Die Nachbarin kann einem schon manchmal das Fürchten lehren. Vor allem dann, wenn sie mit ihren philosophischen Fragen daherkommt – passiert meistens dann, wenn wir mehrere Tage hindurch Party hatten.
„Was erwartest du dir eigentlich noch vom Leben?“, fragte sie in ihrer geistigen Umnachtung.
Keine Ahnung.
„Willst du ewig so weitermachen?“, kam es dann noch zwischen ihren lippenstiftverschmierten Zähnen hervor.
Yep.
„Saufen? Kiffen? Zeittotschlagen?“
Yep.
„Aber das kann nicht alles sein!“, schreit sie verzweifelt und drückt mir ihre rotlackierten Krallen in die Schultern.
Ich habs ihr schon so oft erklärt. Für mich gibt es nur zwei Alternativen:
Die Erste: ein Leben führen, das eigentlich einem langen qualvollen Tod im Folterkerker gleicht – erfüllt von seelischem Schmerz, ohne Freude, ohne Inhalt.
Die Zweite: ein Leben im Suff – der Folterkerker wird zur Wohnung, der seelische Schmerz zu körperlicher Liebe, das Fehlen der Freude zu Alkoholkoma, die Leere zu Purple Haze.
Nach diesem Gespräch gestern, blickte die Nachbarin auf das Ettiket der Flasche Samos, schüttelte den Kopf und seufzte: „Ach Gott, du bist mein kleiner Vin Dousel.“ Angeblich gibts einen Schauspieler, der so ähnlich heißt.
In diesem Sinne aas ich:
1 Flasche Samos – Vin Doux