter, sieht doch eh nett aus und so weiter. Ich zog mein T-Shirt etwas über den Kopf und zündete mir im Windschatten zwischen Stoff und Haut eine Zigarette an – nur so gehts an Deck.
Also gut. Ich konzentrierte mich, so gut es ging, auf das Anlegemanöver, beachtete die Schreie und Drohgebärden der wutentbrannten Nachbarin und meiner Mutter nicht weiters, und ging, nicht chaotischer als sonst auch, längsseits an die Mole.
Nach Beendigung des Anlegetreibens flüsterte ich rasch meinen Freunden zu: „Lenkt sie ab. Ich komm gleich“ und verzog mich unter Deck. Während ich ein paar gekünstelte Begrüßungsfloskeln von oben hörte („Willkommen, hähähä.“), schnappte ich mir die offenen Flasche Weißwein und zog mir ordentlich was rein. Machte noch ein paar Züge an der Tschick, überlegte angestrengt, wer der kleine Dunkelhäutige sein könnte, ob ich schon einmal gesehen hatte, und stapfte wankend wieder nach oben.
„Wie schön, euch zu sehen!“, rief ich den drei Neuankömmlingen freudestrahlend entgegen und öffnete meine Arme wie Jesus, der die Aussätzigen segnen wollte. Ich stieg über die Reling an Land und begrüßte zunächst einmal Mutter. Kuß auf die linke Wange, Kuß auf die rechte Wange und ins Ohr geflüstert: „Wer ist der kleine Scheißer?“. Als Antwort erhielt ich von ihr einen leichten Fauststoß in den Magen. Mmmpf.
Dann begrüßte ich meine Nachbarin mit einem Handschlag. Verachtung und Tod sprühten mir aus ihren Augen entgegen.
„Sag mal, wolltest du jetzt wirklich wieder wegfahren?“, grollte sie.
„Nein nein. Natürlich nicht. Weißt du, ich wollte mich nur für die tolle Überraschung revanchieren und dich ein bißchen schrecken. Ist mir wohl gelungen. Hähä.“, antwortete ich.
„Okay.“, sagte die Nachbarin erleichtert, stellte sich auf die Zehenspitzen und gab mir einen Kuß.
Ich wischte mir den Mund mit den verdreckten Hemdsärmeln ab und ging zu dem Gartenzwerg, den ich noch nie im Leben gesehen hatte. „Und wer bist du vielleicht?“
Er sah mich nur an.
„Habla español! Él no entiende el alemán.“, fiel meine Mutter ein, „Se trata de Jorge, Mexicano. Él es mi cocina.“
Übersetzt: „Sprich Spanisch! Er versteht kein Deutsch… Das ist Jorge, Mexikaner. Er ist mein Koch.“
Es war noch immer ziemlich heiß, ich war müde und hatte Hunger. Ich konnte diese Situation nicht mehr mit vollem Bewußtsein nachvollziehen.
„Aha. Gut. Schmeißt eure Sachen aufs Boot und gehen wir was trinken. Dann können wir alles besprechen. Das Boot und wie alles geht und wer wo schläft und wer wieder nach Hause fliegt. Und wen wir nach Mexiko in die Wüste jagen.“, sagte ich leicht benommen, hockte mich derweilen unter eine schattige Palme und versetzte mein Gehirn auf Standby, während sich die Menschenmenge wieder auflöste.

Kommen sie wieder und versäumen sie nicht die nächste Ausgabe dieses Törnberichts.

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mytoern.net

Hallo, Neo!

Gestern Abend bin ich eigentlich schon früh besoffen gewesen und nahm mir vor, mal etwas zeitiger schlafen zu gehen. Du weißt, Schlaf ist gesund.

Ich schlummerte also friedlich im Koma dahin, als mich ein Bimmeln hochschrecken ließ. Automatisch sah ich auf den  Wecker und las 01:54 Uhr ab. Ich sprang hoch und rannte zum Festnetztelefon. Dabei riß ich die Stehlampe um und  stolperte über irgendwelche Stiefel. Etwas schreckliches mußte passiert sein. Fast niemand kannte diese Nummer und ich selbst hatte fast schon vergessen, daß ich ein Festnetztelefon besaß. Doch das Telefon läutete kein zweitesmal. Ich nahm den Hörer und las das Display ab. ‚Privat‘. Sehr lustig. Ich riß das Telefon samt den Kabeln vom Tisch und legte es vorsichtig in den Mistkübel. Plötzlich hörte mein linkes Ohr das Piepsen des Computers, das er macht, wenn ich ihn einschalte. Ich blieb regungslos im Dunkeln stehen und wagte nicht, mich zum Computer zu drehen. Die kleinen Lampen des Computers und des Monitors blitzten auf und erzeugten grausame Schatten auf den Wänden. Ich versuchte aus den Augenwinkeln zu beobachten, ob sich die Tastatur bewegte oder ob irgendwas am Bildschirm zu lesen war.
Ein Ablenkungsmanöver! „Ich brauche ein Ablenkungsmanöver!“, schoß es mir durch das Gehirn. Ich hatte noch immer eine leere Bierdose vorne in meiner Unterhose stecken – ich zog sie langsam heraus – der Gummi der Unterhose verursachte dabei leider ein übertrieben lautes Schnalzen – UND WARF sie gegen das Fenster! Der die Stille zerfetzende Knall und die Spritzer des restlichen Biers mußten Ablenkung genug sein! Ich lief wie ein Irrer in die Küche, riß den
Kühlschrank auf, schnappte mir ein Bier, hopste quer durchs Wohnzimmer zurück ins Schlafzimmer, stolperte zum zweitenmal über die verdammten Stiefel und hechtete mit einem gewagten Köpfler ins Bett. Zog mir die Decke über den Kopf, atmete kurz durch und öffnete die Bierdose. Dabei rann mir einiges an Bier auf den Schwanz – wollte es wieder weglecken, erinnerte mich dann aber, dass das nicht so einfach geht. Das Bier trank ich aber trotzdem praktisch in einem Zuge aus. Das Bier tat gut. Machte mir Mut. So sprang ich also unter der Decke hervor – auf alles gefasst – und sah….. nichts. Der Computer befand sich wieder auf Standby.

Schaudernd esse ich – leicht verschwitzt:
1 EKG
1 Apferl