Dieses katholische Gymnasium interessierte mich eigentlich überhaupt nicht. Wusste einfach nicht, was ich mit dem ganzen Krempel, den sie da Tag für Tag auf mich einredeten, anstellen sollte. Ich zeichnete viel lieber Comics, die von den verrückten Lehrern handelten. Die Geschichten waren bei meinen Mitschülern sehr beliebt und mir gaben sie Gelegenheit, meine Gedanken aus dem Käfig zu lassen.
Nur die Ferien verbrachte ich zuhause in den Bergen. War auch nie sehr lustig, denn Freunde hatte ich dort keine mehr. Mit fünfzehn, glaube ich, war‘s, als Mutter mich den Sommer über nach Griechenland schickte. Auf einmal erzählte sie mir etwas von einem Bruder, den sie in Athen hatte, meinem Onkel Ramón. Mutter war nicht gerade begeistert davon, aber Tante war verreist und uns drohte wieder einmal der Verlust unseres Hauses. Mutter hatte kaum für sich selbst genug zu essen und mir war alles andere lieber als in der Wildnis zu verhungern oder dort in der ewigen Scheißkälte zu erfrieren. Onkel Ramón hatte Flugtickets geschickt, ich konnte auf der Stelle aufbrechen. Mutter weinte, tobte, beschwor mich, ja wieder zurückzukommen, ja nicht bei Onkel Ramón zu bleiben, ich war ja noch ein Kind, was sollte sie nur tun. Mutter lief im Kreis. Sie telefonierte lange mit Onkel Ramón, schrie ihn an und wünschte ihn und sowieso die ganze Verwandtschaft zum Teufel. Am nächsten Tag war ich auch schon in Athen.
Schlagwort: Tickets
Heimkehr aus Griechenland, Teil 7
Na gut. Erzähle ich halt doch noch weiter.
> hier gehts zu Teil 1 der Heimkehrerstory.
Die Nachbarin kehrten zurück zum Boot in der Marina. Eine letzte Nacht blieben wir noch an Bord und zumindest hatten wir nun nach einer kleinen Odysee durch den griechischen Eisenbahnbehördensumpf zwei Zugfahrkarten, die uns am nächsten Tag von Athen nach Thessaloniki bringen sollten.
An diesem Abend ließen die Crew und wir nichts aus. Alkohol in rauhen Mengen, Gegröle, Gekreische, Gerangel, die Nachbarin verrauchte ihre letzten drei Zigaretten. So verabschiedeten wir uns von der Protheas und wußten, daß uns zuhause der Herbst erwartete. Vor dem Schlafengehen verabschiedeten wir uns noch. Teile der Crew hatten unterschiedliche Flüge gebucht, mußten zu unterschiedlichen Zeiten aus dem Bett.
Als ich am nächsten Morgen aus meiner Kajüte kroch, sah ich nur mehr zwei Leute davonrennen. Sie waren schon spät dran und wollten den Flug nicht verpassen. Ich weckte die Nachbarin. Als sie wach war und auch ein Letzter der Crew heranwankte, schlug ich den beiden vor, nach Athen zu fahren und dort das Frühstück einzunehmen. Von dort aus hatten die Nachbarin und ich nicht mehr weit zum Bahnhof und der Bus zum Flughafen fuhr dort für das Crewmitglied auch ab.
Nach einem griechischen Kaffee und etwas, das wie ein Croissant schmeckte, trennten die Nachbarin und ich uns von dem Seglerkollegen und fuhren zum Bahnhof. Alles war ruhig, wir hatten ja die Fahrkarten schon, es konnte nichts mehr passieren. Nur ab und zu jammerte die Nachbarin, weil sie gerne eine Zigarette rauchen wollte, aber sich ja vorgenommen hatte, nicht mehr rauchen.
