Oelek mich doch!

Manchmal setze ich mich zur Nachbarin, wenn sie fernschaut. Gestern auch. Und da fiel mir wieder auf… Da fiel mir schon wieder(!) auf, dass das Fernsehprogramm seit Jahren scheinbar hauptsächlich aus Kochsendungen besteht. Ich kann den Reiz daran überhaupt nicht nachvollziehen! Nach ein paar Minuten reicht es mir dann meistens und ich laufe schreiend davon. Schreiend… wütend! Jedes Mal, wenn einer beginnt, im Essen herumzustochern und zu nörgeln… so wie: „naja, ich hätte mir etwas mehr von XY gewünscht“ oder „zu komplexe Geschmackskomponenten“… oder wenn die unnötige Tischdekoration nicht zur Farbe der Suppe passt… oder so ein Scheiß! Da muss ich den Fernseher anschreien! Ich muss! „Na – dann – geh – doch – scheißen – Alter!“ Und stell mir vor, wie ich seinen Schädel bei jedem Wort mit dem Gesicht voran ins Essen donnere. Da! Friss Scheiße! Und dann riech meinen Arsch!

Ich aas:
1 Knacker mit Sambal Oelek
1 Griechischer Schafskäse
1 Brot

Helgas Schläuche

Aber eigentlich waren wir ja bei Helga. Lass mich das kurz fertig erzählen.

Ich saß also in meinem Frust in der Scheißkrankenhauskantine, als plötzlich Helga mir gegenüber Platz nahm und sagte:
„Matla, du musst mich hier rausholen.“
Ich blickte sie stumm an… weißt du, ich tu mir in solchen Situationen so schwer… wenn ich beim Brandinesa auf Helga getroffen wäre, passt! Da gehört sie hin! Wie’s Eiter ins Wimmerl. Wenn ich aber Leute in ganz anderen Umgebungen treffe, dauert es dermaßen lange, bis ich verstehe, was passiert… das geht sogar so weit, dass ich Menschen nur dort wieder erkenne, wo ich sie kennengelernt habe.
Als mein Gehirn also endlich Helga erkannt hatte, wollte ich schon instinktiv nach dem Wirt schreien, weil am Tisch keine Getränke standen… aber wir waren ja in der Krankenhauskantine.  Helga selbst sah etwas mitgenommen aus. Ja, die aufgedunsene, rote Nase, die leicht herabhängende Unterlippe und das schüttere Haar… alles wie immer. Nur… die beiden Schläuche, die aus Hals und Schulter ragten und in einem kleinen Gerät zusammenliefen, das Helga umgehängt hatte, die waren neu.
„Woraus genau soll ich dich holen?“, fragte ich Helga.
„Aus dem Krankenhaus. Ich darf raus, wenn ich eine Begleitperson habe.“
„Was ist mit den ganzen Schläuchen, die aus deinem Körper hängen? Die werden ja wohl hier bleiben oder?“
„Matla, die kommen mit! Die leiten irgendeine Flüssigkeit ab und wenn ich auf dem Kasten hier auf diese Taste drücke, fließt Schmerzmittel in die Schulter. Es ist so leiwand!“
Hm, ok. Helga erklärte mir noch mehr… ich verstand zwar nicht genau, warum Helga mit Schläuchen in der Schulter herumlief, aber letztlich schien mir alles reichlich plausibel zu sein.
„Ja, gut“, sagte ich, „wo muss ich unterschreiben?“

Ich aas:
1 Teller Spaghetti Bolognese, die irgendwer in der weißen Anstalt übrig gelassen hat

Regungslos à la Zwinkern

Sie ist wieder da. Die Regungslose. An einem Scheißmontag in Scheißgesellschaft. In der Scheiß weißen Anstalt. Perfekt.
Ich habe meine Untersuchungen fortgeführt. Immer, wenn ich etwas Unerwartetes mache oder etwas, das ich zuvor nicht gemacht habe, sieht sie mich an. Aber nicht nur das! Wenn sie mich ansieht, senkt sie auch immer ungewöhnlich lange ihre Augenlider… ich trau mich fast nicht, das zu sagen… aber ich habe dabei jedesmal das Gefühl als würde sie mich fotografieren… obwohl… aus technischer Sicht müsste es ja genau umgekehrt sein. Also sie müsste die Augen erst dann öffnen, wenn sie mich fotografiert… außer… naja… vielleicht ist das Schließen der Augen ja so eine Art Schalter, der dann das Fotografieren erst auslöst.
Während ich diese geilen Drageekeksi a la Manner esse, habe ich mich dazu entschlossen, die Regungslose auf die Probe zu stellen. Sobald das letzte Drageekeksi verschwunden ist, werde ich aufspringen, mir die Hose runterreißen und mit meinen Schwanz vor ihrem Gesicht herumwedeln. Ich bin gespannt, ob sie dann nicht doch ein paar Mal hintereinander die Augenlider hebt und senkt… und ein bisschen hektischer als sonst. Ha!

