Naturheilmittel Alkohol

Apropos Muttertag! Bin in die Berge gefahren. In meine alte Heimat.

Die alte Heimat war für mich immer die Konstante, die sich nicht ändert. Der Fixpunkt in meinem Leben. Der Verzweifelung nah, fuhr ich oft dorthin, um wieder Hoffnung für die Menschheit zu schöpfen. Solange diese meine Welt sich nicht änderte, würde auch diese andere Welt sich jederzeit wieder zurückwenden können, um nochmal von kurz vorher zu beginnen und einen besseren Weg einzuschlagen.
Seit ich mich erinnern kann, blieb dort alles gleich. Wie bei einer von einem künstlerisch begabten Menschen gestalteten Modelleisenbahn. Die Welt erstarrt in Perfektion und Harmonie. Die Leute, die auf der Strasse stehen und tratschen, die undurchdringlichen Wälder, der allmächtige Berg, der den Himmel verdeckt, die immerblühenden Wiesen, das unbeachtete Kriegerdenkmal, der verfallene Friedhof, die alte, grantige Nazinachbarin und die liebe Mutter.
Doch das ist vorbei. Mutter hat mich nicht erkannt und die Bäume sind auch weg. Die Gegend sieht aus, wie eine kahle Schädeldecke, die durch plötzliche Krankheit alle Haare verloren hat. Der Berg, nicht mehr ist er drohend und mächtig. Der ähnelt jetzt eher einem rachitischen Leprakranken mit Trichterbrust und Hängeschultern. Aus ist es mit dem Fixstern meiner Gedanken, die Welt kann nicht mehr zurück und ich auch nicht. Auf nimmer Wiedersehen.

Ich aas:
1 Brot
1 Topfen
1 Käse
1 Rest des Bieres und Weines von vorgestern – Alkohol, der letzte Halt in meinem Leben

Psychobilder vom KGB?

Das Rattenloch hat sich während meiner Abwesenheit drastisch verändert. Der strukturelle Verfall ist nun offensichtlich.

Du erinnerst dich: ich war im Rattenloch lange Zeit in einem Raum ohne Fenster, ohne Farbe und ohne Hoffnung tätig. Man hat mich dann in einen Raum versetzt, der statt der Außenwand ein vorgegaukeltes Fenster hatte – gute Technik, wirkt noch immer ziemlich echt. Aber sonst hat sich hier in all den Jahren nichts verändert. Alles grau in grau, steril, Kunststoff, keine Menschen, nur Androiden.
Doch jetzt: es hängen plöztlich Bilder an den Wänden. Zwar nur im 23. Untergeschoß, in dem ich tätig bin, aber immerhin! Bilder! Mit Farbe! Es sind scheinbar Plakate von russischen Künstlern. Sehr hübsch.
Völlig abstrakt, daher werde ich sie zuerst eines eingehenden Psychotests unterziehen müssen, ob sie auch nicht unterbewußt Signale  vermitteln.

In dieser unverhofften Farbenfröhlichkeit konsumierte ich in der Cantina:
1 Teller mit in Schinken gehüllter Seife – erwies sich letztendlich als Fehlentscheidung
1 dunkles Semmerl
1 Schachtel Saft