Wir waren etwa eine halbe Stunde vor Abfahrt am Bahnhof. In aller Gemütlichkeit spazierten wir durch die Halle. Mir fielen dabei ein paar gutbesuchte Schalter auf der anderen Seite auf, die mir bis jetzt entgangen waren. Über denen stand irgendwas geschrieben wie: „Tickets for departure at same day“ Zuerst dachte ich mir nichts dabei, aber dann tauchte in mir doch die Frage auf, WARUM es diese Schalter überhaupt gab, wenn man doch 72 Stunden vor Abreise die Fahrkarten kaufen mußte. Mit aller Kraft vertrieb ich diese Gedanken aus meinem Kopf und fragte jemanden, ob der Zug auch pünktlich kam.
Und tatsächlich! Er kam pünktlich! Unser Zug! Er stand vor uns! Plötzlich stürmten alle auf einen Uniformierten zu, der aus dem mittleren der drei Wagons gehüpft war. Angst packte mich! Was war das jetzt wieder? Mußte man um einen Platz kämpfen, wenn man nicht reserviert hatte? Die Nachbarin sprang in das Menschenkneuel und stieß alle zur Seite. Sie zeigte dem Mann ihre Tickets. Der nickte nur und deutete auf den ersten Wagon. Okay, alles klar. Wir konnten einsteigen. Die Leute fragten den Typen nur, wo sie sitzen sollten. Auf jedem Ticket stand nämlich die Wagon- und die Sitzplatznummer. Wir stopften unser Gepäck irgendwohin und nahmen Platz. Wir waren im Zug. Nichts konnte uns jetzt noch in Athen halten. Der Zug fuhr ab.
Und wenn du glaubst, daß das alles war, dann täusch dich nicht. Die Geschichte geht jetzt erst richtig los.
Ich aas so wie gestern:
Lebkuchen, Lebkuchen, Lebkuchen, rot, blau, grün
Heimkehr aus Griechenland, Teil 6
> hier gehts zu Teil 1 der Heimkehrerstory.
Am Nachbarschalter tauchte ein Mann mit ängstlichen Augen auf. Er sah ziemlich seriös aus der Typ. Ich zwinkerte ihm aufmunternd zu, während die Nachbarin den besoffenen Griechen anschrie. Er winkte mich hektisch zu sich. Als er mir sagte, daß er uns helfe würde, stupste ich die Nachbarin vorsichtig an. Die ließ noch ein paar heftige Worte und Faustschläge fallen und kam dann zu mir herüber.
„Und? Macht er uns jetzt glücklich?“, fragte sie mich ungeduldig. Der Nikotinentzug stand ihr ins Gesicht geschrieben.
„Ja, er ist der Boß hier.“
Der äußerst höfliche und kompetente Schalterbeamte erklärte uns die Situation in gutem Englisch. Wir könnten die Tickets erst in Thessaloniki kaufen, das ginge hier in Athen nicht. Aber das sei kein Problem, es ginge auch ohne Reservation.
Hmmm, es ginge auch ohne Reservation. Dieser Satz lief ein paar Runden in meinem Kopf im Kreis herum.
Der Mann zeigte uns die Strecke die fahren mußten und bestätigte auch noch ganz geduldig unseren Plan, welche Züge wir nehmen wollten. Ich glaubte ihm. Die Nachbarin warf noch einen Blick zu dem Schalter, in dem der Fettarsch gesessen war. Der Schalter war nun leer.
Wir verließen den Bahnhof. Wie es aussah, würden wir morgen tatsächlich Griechenland verlassen können. Ich zündete mir eine Zigarette an, mußte erst rausfinden, was sonst noch am Programm stand. Die Nachbarin stand neben mir und atmete den Rauch tief ein.
„Bitte, rauch doch eine!“, sagte ich. Ich hatte Mitleid.
„Nein, ich habe nur noch drei Zigaretten und die werde ich heute Abend rauchen. Morgen ist es dann endgültig aus.“
Gut, zumindest diese letzte Nacht am Boot würde noch ruhig werden. Morgen ging das Theater wieder von vorne los.
>> hier gehts zu Teil 7 des Geschichterls
Ich aas gestern und heute:
1 Sandwich – ich bin geil auf Sandwich. Wehe dem, der es wagte, mich davon aufzuhalten!