Ich esse:
1 Packung abartig geile Drageekeksi Haselnuss à la Manner

Regungslos a la Zwinkern

Nistige Plagenbewegung

Bin doch in die Anstalt gegangen. Am Eingang begrüßte mich ganz überrascht die Hotline:
„Matla! Sie da? Sie haben gestern so geklungen, als wollten Sie sofort kündigen!“
„Naja… nun… also wie soll ich sagen…“
Die Hotline ist so eine scharfe Braut! Wahrlich hot! Sie lenkt mich vollkommen von den wesentlichen Dingen im Leben ab.
„Äh, wie meinen Sie das, Matla?“
Sinnlos. Ich drehte mich wortlos um und latschte in meine Zelle. Dabei stellte ich mir vor, was die Hotline von mir dachte:
„E-k-e-l-haft! Bei dem bestialischen Gestank kein Wunder, dass hinter ihm die Schmeißfliegen her sind wie die Ratten hinter dem Rattenfänger. Und seine Kleidung. Vom vorletzten Jahrhundert! Wer trägt so etwas heute noch! In seinem verfilzten Bart nistet wahrscheinlich schon die zukünftige Lausplage von Wien. Pfui!“
Dann setzte ich mich ganz entspannt an meinen weißen Tisch und ruppelte mal so richtig meinen verfilzten Bart durch. Danach war der Tisch nicht mehr ganz so weiß. Und… bewegt sich da etwas?

Ich aas:
1 Plastikschachtel vom Chinesen

Hurdlewux

Die schiefrige Knödelrettung

Der Eingewöhnungstag gestern in der neuen Anstalt war eine Marter! Beinahe vier Stunden saß ich wie das letzte Arschloch in diesem irrsinnig hellen Raum… ich war dem Wahnsinn nahe! Bis ich nach einer halben Stunde erkannte, dass der blendendweiße Würfel neben mir ein kleiner Schrank war. Ich öffnete die oberste Lade und entdeckte einen Bleistift – zu meiner Erleichterung war es kein weißer Buntstift, sondern, nein wirklich, ein echter Bleistift. Mit einer schön dunklen, schiefrigglänzenden Miene.
In meiner Not – das endlose, konturlose Weiß in diesem Raum war die Hölle! – begann ich die Wand neben mir zu bekritzeln. Einfach nur mit einem unscheinbaren grauen Knödel… war das eine Wohltat! Dieses kleine graue Knödel, das den Grauen in Weiß einfach durchbrach! So mächtig können kleine Knödel sein! Alle Macht den Bleistiftknödeln!
Lange saß ich dann an meinem Tisch und starrte ununterbrochen auf das liebe kleine Knöderl links von mir an der Wand.

Heute kämpfe ich mit einem steifen Rücken. Ich befürchte, das kommt vom Nachlinksschauen.

Ich aas:
1 Kornspitz mit EKG

Die schiefrige Knödelrettung

Neue Anstaltsarbeit

Nachdem ich nun mehrere Monate auf Karenz war – ich habe eine gesunde Arbeitsunlust ausgetragen – hat mich die Kugelschreiberbranche wieder. Neue Anstalt, neue Kugelschreiber, neuer Schrecken.

Ein Mädchen hatte mich heute Vormittag zu meiner neuen Arbeitszelle gebracht. Bevor wir den Raum erreichten, hielt ich es kurz zurück, um nachzudenken. Letzte Chance, um davon zu rennen. Letzte Möglichkeit auf Rettung. Aber es war sinnlos – das System ist nicht zu umgehen.
„Also gut“, sagte ich, „Gehen wir rein.“
Das Mädchen öffnete lächelnd die Tür und ich schreckte zurück. Unheilverkündendes Weiß, grelles Licht! Ich wurde geblendet!
„Warum ist der Raum leer?“, fragte ich ganz verängstigt das Mädchen.
„Warten Sie nur ein bisschen. Ihre Augen müssen sich erst an das Weiß gewöhnen. Sie werden bald erkennen, dass der Raum reichlich möbliert ist.“
Und tatsächlich. Nach einer Weile entdeckte ich einen Tisch und einen Stuhl. Alles weiß.

Ich aas und tränzte gleich mal diesen weißen, sehr saugfähigen Lappen für die Computermaus (wie heißt das nochmal?) mit Essiggurkerlsaft voll:

1 EKG

Neue Anstaltsarbeit

Rektale Klescha-Massage

„Matla, du host an schen Klescha!“
Das höre ich regelmäßig von der Nachbarin. So auch gestern, als ich ihre Post auf der Suche nach Zeitvertreib durchstöberte und mir ein Flyer eines Massageinstituts in die Hände fiel. Ich runzelte die Stirn und sagte:
„Also dorthin werde ich niemals gehen!“
Dazu muss ich sagen, dass ich ohnehin nie zum Massieren gehen würde. Wenn mich jemand berührt, werde ich höchstgradig nervös!
„Warum?“
„Na, schau dir das Bild an!“

Rektalmassage

„Und? Was is da?“
Und an dieser Stelle kommt nun mein „Klescha“ ins Spiel… wobei ich eher von Superkräften spreche, denn ich erkenne schließlich Dinge, die andere Menschen einfach übersehen.
„Siehst du das nicht? Da liegt der arme Teufel auf einem weißen Tischtuch und muss den Arsch in die Höhe strecken. Und sein Henker daneben, dieser unheimliche Widerling, krempelt sich schon die Ärmel hoch, weil er ihm dann mit aller Wucht die Faust ins Arschloch stecken wird! Rektalmassage!“
„Matla, du host an schen Klescha!“

Ich aas:
1 Mohnweckerl
1 Dose Jagdwurst
1 Geheimratskäse

Henkersmahlzeit vor der Arschmassage

Das Stabmixer-Kochbuch

Es gibt Ketchup zum Mittagessen. Mit Schinken-Käse-Toast. Ich habe es geschickt eingefädelt. Bin vor einer Stunde zur Nachbarin rauf und sprach:
„Zeigst du mir bitte nochmal, wie man Toast macht?“
Die Nachbarin, die noch im Bett lag, sah mich ziemlich verdutzt an.
„Was willst du, Matla?“
„Schinken-Käse-Toast. Zeig mir bitte, wie man das macht.“
„Pfffff, geh bitte schleich dich.“
„Bittttäääääää!“
„Du weißt doch eh, wie das geht.“
„Hm…. wie war das? Drei Esslöffel Toast, 2 Kilo Käse und 3 Becher Schinken oder?“
Die Nachbarin verdrehte die Augen und vergrub ihren Kopf unter der Decke.
„Gut, ich gehe in die Küche und fange an. Den Stabmixer werde ich schon finden!“ Das ließ ich wie eine Drohung klingen.

Ein paar Minuten später saß ich am Tisch und futterte. Die Nachbarin hatte mir Schinken-Käse-Toast zubereitet und saß nun unfrisiert mit Bademantel und Mundgeruch neben mir – und rauchte eine.
„Hm… net schlecht“, sagte ich mampfend. Ein kleines, gut eingespeicheltes Stück Ketchup-Schinken-Käse-Toast-Kugerl fiel dabei aus meinem vollen Mund. Als ich es mir wieder zurück in den Mund steckte, sprang mir ein noch größeres Stück herhaus. Dieses neue, nicht minder ekelerregende Stück wollte und wollte aber nicht von meinem Finger genommen werden… ständig zerbrach es oder löste sich in seine Einzelteile auf.
Um die Nachbarin etwas abzulenken, fragte ich: „Warum schreibst du eigentlich kein Kochbuch?“
Die Nachbarin pustete eine riesige Rauchwolke aus ihrer Lunge in mein Gesicht und antwortete grinsend: „Ein Schinken-Käse-Toast-Kochbuch?“
„Ja. Das wär doch mal was Neues.“
„Oder meinst du eher sowas wie: Wie man appetitlich Schinken-Käse-Toast isst, ohne die Küche vollzuspucken und die anderen zum Speiben bringen?“

Ja. Also ich aas:
1 Ketchup mit Schinken-Käse-Toast

Ketchup mit Schinken-Käse-Toast

Brandweinflucht

Am Wochenende beim Brandweiner. Der Gastgarten war leer. Drinnen alles voll. Die Luft zum Schneiden. Tschick, Schweiß, Pisse und verschüttetes Bier.
Es wurde schnell dunkel. Ich wußte nicht, ob es die Fenster waren, die, völlig verdreckt, das Licht nicht mehr durchließen oder ob es die bestialischen Schatten waren, die unser Refugium verschlangen.
Nach ungefähr dem siebten Bier rülpste ich gerade mit aller Kraft quer durch das Wirtshaus, als mir plötzlich schwarz vor Augen wurde. Irgendetwas hatte mich mit voller Wucht auf der Stirn getroffen, war dann auf mein Glas Bier gefallen und hatte es zerschlagen. Zunächst war mir nicht klar, was passiert war. Die Arschlöcher, die bei mir saßen, fingen an, höllisch zu lachen.
„Hohohohoho!“, lachte einer wie der Scheißweihnachtsmann.
„Jo bist du deppat!“, plärrte ein anderer, während er aufsprang, weil das Bier vermischt mit meinem Blut quer über den Tisch rann.
Zwischen Bier, Blut und Scherben identifizierte ich das unbekannte Flugobjekt: ein Stamperl. Ich wollte schreien und fluchen, aber ich schmeckte nur das Blut in meinem Mund. Mit zitternden Händen versuchte ich mich zu erheben.
„Bleib huck’n, Matla! Wir holen die Rettung!“, rief der Wirt von hinter der Bar.
Rettung, ja, hm, Rettung, ok. Rettung, hm? Was? Rettung? Langsam kam ich wieder zu Sinnen. Ich wischte mir das Blut mit den Hemdsärmeln aus dem Gesicht und schrie:
„Na, net! Ka Rettung! Sei net deppat!“ Nur keine Rettung. Die würde mir nur den netten Abend versauen.
Ich schaffte es, aufzustehen. Schnitt mich dabei noch mal am Handballen auf – aber nicht stark.
„Mir geht’s eh guat! Nua ka Theata!“
Schwankend torkelte ich durch die Gaststube. Alle wichen mir aus, keiner wollte vollgeblutet werden. Ein paar Idioten gaben mir Tritte, weil’s so lustig war.
Am Scheißhaus sah ich in den Spiegel. Gar nicht so schlimm. Ich holte Clopapier und drückte es mir auf die Stirn. Es war ziemlich schnell mit Blut vollgesogen.
Mir wurde wieder schwarz vor Augen, alles drehte sich… Der Wirt krachte herein… Diskussionen… die Rettung kam… ich versteckte mich in einer Scheißhauskabine und schrie: „Schleichts eich! Is eh nix!“… Diskussionen… der Wirt, die fette Sau, drückte die Scheißhaustür mit seinem Gewicht auf… irgendein Sani dokterte an meiner Stirn herum… Ende gut, alles gut.

Wer das Stamperl geworfen hat, steht noch nicht fest. Aber das ist auch egal.

Ich aas:
Verdammt wenig – nur Reste von gestern. Wovon soll ich bloß leben?

 

 

Schnee II

>> Schnee Teil I

Vater hatte seinen Revolver und seine Messer immer bei sich oder zumindest in Griffweite. Die große Schrotflinte hing über unserer Eingangstür. Damit konnte man mit einem einzigen Schuss einen ganzen Bären in Stücke fetzen.
Unser Haus war nicht groß, doch hatte es alles, was benötigt wurde, um im Schnee zu überleben. Unten war die Küche mit dem Esszimmer. Ich erinnere mich, dass es dort im Winter immer dunkel war. Die Fenster waren zugeschneit, nur ein kleines Lämpchen, das über dem Esstisch hing, brachte etwas Licht. Nicht mehr als eine Kerze. Das knisternde Feuer des Herdes wärmte uns.
Großmutter saß Tag und Nacht in ihrem Schaukelstuhl in der finstren Ecke. Bewegte sich nicht, sprach nichts. Ihre stumme Gestalt konnte man nur erahnen. Kam man näher, begannen ihre regungslosen Augen rot zu leuchten – das Feuer spiegelte sich matt in ihnen – und man hörte ihren röchelnden, rasselnden Atem. Ich traute mich nur in Großmutters Nähe, wenn Vater in der Küche war. Mir schien, als wäre sie schon vor Jahren gestorben und unser Haus ihr Grab.

>> Schnee III

Ich aas:
1 EKG
1 Apferl